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Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer

Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer

Titel: Pandaemonia 03 - Phoenixfeuer
Autoren: Christoph Lode
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zusammenzucken, wenn du einverstanden bist.«
    In diesem Moment knarrte die Labortür. Silas Torne richtete sich ruckartig auf. Dabei zischte die grüne Klinge an Luciens Gesicht vorbei und verfehlte sein Auge um höchstens einen halben Zoll.
    »Was machst du da?« Das war Umbras Stimme.
    »Verschwinde«, fauchte Torne. »Siehst du nicht, dass ich zu tun habe?«
    Lucien hörte, dass die Leibwächterin mit energischen Schritten hereinkam. Sie war nicht allein.
    »Ist das deine Art, dich an eine Abmachung zu halten?«, fuhr sie den Alchymisten an. »Du sollst ihn einsperren, hab ich gesagt. Einsperren, nicht abstechen! Herrgott, Torne, hast du deinen Sadismus nicht mal für fünf Minuten im Griff?«
    »Dazu hast du kein Recht!«, kreischte Torne, als sich zwei Schemen dem Tisch näherten.
    Zwei Spiegelmänner lösten die Lederriemen, ergriffen Lucien an den Armen und stellten ihn auf die Füße. Torne schrie vor Wut.
    »Schafft ihn zurück in den Keller«, befahl Umbra. Lucien war noch nie so froh gewesen, sie zu sehen.
    »Das darfst du nicht!«, tobte der Alchymist. »Gib ihn mir zurück!«
    »Nein. Wenn ich ihn hierlasse, kommst du nur in Versuchung.«
    »Wann kriege ich ihn wieder?«
    »Wenn ich ihn verhört habe.«
    »Aber es dauert noch mindestens fünf Stunden, bis er wieder sprechen kann!«
    »Dein Pech«, sagte Umbra.
    Dem Getöse nach zu schließen, warf der Alchymist in seinem Zorn Regale und Gerätschaften um, während die Spiegelmänner Lucien wegtrugen. Umbra ging voraus, und wenig später stiegen sie die Treppe zum Keller hinab.
    Lucien spürte immer noch die Glasklinge an seiner Kehle. Ein Schweißtropfen rann ihm über die Stirn. So knapp war es schon lange nicht mehr gewesen ...
    Man brachte ihn in die Glashöhlen zurück. In einer von blauem Licht erfüllten Kaverne schloss Umbra eine eiserne Tür auf, hinter der sich ein kleiner Raum mit gemauerten Wänden befand.
    Seit Lucien sich von seinem Entsetzen erholt hatte, dachte er angestrengt darüber nach, wie er sich diese günstige Wendung der Ereignisse zu Nutze machen konnte. Als er sein neues Gefängnis sah, konnte er sein Glück kaum fassen. Glaubte Umbra wirklich, so eine lächerliche Zelle konnte ihn aufhalten?
    »Du bist nicht das erste Schattenwesen, das wir hier gefangen halten«, sagte die Leibwächterin, als hätte sie seine Gedanken gelesen. »Deine Albenkräfte werden dir nichts nützen, also versuch es gar nicht erst.«
    Jetzt erst sah er, dass in die Decke ein Drudenfuß eingeritzt war. Seine Zuversicht verschwand so schnell, wie sie gekommen war.
    Die Spiegelmänner legten ihn unsanft auf den Zellenboden. Umbra warf die Tür zu und schloss ab.
    Lucien lag auf dem Rücken, unfähig, auch nur einen Muskel zu rühren. Er war noch keine Minute hier drin, doch er spürte bereits, wie die Macht des magischen Symbols in ihn eindrang und seine letzten Kräfte betäubte.
    Fünf Stunden — so viel Zeit blieb ihm, bis Umbra zurückkam. Er konnte nur hoffen, dass die Wirkung des Giftgases vorher nachließ und er sich wenigstens wieder bewegen konnte, wenn sie aufkreuzte.
    Allmählich schien das Gefühl in seine Hände zurückzukehren — er meinte, die rauen Steinplatten unter seinen Fingerkuppen zu spüren. Er konzentrierte sich, bündelte seine Willenskraft, stellte sich vor, wie seine Finger zuckten, die Steifheit abschüttelten ... nichts. Das Gift war zu stark.
    Aus der Dachflanke des Ostflügels wuchs ein Erkertürmchen, eins von einem guten Dutzend, die das Anwesen krönten. Efeu klammerte sich an die Fassade, umrankte die gesplitterten Buntglasfenster und wurde erst von den Bleiplatten des Spitzdachs aufgehalten. Zwei Wasserspeier lugten aus dem Blättergestrüpp; Wind und Wetter hatten sie so sehr abgeschliffen, dass sie konturlosen Steinzapfen glichen.
    Jackon kauerte auf dem kleinen Balkon und tippte mit den Fußspitzen gegen das rostzerfressene Geländer. Erinnerungen zogen an ihm vorbei wie die Geisterbilder einer Laterna magica.
    Er dachte an die Nacht, in der Corvas ihn in seinem Schlupfwinkel gefunden hatte. An die Tage im Haus der stummen Zwillinge, wo er zum ersten Mal in einem richtigen Bett geschlafen hatte. An seine erste Begegnung mit Lady Sarka im Kuppelsaal, während draußen ein Gewitter tobte. An den Beginn seiner Ausbildung, die Nächte im geheimen Zimmer und wie die Lady ihn gelehrt hatte, seine Kräfte zu meistern und zu vergrößern.
    Es war eine unbeschwerte, eine aufregende Zeit gewesen, doch sie währte nicht ewig.
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