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Orchideenstaub

Orchideenstaub

Titel: Orchideenstaub
Autoren: Tanja Pleva
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war, wie er sich nannte.
    Auf der einen Seite fühlte er sich zutiefst gekränkt und verletzt, auf der anderen Seite kam in ihm gerade eine maßlose Wut hoch. Sie hatte ihn persönlich angegriffen, ihn vor ihren Freundinnen zum Affen gemacht. Das konnte, wollte er nicht auf sich sitzen lassen. Aber noch war nicht aller Tage Abend. Er würde sich etwas Besonderes einfallen lassen.
     

2.
     
     
     
    BARCELONA    Der Mann folgte der Frau, die sich im Netz ,Sonnenschein’ nannte, und in die er sich schon nach dem zweiten Tag verliebt hatte. Natürlich war es nur eine virtuelle Welt, das war ihm von Anfang an klar gewesen. Nur sie hatte davon nichts hören wollen und mit ihm auf Teufel komm raus geflirtet und ihm Hoffnung gemacht.
    Nach seiner Scheidung hatte für ihn eine Epoche der Einsamkeit und Frustration begonnen, die ihn von innen regelrecht auffraß. Er konnte nicht mehr malen, hatte keine Ideen und alles was er anfing, wollte nicht gelingen. Und dann war sie in sein Leben getreten und die Pinselstriche glitten wieder wie von allein über die Leinwand. Er fühlte sich wie neugeboren. Mehrmals hatte er versucht, sich mit ihr zu treffen, aber sie hatte immer eine Ausrede gefunden. Natürlich hatte er unterschwellig auch die Angst verspürt, dass sie ihn nicht ansprechend finden würde. Zugegeben, das letzte Foto, das er ihr geschickt hatte, war sehr unvorteilhaft gewesen. Aber war die äußere Schale denn so wichtig? Zählten nicht mehr die inneren Werte? Er war sich ziemlich sicher, dass sie von ihm angetan sein würde, wenn er endlich persönlich mit ihr sprechen könnte. Nicht umsonst hatten sie sich fast zwei Monate über Gott und die Welt ausgetauscht, stundenlang bis in die frühen Morgenstunden gechattet.
    Seit drei Stunden ging er nun von Geschäft zu Geschäft durch die Innenstadt von Barcelona hinter ihr her und wunderte sich über die Kondition, die diese Frau beim Shoppen aufbrachte. Jetzt stand er zum dritten Mal hinter ihr an der Kasse und er war ihr immer noch nicht aufgefallen. Ihre Augen waren nur auf all die schönen Sachen geheftet, die in den Geschäften auslagen und die er ihr mit Sicherheit niemals würde kaufen können. Er war nur ein armer Künstler. Er atmete ihren frischen Duft ein und betrachtete die drei Haare, die verloren an ihrem schwarzen Kaschmirmantel hingen. Mit spitzen Fingern griff er danach und steckte sich alle drei in seine Tasche. Als Andenken. Sobald sie sich eine Pause gönnte, würde er allen Mut zusammennehmen und sie ansprechen.
    Er brauchte keine zehn Minuten zu warten, da steuerte sie mit ihren sechs Einkaufstüten auf einen Tisch vor einem Café zu und ließ sich erschöpft auf einen der Stühle nieder. Alle Plätze waren leer, sodass er sich direkt neben sie setzen konnte.
    „Uno capuccino per favor“, sagte sie etwas unbeholfen in einer Mischung aus Italienisch und Spanisch zum Kellner.  Sie schob ihre Sonnenbrille nach oben, schloss die Augen und hielt ihr Gesicht in die Sonne, die sich das erste Mal an diesem Tag durch die dicken Wolken kämpfte. Ja, sie war ausgesprochen hübsch und er genoss es, sie endlich mal aus der Nähe in natura beobachten zu können. Auf ihren nackten Armen war ein blonder zarter Flaum Haare zu sehen. Wie gerne würde er mit seinen Lippen darüber fahren und sich bis zu ihren Fingerspitzen vorküssen. Sie hatte volle Brüste, mindestens C-Körbchen, schätzte er, und ihre Haut war weiß wie Porzellan. Sein Herz klopfte vor Aufregung, als er endlich den Mut fasste und sie ansprach:      „Hallo, Sonnenschein.“
    Fast wäre ihr die Brille vom Kopf geflogen, so schnell drehte sie sich zu ihm um. Sie gab ein paar unverständliche Laute von sich, bis ihr offenbar bewusst wurde, wer da vor ihr saß.        „Winni?“
    Sie kannte ihn nur bei seinem Spitznamen.
    „Ja, ich bin´s“, sagte er heiter, fast euphorisch. „Ich kann es nicht glauben, dich hier getroffen zu haben. Ich bin nur zu einer Vernissage hier runtergeflogen, wollte mir ein bisschen die Innenstadt ansehen und da denke ich … die kenne ich doch.“ Er lächelte und versuchte dabei nicht zu sehr seine gelblichen Zähne zu zeigen, die im Gegensatz zu ihrem strahlend weißen Gebiss, geradezu unappetitlich aussahen.
    „Ja … ja … ich weiß gar nicht was ich sagen soll“, stotterte sie  „Ist ja wirklich witzig.“
    Doch wirklich witzig schien sie das gar nicht zu finden, denn sie sah völlig verstört aus.
    „Da lebt man in einer Stadt und läuft sich
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