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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter
Autoren: Felix Timmermans
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wohnen auf den Tannen. Die hohen Berge sind der Gemsen Zuflucht und die Steinklüfte der Kaninchen. Lobe den Herrn, meine Seele!« Pallieter schlug das Buch zu.

     
    Er hatte beim Lesen Lust nach Honig bekommen, und er aß ihn auf einem dunkelbraunen Zwieback.
    Was war es doch für schönes Wetter! Zwei Kinder, eins in Rot und eins in Weiß, pflückten Blumen auf der Pferdewiese; zwei Beginen gingen nebeneinander auf dem Nethedeich spazieren und beteten mit lauter Stimme abwechselnd ihren Rosenkranz herunter, und die drei alten, blinden Burschen, die im Armenhaus auf dem Beginenhof wohnten, saßen nebeneinander im Gras und lachten.
    Tauben kreisten in der Luft und eine Bachstelze und Pallieter fühlte sein Herz vor Rührung zerschmelzen zu einem süßen Balsam, und er sagte, wie die Mutter Gottes:
    »Meine Seele ist fröhlich in dem Herrn!..«
    Und er zündete vor ihrem Wachsbildchen eine Kerze an und sagte:
    »Wenn das schöne Wetter deine Schuld ist, dann hast du’s verdient.«
    Er mahlte weiter, bis Charlot zum Essen rief.
    Sie tischte erst Kerbelsuppe auf mit Spargeln. Davon aß jeder zwei Teller. Danach kam ein Schweinebraten mit Spinat und mehligen Kartoffeln, die hatten einen Geschmack und einen Nachgeschmack. Viel Senf war dabei, um gut Durst zu machen. Dann schleckte jeder ein halbes Dutzend Pfannkuchen, die nach Eiern und Zimt rochen, und sie schmierten noch Butter und Sirup und Zucker darauf. Und um einen anderen Geschmack in den Mund zu kriegen, aßen sie eine Schüssel voll schöner Erdbeeren aus, so daß ihnen der rote Saft vom Kinn tropfte.
    Der Schweiß stand ihnen auf der Stirn, und Pallieter sagte: »O Gott, das Vergnügen is schon wieder vorbei, schenk uns neues!«

 
     

Das Duell
     
     
    N ach dem Essen rauchte Pallieter eine Pfeife, ging ein bißchen im Garten herum, um zu verdauen, und fütterte die Goldfische mit Würmern.
    Und dann fuhr er mit dem Hundewägelchen zum Müller jenseits der Nethe, um einen Sack Korn und einen halben Sack Weizen zu holen.
    Der Müller war der Vater von Franzoo, dem Landschaftsmaler, Pallieters bestem Freund.
    Lubas bellte vor Freude und lief mit kurzen, raschen Schritten. Sie rollten über den tempelartigen Beginenwall und ein Stückchen durch das saubere Städtchen, das zu dieser Stunde voll Sonnenschein und Stille lag, mit dem Gehämmer zweier Steinklopfer.
    Als sie auf die blanke Landstraße kamen, die sich in runden Buchten durch die schönen Felder wand, da streckte Lubas die Vorderbeine und lief so schnell, daß das Wägelchen hin und her geschleudert wurde und auf den Steinen hämmerte und klopfte.
    Pallieter, der darauf hockte, hatte mächtigen Spaß daran und knallte mit der Peitsche, daß es hell weit hinaus klang über die ruhigen Mittagsfelder.
    Tauben flogen, und überall wuchsen Maßliebchen im Gras an den Bächen. Es roch nach Butter...
    Als die Säcke bezahlt und aufgeladen waren, rief Pallieter nach Franzoo, der oben in der hölzernen Mühle sein Atelier hatte. Aus dem runden Fensterchen kam sofort ein dicker, roter Kopf, der lachend rief: »Ich komm!«
    Sie gingen zusammen ins ,Plakleerken’, um ein Glas Bier zu trinken.
    Franzoo war in Hemdsärmeln, die bis über die Ellbogen hinaufgerollt waren, und seine dicken, bloßen Arme waren voller Farbenkleckse, sogar auf seiner Nase saß ein blauer Fleck.
    Das ,Plakleerken’ war eine alte Ausspannung am Fuß des Mühlenhügels. Zwölf breite Linden beschatteten nebeneinander den langen, weißen Giebel. Unter den kühlen Bäumen saß der junge Graf von Dendersteen mit einem alten Herrn und trank einen Schoppen.
    Der junge Graf war eine hagere Gestalt mit hochmütigen Augen. Er war im Reitanzug und spielte mit einer Reitpeitsche.
    Pallieter setzte sich mit Franzoo daneben und bestellte zwei Schoppen Doppelbier bei der würdigen, alten Wirtin, die noch stämmig war wie ein Baum. Sie trug ein Spitzenhäubchen, eine Brille und lange, goldene Ohrringe. Sie brachte das Bier auf einem zinnernen Schenkbrett und hatte sich kaum umgedreht, da waren die Gläser auch schon leer, und Franzoo bestellte zwei mit Faro.
    Lubas bekam einen Eimer Wasser und legte sich keuchend auf die Erde. Einen schönen Blick hatte man hier wahrhaftig. Die Felder und Weiden senkten sich langsam nach der Nethe zu, und auf der andern Seite lagen hell in der Sonne Pallieters ,Reinaert’, der Beginenhof und die großen Felder. Franzoo erzählte von seines Vaters Pferden und Kühen, die dort hinten wie weiße und braune Pilze auf
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