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Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf

Titel: Operation Schneewolf - Meade, G: Operation Schneewolf - Snow Wolf
Autoren: Glenn Meade
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Beerdigungsfeierlichkeiten wären arrangiert worden, und Anna Chorjowa wollte mich in Moskau treffen. Ich brauchte drei Tage, alle Details abzuklären, und konnte bis dahin meiner Aufregung kaum Herr werden.
    Der orthodoxe Priester trat vor und schüttelte mir die Hand. »Soll ich jetzt beginnen?« Sein Englisch war perfekt.
    »Ja, vielen Dank.«
    Er trat vor das Grab. Mit seinem schwarzen Hut, dem schwarzen Regenmantel und der weißen Robe wirkte er sehr feierlich. Er schwang einen kleinen Weihrauchbehälter, der einen angenehmen Duft verströmte, und intonierte die Totengebete auf russisch. Taylor und ich standen daneben und lauschten dem klagenden Sprechgesang, der in der feuchten, süßlich duftenden Luft weit trug. Schließlich begann der Priester, laut aus dem Buch der Offenbarung vorzulesen.
    Er wird euch die Tränen trocknen, und dann wird es keinen Tod mehr geben, kein Leid, kein Weinen und keinen Schmerz. All das wird für immer vergessen sein …
    Die Zeremonie verflog im Nu. Der Priester verabschiedete sich und ging zum Wagen zurück. Die Totengräber traten näher und machten sich an die Arbeit. Sie stellten den neuen Grabstein auf das Grab meines Vaters.
    »Das war es dann wohl!« sagte Taylor. »Bis auf Ihre Freundin Anna Chorjowa. Sie ist heute morgen aus Tel Aviv eingetroffen. Ihretwegen bin ich zu spät gekommen.«
    Taylor steckte sich eine weitere Zigarette an und spendierte auch mir noch eine. »Ich nehme an, Bob hat Ihnen die Grundregeln erklärt?« fragte er dann.
    »Sicher. Keine Fotos, keine Aufnahmen. Alles streng vertraulich.«
    Taylor lächelte. »Das dürfte wohl ausreichen. Sie hält sich in einem Haus in den Worobjowije Gory, den sogenannten Spatzenhügeln, außerhalb von Moskau auf. Es gehört derisraelischen Botschaft, und normalerweise wohnen dort die Angestellten. Man hat es für Ihr Treffen geräumt.« Er reichte mir einen Zettel. »Das ist die Anschrift. Man erwartet Sie heute nachmittag um fünfzehn Uhr.« Er zögerte. »Darf ich Ihnen eine Frage stellen?«
    »Nur zu.«
    Er deutete mit dem Kopf auf das Grab meines Vaters. »Bob hat mir erzählt, daß Ihr Vater vor vierzig Jahren gestorben ist. Wieso haben Sie dann heute diesen Gottesdienst abhalten lassen?«
    »Das hat Bob Ihnen nicht gesagt?«
    Taylor lächelte. »Ich bin hier nur der Botenjunge. Bob hat mir genug mitgeteilt, damit ich nicht völlig ahnungslos bin und alles organisieren konnte. Aber Genaueres wollte er mir nicht sagen. Und wenn man für das diplomatische Corps der Vereinigten Staaten arbeitet, lernt man schnell, nicht zu viele Fragen zu Themen zu stellen, die einen nichts angehen. Man nennt es, glaube ich: ›das nötige Wissen‹.«
    »Ich kann Ihnen nur sagen, daß mein Vater für die amerikanische Regierung gearbeitet hat und 1953 in Moskau gestorben ist.«
    »Hat er für unsere Botschaft gearbeitet?«
    »Nein.«
    »Ich dachte, daß Moskau während des kalten Krieges für alle Amerikaner außer für die Botschaftsangehörigen verbotenes Terrain war«, erwiderte Taylor verblüfft. »Wie ist Ihr Vater gestorben?«
    »Um das herauszufinden, bin ich hier.«
    Taylor war verwirrt, schien etwas erwidern zu wollen. Doch in diesem Augenblick donnerte es über uns, und er blickte zum Himmel.
    »Ich würde ja gern noch ein bißchen mit Ihnen plaudern, aber die Pflicht ruft.« Er zertrat die Zigarette mit dem Absatz. »Ich muß den Priester zurückbringen. Kann ich Sie irgendwo absetzen?«
    Ich warf meine Zigarette achtlos fort. »Das ist nicht nötig. Ich nehme mir ein Taxi. Eine Zeitlang möchte ich noch hierbleiben. Danke für Ihre Hilfe.«
    »Wie Sie wollen.« Taylor spannte den Regenschirm auf.»Viel Glück, Massey. Ich wünsche Ihnen, daß Sie finden, was Sie suchen, ganz gleich, worum es sich handelt.«
    Ich kann mich noch erinnern:
    Es ist ein kalter, windiger Abend Anfang März 1953. Ich bin zehn Jahre alt und liege im Bett meines Schlafraums im Internat von Richmond, Virginia. Draußen auf der Treppe höre ich Schritte. Die Tür geht auf. Ich blicke dorthin und erkenne den Rektor. Hinter ihm steht ein anderer Mann, aber es ist kein Lehrer oder Angestellter. Er trägt einen Mantel und Lederhandschuhe und starrt mich an; dann lächelt er gezwungen.
    »William«, sagt der Rektor, »dieser Gentleman möchte dich besuchen.« Vielsagend schaut er die beiden anderen Jungen an, mit denen ich das Zimmer teile. »Würdet ihr William bitte eine Weile allein lassen?«
    Die Jungen verlassen das Zimmer, ebenso der Rektor. Der
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