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Pablito

Pablito

Titel: Pablito
Autoren: Käthe Recheis
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die
Lehrerin zu fragen?
    Schließlich siegte Aymaras
Neugierde über die Scheu vor der fremden jungen Frau. Die Alte legte ein paar
Eier in einen Korb und ging in das Schulhaus. Ich werde die Eier als Geschenk
bringen und sehen, was in der Schule geschehen ist, dachte sie.
    An Christinas Tisch saß der
glückstrahlende Pablo. Sein Gesicht und die Hände waren gewaschen, seine Kleider
rein, und sein Haar war gekämmt. Auch Uyuni und Quito sahen sehr sauber
gebürstet aus.
    Christina blickte erstaunt auf,
als Aymara ins Zimmer trat. Aymara hatte sie noch nie besucht. Christina sagte
voll Freude: »Pa-blito, das ist Aymara, unsere Nachbarin.«
    Und zu der alten Frau sagte
sie: »Das ist Pablo. Wir müssen seine Verwandten suchen. Er wird bei mir
bleiben, bis wir sie gefunden haben.«
    Aymara murmelte verlegen: »Ich
habe Eier gebracht«, und sie wußte nicht, was sie tun sollte.
    Christina aber lud sie sofort
ein, mit ihr und Pablo die süße Bananensuppe zu essen. Und Aymara erfuhr Pablos
Geschichte.
    Ja, sie hatte Onkel Juan und
Tante Jacinta gekannt. Diese aber waren nach Puna gezogen, schon vor vielen
Jahren.
    »Wer weiß, ob sie noch dort
sind!« Aymara schüttelte den Kopf.
    »Es wird sehr schwierig sein,
sie zu finden«, antwortete Christina. »Ich werde nach Puna schreiben und den
Bischof bitten, uns bei der Suche zu helfen.«
    Pablo dachte insgeheim, daß er
gar nicht traurig wäre, wenn Onkel Juan und Tante Jacinta für immer
verschwunden blieben. Dann durfte er bei Christina bleiben. Und Pablo wünschte
sich nichts sehnlicher. Tante Jacinta - vielleicht sah sie genauso aus wie die
Frau in der ersten Hütte des Dorfes. Christinas Gesicht aber war freundlich wie
Großmutter Yacumas Gesicht, ihre Stimme war sanft, wie Großmutter Yacumas
Stimme sanft gewesen war. Auch Quito liebte Christina. Von Uyuni konnte man das
noch nicht wissen. Aber auch Uyuni würde eines Tages entdecken, daß Christina
es gut mit ihr meinte.
    Nach dem Frühstück
verabschiedete sich Aymara schnell, denn sie konnte es nicht erwarten, allen
anderen Frauen in Tupica die aufregende Geschichte von Pablos Wanderung zu
erzählen.
    Christina und Pablo gingen in
das Schulzimmer. Pablo durfte sich in die erste Bank setzen. Nach und nach
kamen die Kinder von Tupica. Alle starrten auf Pablo, stießen sich mit den
Ellbogen an und flüsterten miteinander.
    Christina wartete, bis alle
Kinder in den Bänken saßen. Dann begann sie, ihre Schüler zu fragen, was sie am
Vortag gelernt hatten.
    Aber keiner der Jungen und
keines der Mädchen gab eine Antwort. Es schien, als hörten sie die Worte ihrer
Lehrerin nicht.
    Christina wurde traurig.
    Pablo wußte nichts von all dem,
was sie fragte und erzählte. Er konnte nicht lesen und nicht schreiben, und
niemand hatte ihn rechnen gelehrt. Er sah staunend auf Christina, die von so
vielen seltsamen Dingen sprach, und er horchte atemlos.
    Plötzlich wurde die Tür auf
gestoßen, und Uyuni, die Ziege, lief herein, der bellende Quito hinterher.
Uyuni sprang auf Christinas Tisch, blickte würdevoll auf die versammelten
Kinder und kümmerte sich nicht um den Hund, der vergeblich versuchte, sie
herunterzujagen.
    Pablo sprang auf, schamrot bis
zu den Ohren.
    »Oh,bitte, sei nicht böse!«
rief er. Er wollte Uyuni herunterzerren, aber die Ziege hatte alle Folgsamkeit
vergessen, sie senkte die Hörner und stampfte mit den Hufen auf den Tisch.

    Die Mädchen legten ihre Hände
vor den Mund und kicherten. Es sah alles so komisch aus! Christina vergaß ihren
Kummer. Sie lachte fröhlich. Da konnten die Mädchen nicht anders, sie lachten
laut heraus, und auch die Buben blieben nicht mehr ernst.
    Christina beugte sich nieder
und beruhigte Quito. Sie nahm ihn in ihre Arme und trat vor die Kinder.
    »Das ist Quito«, sagte sie,
»und das ist Uyuni. Mit ihnen ist Pablo durch den Urwald gegangen, über den
gefährlichen Fluß und durch den Sumpf.«
    Christina stellte Quito wieder
auf den Boden und legte ihre Hand auf die Schulter des verwirrten Pablo. Uyuni
sprang vom Tisch und drängte sich zwischen Pablo und Christina. Schmeichelnd
und sanft schmiegte sie ihren eigensinnigen Kopf an Christina. Pablo atmete
tief. Auch Uyuni liebte Christina!
    »Maestra 1 , wir wollen Pablos Geschichte hören!« riefen die
Kinder.
    Christina dachte nach. »Ja,
Pablo soll sie euch erzählen«, sagte sie. »Aber vorher müßt ihr mir
versprechen, immer das zu lernen, was ich euch sage.«
    »Wir versprechen es, Maestra!«
antworteten die
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