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Operation Cyborg

Operation Cyborg

Titel: Operation Cyborg
Autoren: Karl Riess
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nehmen. Je tiefer sie vordrangen desto intensiver vernahmen sie ein lautes Brummen und Vibrieren. Das AKW lief tatsächlich auf Hochtouren. S.net benötigte große Mengen Energie in den unterirdischen Labors – für was auch immer. Sanders, der wie so oft an vorderster Front kämpfte, befand sich direkt hinter den Abteilungen, die sich unter ständigem Feuer den Zugang zu den unterirdischen Laborräumen im vierten Untergeschoß erzwingen wollten.
    Daß ihr oberster Befehlshaber am Ort des Gefechts auftauchte, störte keinen seiner Soldaten – nicht mehr. Er war zwar faktisch der Anführer des deutschen und damit europäischen Widerstands und aus dieser Warte schien es äußerst unklug, daß er sich direkt in die vorderste Kampflinie begab, aber seinen Beitrag, um dem Widerstand zum Sieg zu verhelfen, hatte er bereits geleistet.
    Ursprünglich war er kein Soldat gewesen und er hatte nie gedacht, für den Kampf überhaupt geschaffen zu sein. Früher hätte ihm dazu schlicht die Konstitution gefehlt, denn sein Fachgebiet war der Computer gewesen und er verbrachte den Großteil seiner Jugend vor dem Bildschirm irgend eines Rechners. Als junger Mann hatte er sich schließlich zu einem begnadeten Programmierer entwickelt. Möglicherweise hätte er sein Wissen irgendwann einmal sinnvoll nutzen und in der Computerindustrie eine Menge Geld verdienen können, wäre er nicht vorher im Gefängnis gelandet, denn er hatte es vorgezogen, seine Fähigkeiten dazu zu nutzen, in den globalen Datennetzen eine Menge 'Blödsinn' – so nannte er es jedenfalls – zu veranstalten. Und weil er kein Problem damit hatte sich dabei auch noch gehörig zu bereichern, brachte ihm das nicht nur einen unzweifelhaft zweifelhaften Ruf in der Szene ein, sondern auch einen längeren, unfreiwilligen Aufenthalt in einer deutschen Strafanstalt. Er verbüßte dort eine Haftstrafe, aus der er offiziell nie entlassen worden war.
    Der Tag, der die Welt aus ihren Angeln hob, beendete Sanders Gefängnisaufenthalt auf zwar unbürokratische aber denkbar fürchterliche Weise. Ein Tag, der in den Sprachgebrauch der Menschen in allen Sprachen als 'Tag des jüngsten Gerichts' Einzug fand. Der Tag, an dem sich das Computersystem S.net – eine künstliche Intelligenz, kurz KI genannt – entschloß, die Menschheit zu vernichten. Sanders überlebte diesen Tag samt dessen Folgen. Und als S.net schließlich seine Tötungsmaschinen durch das zerstörte Europa schickte, entkam er, wenn auch nur knapp, dem Tod. Durch diese schrecklichen Ereignisse aufgerüttelt, fällte er eine folgenreiche Entscheidung. Er schloß sich der aufkeimenden Widerstandsbewegung an. Dort konnte er seine Fähigkeiten sinnvoll einsetzen – zum ersten Mal in seinem Leben.
    Eine weitere künstliche Intelligenz mit dem Namen THOR hatte in den Rechnern eines alten Bundeswehrbunkers ebenfalls die Katastrophe überdauert. THOR aber betrachtete nicht die Menschen sondern S.net als Feind. Sanders Können als Programmierer war es nicht nur zu verdanken, daß THORs Funktionsumfang erweitert wurde, sondern auch, daß die KI wieder Vertrauen zu den Menschen fand und sie sich so ihrem Kampf anschloß. Die KI THOR und der Mensch Sanders wurden Freunde. Und THOR wurde zum wichtigsten Verbündeten des Widerstands in Europa. Erst die verbündete KI machte es möglich, den Kampf gegen S.net auf dem europäischen Kontinent überhaupt aufnehmen zu können.
    In all den Jahren die danach folgten hatte sich Sanders seine Meriten aber auch auf dem Schlachtfeld verdient und als engster Vertrauter THORs war er so zum unumstrittenen Führer des Widerstands aufgestiegen. Es dauerte nicht lange und man verglich ihn mit dem großen Anführer der amerikanischen Widerstandskämpfer, was Sanders nicht gerne hörte. Zuviel der Ehre! Sein Leben schien ihm für den europäischen Widerstand als nicht so wichtig wie das von John für die Amerikaner. Sein Name war nur einer von vielen in der 'Dramatis personae'. Würde er in der Schlacht sterben, wäre die Trauer vielleicht groß, aber seine Leute waren jederzeit in der Lage, zusammen mit THOR den Kampf ohne Einschränkung weiterzuführen. Zumindest war das Toms Meinung und er verbat sich jegliche Einmischung in die Entscheidungen, die nur ihn betrafen. Er hatte sich zwischenzeitlich zu einem passablen Soldaten entwickelt, der oftmals an vorderster Linie mitkämpfte. Er war ein richtiges Frontschwein geworden, was seine Reputation und sein Ansehen beim Widerstand nur noch weiter
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