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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub
Autoren: Tanja Pleva
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zufällig in Barcelona über den Weg. Vielleicht können wir gemeinsam …“
      Der Kellner brachte den Capuccino und blickte von einem zum anderen, in der Erwartung noch eine Bestellung entgegenzunehmen.
    „Nein, können wir nicht“, sagte sie harsch. „Ich muss dir gestehen, dass ich seit zwei Wochen wieder mit meinem Mann zusammen bin. Ex-Mann“, berichtigte sie ihre eigene Lüge. „Und außerdem …“
     »… bin ich nicht dein Typ, nicht wahr?!“, unterbrach er sie in gereiztem Ton und gab dem Kellner ein Zeichen zu verschwinden.
     „Wie kommst du denn darauf. Ist doch Blödsinn.“
    „Ich hab dich …“, er hielt inne, fast hätte er sich verraten.
    „Was hast du?“ Jasmin kniff die Augen zusammen und sah ihn fragend an. Dann schien bei ihr der Groschen zu fallen. „Du verfolgst mich doch nicht? Du hast gewusst, dass ich nach Barcelona fahre …“
    „Ich zeig dich an, wenn du mir noch einmal zu nahe kommst.“ Sie legte einen Fünfeuroschein auf den Tisch und griff nach ihren Tüten.
    „Ist das alles was du mir zu sagen hast nach zwei Monaten?“, fragte er.
    „Mach jetzt hier bitte keine Szene. Okay? Zwischen uns war nichts und wird auch nie etwas sein.“
    Mit diesen Worten ließ sie ihn wie einen Idioten sitzen und eilte zur Straße, wo sie sich ein Taxi rief und davonfuhr, ohne sich noch einmal nach ihm umzusehen. Er war für sie nur ein kleiner Zeitvertreib gewesen und das traf ihn tief in seine Wunde, die er über ein Jahr gepflegt hatte und die gerade wieder aufgerissen war.
     
     

3.
     
     
     
    MÜNCHEN   „Was haben Sie empfunden, als Sie hörten, dass Ihre Schwester sich umgebracht hat?“
    Sam räusperte sich und fasste sich in den Nacken, der ihn schmerzte. Er saß auf einem hellblauen Sofa und strich mit der anderen Hand Muster in das weiche Alcantara. Das Zimmer war in einem sanften ockergelb gestrichen, ein großer bunter Blumenstrauß aus wilden Wiesenblumen und irgendeinem grünen Kraut schmückte den flachen Tisch vor ihm. Auch die Bilder zeugten von einer betont gewollten Fröhlichkeit. Alles in diesem Zimmer stand irgendwie im grellen Kontrast zu den dunklen Gedanken der Patienten, die hier stündlich ein- und ausgingen, dachte er. Auch das entspannte Gesicht des Therapeuten. Dr. Jäger war ihm empfohlen, besser gesagt dringend ans Herz gelegt worden, um sich mal alles von der Seele zu reden und so saß er nun zum dritten Mal innerhalb von zwei Wochen in dieser Praxis und gab sich Mühe, ehrlich mit sich selbst zu sein.
    Ja, was hatte er empfunden, als man ihm erklärte, dass Lily sich mit ihrem eigenen Nachthemd stranguliert hatte? Abgesehen davon, dass er auf das gesamte Personal der psychiatrischen Anstalt wütend gewesen war, hatte er sich diese Frage schon mehrfach selbst gestellt und war jedes Mal vor der Antwort zurückgeschreckt. „Nun, im ersten Moment war ich natürlich geschockt. Ja, doch das war ich“, bestätigte er seine eigenen Zweifel. „Aber später fühlte ich eine gewisse Erleichterung darüber. Was natürlich nicht heißt, dass sie mir nicht unendlich fehlt.“ Er hörte auf zu reden und sah dem Therapeuten in die Augen. Was dachte der Mann jetzt von ihm? Dass er ein Eisklotz war, weil er keinen totalen Zusammenbruch nach dem Selbstmord seiner Schwester gehabt hatte?
    „Nein, ich halte Sie nicht für gefühlskalt, Sam.“ Dr. Jäger schmunzelte ein wenig, weil er sich sicher war, die Gedanken seines Patienten erraten zu haben. „Sie haben mir erklärt, dass Sie in ständiger Sorge um Ihre Schwester waren und in gewisser Weise waren Sie innerlich ständig darauf vorbereitet gewesen. Sie dürfen nicht vergessen, dass die stete Angst um einen geliebten Menschen viel Kraft und Energie kostet. Mit ihrem Tod fiel diese innere Anspannung von Ihnen ab. Es hat nichts damit zu tun, dass Sie Lily nicht geliebt haben.“
    Sam atmete hörbar ein und aus. Es war also normal. Er war normal. Manchmal dachte er, dass ihn sein Beruf völlig verroht hatte und er unter extremer Gefühlsarmut litt, genau wie die Psychopathen, die er seit Jahren jagte.
    „Was haben Sie nach dem plötzlichen Tod von Lina gefühlt?“
    Da war die gefürchtete Frage. Linas Tod machte ihm schon seit geraumer Zeit zu schaffen. Er hatte sie geliebt und nicht den Mut aufgebracht sich endgültig zu binden. Ein dummer Streit, verbunden mit unangebrachtem Stolz hatte für einen anderen Mann Platz in Linas Herzen geschaffen.
    „Es hat mir das Herz zerrissen, ich hatte das Gefühl, nicht
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