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Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)

Titel: Paperweight: Literarische Snacks (German Edition)
Autoren: Stephen Fry
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ich voller Stolz sagen darf, ihn 1947 auf den altsprachlichen Tripos vorbereitet zu haben, war der Ansicht, ein unvoreingenommener Geist sei genau das Richtige für dieses Problem: Also setzte ich mich, von keinerlei Wissen belastet und mit der beseligenden Freude gänzlicher Unerfahrenheit, vor meinen funkelnagelneuen Sony Trinitron, um von den reichen Gaben der Sendeanstalt zu kosten.
    Gewalt umfaßt, wie ich einem Radiopublikum kaum werde in Erinnerung rufen müssen, sprachgeschichtlich den Gegensatz einer Kraftfülle, die jeden Widerstand niederzwingt, und einer Machtanwendung, die das Recht beugt. Die Gewalt, welche zur Strecke zu bringen ich beauftragtworden war, war indes ein ganz anderes Paar Ballettschuhe. Ich werde Sie nicht länger im dunkeln tappen lassen und enthüllen, daß das, was ich da zu sehen bekam, mich bis ins Mark meines Wesens erschütterte und in einer Weise bestürzte, der Ausdruck zu verleihen ich mich außerstande sehe. Sendung auf Sendung gewalterfüllt, grauenhaft und mit potentiell ruinösen Auswirkungen auf die weichen, noch leicht formbaren Seelen unserer Jugend.
    Die erste Sendung, auf die ich stieß, hieß
The Late, Late Breakfast Show
und wurde moderiert von – doch nein, es gehört nicht zu meinen Aufgaben, mich hier auf das Niveau der Verleumdung einzelner herabzulassen –, wurde moderiert, sagen wir, von einer Person, die ich weder in dieser noch in irgendeiner anderen Welt wiederzusehen wünsche. In dieser Sendung wurde sämtlichen Regeln des Anstands, der Ehrbarkeit, des Umgangs, der Höflichkeit, des Geschmacks, der Menschlichkeit und der Menschenwürde, die ich zeit meines Lebens hochzuhalten und zu befördern bestrebt war, Gewalt angetan. Allesamt wurden sie auf Arten und Weisen verletzt, die zu barbarisch, zu grotesk, zu verkommen waren, um sie hier auszuführen. Ich hoffe sehr, nie wieder Zeuge einer solch obszönen Orgie der Vulgarität, Niedertracht und Ignoranz werden zu müssen. Die Seele des jungen Menschen wird zu der Annahme verleitet, laute, marktschreierische Derbheit sei bewundernswert; rüpelhaftes, unzivilisiertes Zotenreißen auf Kosten weiblicher Würde sei amüsant; und pubertäres, banausenhaftes Posieren und Possenreißen sei unterhaltsam. Unter dem Motto »Ich mach’ doch bloß Spaß« wird hier ein Banner so schändlicher, unverzeihlicher Primitivität aufgepflanzt, daß es jegliche Vorstellungskraft übersteigt. Wenn
das
Fernsehen ist, so spürte ich, dann muß der Gewalt, die es der Empfindsamkeit unserer Jugend antut, unverzüglich Einhalt geboten werden, ehe es zu spät ist.Ein ganzer Strom sinnloser und abstoßender Quizsendungen folgte dieser Scheußlichkeit auf dem Fuße: Die ganze Woche über wurde ich mit brutalstem Schmutz und Schund bombardiert. Eine Sendung, in der fortlaufend Brieffetzen eingeblendet wurden, die von schamlosen Zuschauern eingesandt worden waren, tat dem guten Ruf dieses Landes in puncto Alphabetisiertheit, Intelligenz, Rechtschreibung, Schönschrift, Urteilsvermögen und Bescheidenheit solche Gewalt an, daß ich befürchtete, geradewegs in Ohnmacht zu fallen.
    Schließlich glitzerten auf diesem Misthaufen der Entweihungen, des Ruins und Entsetzens aber doch ein paar Hoffnung machende Perlen. Aus amerikanischer und hiesiger Produktion gab es zahlreiche Sendungen, in denen Schauspieler sich als Polizisten verkleideten oder als Verbrecher ausgaben und dann unterhaltsame Darstellungen von Kampfhandlungen und Feuergefechten lieferten. So manches Auto explodierte in dieser Phantasiewelt auf fröhliche und aufregende Weise. Besonders gut gefiel mir bald ein Paar namens Starsky und Hutch, das unaufhörlich Schießereien und Schlägereien simulierte. Diese heiteren, einfältigen und klamaukhaften fiktionalen Zerstreuungen waren, wie Fiktionen das immer gewesen sind und immer sein werden, harmlos, lehrreich und reizend. Ich empfehle, sie unangetastet zu lassen, wie es allem Drama und aller Fiktion gebührt. Doch jene Gewalt, die Gewalt, die es in den monströsen Erscheinungsformen auf unsere Jugend abgesehen hat, die zu beschreiben ich versucht habe, diese Gewalt mit der Wurzel auszurotten, zu beseitigen, zu dezimieren, zu vernichten und zu zerstören, werde ich keine Anstrengungen scheuen.
    Guten Morgen.

Lady Madding
     
    Der erste dreier Monologe von Rosina, Lady Madding, die auf
Loose Ends
ausgestrahlt wurden. Stellen Sie sich eine Stimme vor, die etwa so klingt wie jemand, der beim Einatmen spricht.
     
    STIMME: Rosina, Lady
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