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Papst & Teufel - die Archive des Vatikan und das Dritte Reich

Papst & Teufel - die Archive des Vatikan und das Dritte Reich

Titel: Papst & Teufel - die Archive des Vatikan und das Dritte Reich
Autoren: Hubert Wolf
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Wandlung von Brot und Wein in Leib und Blut Christi in der Heiligen Kommunion und schließlich durch die geheime Wahl eines Kardinals im Konklave zum Papst.
    Diese Vorstellungen führten auf dem Ersten Vatikanischen Konzil zur Dogmatisierung der Unfehlbarkeit und des universalen Jurisdiktionsprimats des römischen Papstes. Durch diese Dogmen wurde allen Katholiken als zu glauben verbindlich vorgeschrieben: Der Papst ist infolge seiner Unfehlbarkeit der Garant für die sichere Erkenntnis der geoffenbarten göttlichen Wahrheiten, nach denen «Gott aus seiner unendlichen Güte den Menschen auf das übernatürliche Ziel hingeordnet hat, nämlich zur Teilnahme an den göttlichen Gütern, die jede Einsicht des menschlichen Geistes übersteigen».[ 12 ] Daher ist er unverzichtbar, «um das heilbringende Werk der Erlösung auf Dauer zu gewährleisten». Sein Primat «über den gesamten Erdkreis», den Christus, der Herr, «unmittelbar und direkt dem seligen Apostel Petrus verheißen und übertragen» hat, und in Petrus zugleich all seinen Nachfolgern auf dem Apostolischen Stuhl, sichert die «Stärke und Festigkeit der ganzen Kirche», zumal in Zeiten, «da sich die Pforten der Unterwelt von Tag zu Tag mit größerem Haß und von überall hergegen das von Gott gelegte Fundament erheben». Wenn der Papst in Ausübung seines Amtes als oberster Hirte und Lehrer der Kirche spricht, sind seine Entscheidungen in Glaubens- und Sittenfragen «unfehlbar aus sich selbst, nicht erst aufgrund der Zustimmung der Kirche».[ 13 ]
    Pius XI. auf der Sedia gestatoria.
    Wenn sich Pius XI. auf der Sedia gestatoria, angetan mit den Pontifikalgewändern, gekrönt mit der Tiara, unter einem Baldachin durch die Schar der Gläubigen in die Peterskirche tragen ließ, wurde seine Rolle als Repräsentant der Güte Gottes und Gegenspieler des Teufels in all seinen Erscheinungsformen in augenscheinlicher Weise symbolisch inszeniert. Der tragbare Thronsessel und die Gewänder, die auf das antike Kaiserzeremoniell zurückgehen, weisen auf den umfassenden herrschaftlichen Anspruch des römischen Bischofs in Kirche und Welt hin. Die dreifache Krone steht für die allumfassende päpstliche Autorität und seine universale Vollmacht als «Vater der Fürsten und Könige, Lenker der Welt und Stellvertreter Christi auf Erden», wie es im
Pontificale Romanum
von 1596, dem großen Zeremonienbuch der Päpste, treffend heißt.[ 14 ] Unter dem Baldachin wird normalerweise während der Fronleichnamsprozession vom Priester das Allerheiligste getragen, die in eine prächtige Monstranz eingesetzte gewandelte Hostie, in der Christus selbst sakramental gegenwärtigist. Die Stelle des eucharistischen Brotes nimmt hier der Papst als Realsymbol Jesu Christi in dieser Welt ein.
    Die wahrhaft teuflisch anmutenden Herausforderungen für Pius XI. waren groß und vielfältig. Die Zeit zwischen den beiden Weltkriegen, die sein Pontifikat weitgehend abdeckt, war durch gewaltige Umbrüche geprägt. In der Sowjetunion etablierte sich nach der Oktoberrevolution der Kommunismus, was mit einer rigiden Kirchenverfolgung verbunden war. In Deutschland hatte die Novemberrevolution das Ende der Monarchie gebracht; auf die Weimarer Demokratie folgten die nationalsozialistische Diktatur, der «Anschluß» Österreichs und die Sudetenkrise. Im Spanischen Bürgerkrieg unterlag die Volksfrontregierung, und Franco errichtete sein autoritäres Regime. In Italien entstand der Faschismus, und Mussolini stieg zum Diktator auf. Überall radikalisierten sich alte und neue Nationalismen, eine sozialdarwinistische Rassenlehre und ein biologistischer Antisemitismus gewannen an Boden. Der antikirchliche Zeitgeist stellte christliche Werte und Überzeugungen grundsätzlich in Frage.
    Nicht weniger als dreimal hatte der Papst in den zwanziger Jahren der Sowjetunion unter Stalin die Aufnahme diplomatischer Beziehungen mit dem Heiligen Stuhl und die völkerrechtliche Anerkennung des kommunistischen Regimes der UdSSR durch die katholische Kirche angeboten, wenn im Gegenzug die Christenverfolgungen in dem bolschewistischen System aufhörten und wenigstens eine Grundversorgung der Katholiken mit den Sakramenten, den Gnadenmitteln der Kirche, garantiert würde. Gleichzeitig hoffte man wohl auch auf eine Aufwertung des Katholizismus gegenüber der verfolgten orthodoxen Staatskirche. Erste Auswirkungen des antikirchlichen kommunistischen Terrors nach der Oktoberrevolution von 1917 hatte Achille Ratti als
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