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Pablito

Pablito

Titel: Pablito
Autoren: Käthe Recheis
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die
der kurzen Dämmerung so rasch folgt, daß zwischen der Stunde des Lichts und der
Stunde der Dunkelheit fast kein Übergang zu merken ist, fiel über das Land, als
sie die Mitte des Flusses erreicht hatten.
    Der Fluß war so schwarz wie der
gewaltige Himmel und spiegelte die Sterne wider, deren Abbild er mit seinen
Wellen in viele kleine Lichtfunken zerbrach.
    Sie kamen sicher zum anderen
Ufer und schliefen fest und tief, bis die Stimmen der Affen und Vögel, die sich
über den Morgen freuten, sie weckten.
    Pablo, Quito und Uyuni
wanderten weiter. Die Ziege lief nun nicht mehr fort, aber sie ging nie neben
dem Jungen und dem Hund, sondern war stets einige Schritte voraus oder zurück.

Der Sumpf
     
     
    Weiße
Dunstwolken lagen über dem Sumpf. Die Feuchtigkeit hatte in der heißen Luft zu
dampfen begonnen. Es roch nach verfaulten Pflanzen. Im schlammigen Wasser
wuchsen Binsen. Seltsame giftgrüne Gewächse bedeckten den schwankenden Boden,
aus dem schillernde Schlammblasen auf stiegen. Uyuni sprang neugierig vorwärts,
aber das Grasbüschel, auf das sie trat, gab unter ihren Füßen nach. Sie
meckerte erschrocken. Pablo zog sie zurück. Der Morast hatte ihre schwarzen
Füße braun gefärbt.
    Pablo stand ganz still. Niemals
würde er mit Quito und Uyuni durch diesen Sumpf kommen. Alles war umsonst
gewesen. Er mußte umkehren und noch einmal den Fluß der Krokodile überqueren.
Für immer mußte er dann allein mit Quito und Uyuni im Urwald leben. Und eines
Tages würde der Urwald sie vernichten, wie Großmutter Yacuma erzählt hatte.

    Pablo setzte sich nieder und
vergrub seinen Kopf in den Händen. Er war müde, er war verzweifelt. Dann aber
dachte er daran, daß sie auch die Gefahren des großen breiten Flusses
überwunden hatten.
    »Quito, Uyuni«, sagte er,
»Onkel Juan kam durch den Sumpf, als er Tante Jacinta holte. Wir müssen seinen
Weg suchen!«
    Sie wanderten weiter, immer am
Rand des Sumpfes entlang. Aber nichts veränderte sich. Andere Sträucher wuchsen
hier als im Urwald. Pablo wagte es nicht, die unbekannten Früchte, die er fand,
zu essen. Er blieb hungrig. Quito fing eine kleine Maus und fraß sie. Sie
teilten sich Uyunis Milch.
    Es war sehr heiß. Vom Sumpf
stiegen Fliegenschwärme auf und belästigten sie. Pablo ging schweigend, seine
Lippen brannten. Sogar Uyuni vergaß ihren Eigensinn und trottete gehorsam
hinter Quito her.
    In dieser Nacht schliefen sie
nur wenig. Das Zirpen der Zikaden war lauter als im Urwald. Pablo hatte die
Arme um Quito geschlungen, und die Ziege Uyuni lag neben ihnen.
    Am nächsten Tag, gerade als Pablo
die Suche auf geben wollte, fanden sie den Weg durch den Sumpf! Pablo vergaß
Müdigkeit und Hunger und begann aus Freude zu laufen.
    »Hei, Quito! Hei, Uyuni!« rief
er. »Nun kommen wir nach Tupica! Tante Jacinta wird uns Maiskuchen backen!«
    Zuerst war der Pfad leicht zu
erkennen, bald aber wurde er so schmal, daß sie langsam und vorsichtig gehen
mußten. Manchmal wateten sie bis zu den Knöcheln im Was-ser. Pablo brach einen
Stecken ab und prüfte den Boden, ob er fest genug war. Einmal trat er beinahe
auf eine große dicke Schlange. Sie glitt vor ihnen in das trübe Wasser. Pablos
Herz klopfte wild, Quito zog den Schweif ein und winselte. Noch niemals war
Uyuni so gehorsam gewesen. Sie blieb stehen, wenn es Pablo befahl, und sie
dachte nicht daran, fortzulaufen.
    Sie fanden nichts zu essen. Die
Ziege, von der langen Wanderung erschöpft, gab nur wenig Milch.
    Und dann geschah es: Am Abend
kamen sie an einem Busch vorbei, und Pablo erkannte ihn wieder. Vor ein paar
Stunden hatte er aus dem Geäst einen Stecken abgebrochen. Sie waren nicht
vorwärtsgegangen, sie hatten die Richtung verloren! Im schwachen Licht der
Dämmerung erwachte der Sumpf zu einem gespenstischen Leben. Seltsam,
furchterregend klangen die Rufe der Nachtvögel. In jedem Rascheln glaubte Pablo
eine Schlange zu hören. Sie hatten sich im Sumpf verirrt! Niemals würden sie in
das Dorf Tupica kommen! Niemals würden sie Tante Jacinta und Onkel Juan sehen!
    Pablo weinte nicht. Angst
erfüllte ihn, und selbst Quito konnte ihn nicht trösten.
    Sie durften nicht weitergehen.
Ein Schritt abseits vom festen Boden würde den sicheren Tod bedeuten. Pablo
kauerte sich im Sumpfgras nieder, und die Tiere drängten sich eng an ihn.
Tausende von Fröschen begannen ihr häßliches Nachtlied. Der Mond ging auf und
schien auf die verlassenen, einsamen Schlafenden.

Acero, der Gummisammler
     
     
    Acero,
der
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