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Pallieter

Pallieter

Titel: Pallieter
Autoren: Felix Timmermans
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Pflugschar blitzte, und an der Nethe zog ein Fischer sein Netz auf, in dem silberne Fische zappelten. Eine Schwalbe schoß von dem einen Deich zum andern, die Hunde jagten durch die Wiesen, sprangen über Gräben und rollten übereinander in dem sammetweichen Gras, von dem sie im Laufen die Spitzen abbissen. Ihr Gebell erfüllte die Luft, Hähne krähten, Bienen summten, und an dem blauen Himmel hing eine weiche Feder aus kleinen weißen Wölkchen.
    Und Pallieter sagte: »Nun ist das Leben toll wie ein hitziges Mädchen.« Und er war ergriffen von diesem starken, neu-emporstrebenden Leben und holte eine Ebenholzflöte aus der Tasche und begann ein fröhliches Liedchen darauf zu spielen, das hell über die Felder tänzelte. Es war, als ob der Frühling selber sänge.
    Pallieter war so froh, er grapschte im Reiten eine Handvoll Sauerampfer, den er aussaugte, spielte wieder ein Liedchen, und so kam er an den Park von Ringen. Es war ein altes flämisches Schlößchen, aus roten Ziegelsteinen und mit weißen Streifen, mit einem steilen Schieferdach, extra gemacht, um dem Regen eine schöne, singende Fließlinie zu geben. Ein breiter, grüner Weiher lag drumherum mit Seerosen und dichtem Schilf, und dahinter lag ein Garten mit hohen Bäumen, in denen viele Vögel lebten. Es stand da wie mit der Erde verwachsen, wie eine Blume, geboren aus all den Schönheiten und den wilden Kräften und Elementen der flämischen Natur. Pallieter stieg hier von dem Bock, der mit tollen Sprüngen durch die Wiesen hüpfte. Er suchte das zarteste Grün und löschte seinen Durst an den klaren Quellen. Pallieter legte sich auf den Deich, um die übermütige Wollust des Maien zu betrachten. Etwas später ging er hin und pflückte Maßliebchen und Butterblumen, um Charlot eine Freude zu machen. Als er die Arme voll hatte, rief er den Hunden und Luzifer und fing an zu laufen, so schnell er konnte. Das war ein Spiel! Lubas schoß ein Stück voraus, der Bock hoppelte neben Pallieter, und die jungen Hunde kamen hinterher. Sie sprangen über Gräben und Bäche, und manchmal plumpste eins der Jungen überrumpelt mitten hinein. So liefen und taumelten und rollten sie, bis sie an den ,Reinaert’ kamen. Und rücklings auf Luzifer sitzend, ritt Pallieter, die Arme voll Blumen, mit lachendem Antlitz in den duftenden Garten.
    »Ha,« rief Charlot, als er ihr die Blumen gab, »die will ich vor der Mutter Gottes duften lassen, gleich werd ich sie in Vasen stecken.« Einstweilen steckte sie den riesigen Busch in eine messingene Milchkanne, und es war zum Malen schön. »Aber hör mal,« sagte sie mit froher Stimme,» der Herr Pastor is hier gewesen und hat gesagt, du sollst für Sonntag zwei Eierbrote mehr backen, denn ihn wollen drei Barfüßerbrüder von Dendermonde besuchen, und da würden zwei Brote nich genug sein.«
    »Ja,« sagte Pallieter, »die Fastenzeit is wieder herum; bis sie wieder anfängt, sind sie so fett wie die Schnecken, daß sie kaum noch können. O Sankt Franziskus, du hast geschielt vor Hunger.«
    Charlot brummte etwas in sich hinein, und Pallieter ging in seine kleine Mühle, um zu mahlen. Sie stand am Ende des Gartens auf einem Hügelchen, so daß der Wind von allen Seiten daraufstieß. Tybaert, der Kater, strich mit erhobenem Schwanz um seine Beine herum, um mitgehen zu dürfen, und mit einem Satz saß er irgendwo im Gebälk der weißbestaubten Mahlkammer und lauerte auf Mäuse.
    Der Sack Weizen war beinahe leer, aber was darin war, schüttete er in den Kasten, später wollte er anderen holen. Er drehte die Mühle gegen den Wind, ließ die Flügel los, die sich lustig zu drehen anfingen; die Steine wälzten sich, und die Körner wurden zermahlen. Er steckte den Kopf durch das Guckloch und blickte aus der Höhe über das Land. Er zündete seine Pfeife an, und der blaue Rauch flatterte wie eine Straußenfeder durch die gesunde Luft: und die kleine Mühle ticktackte und krachte im Wind. Wie gewaltig sah man mit eigenen Augen alles wachsen in der neuen Sommersonne! Es war, als hätte das Laub Eile, um die verlorene Zeit wieder einzuholen.
    Und als Pallieter sah, wie alles das Gelöbnis von viel Frucht und tausendfältiger Süßigkeit trug, da sagte er: »Wer möchte da wohl sterben«... Und er sang:
    »Der Winter ist vergangen,
    Ich seh des Maien Schein,
    Ich seh die Blümlein prangen,
    Des ist mein Herz erfreut.
    Da unten in jenem Tale,
    Da ist gar lustig sein,
    Da singt Frau Nachtigalle
    Für mein lieb’s Schätzelein.«
    Als er die
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