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Omega

Omega

Titel: Omega
Autoren: Jack McDevitt
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Stühle, Gefäße, Funkgeräte, Monitore, Installationszubehör und Konferenztische. Und Artefakte, die sie nicht zuordnen konnten. Vieles davon war erstaunlich gut erhalten. Da waren Kästen mit Kunststoffscheiben, zweifellos Speichermedien. Aber elektronische Aufzeichnungen waren kaum von Dauer. Junge Zivilisationen meißelten ihre Geschichte in Tonscheiben, die buchstäblich ewig hielten. Fortschrittlichere Gruppierungen benutzten Papier, das ebenfalls eine hohe Lagerfähigkeit besaß, vorausgesetzt, es wurde trocken aufbewahrt und vorsichtig behandelt. Aber elektronisch erfasste Daten hatten keinen Bestand. Bisher waren sie nicht imstande gewesen, auch nur ein einziges elektronisches Speichermedium auszulesen.
    Es gab Bücher, die nicht ordnungsgemäß gelagert worden waren. Nichtsdestotrotz verstauten sie sie in Plastikcontainern. Sie hielten sich schon einige Wochen in dem Gebiet auf, dennoch haftete diesem Besuch eine besondere Dringlichkeit an. Die Wolke kam. Alles, was sie heute hier zurückließen, mochte zerstört werden.
    Die Wände waren mit Gravuren übersät. Collingdale stellte einen seiner Mitarbeiter ab, um so viele wie möglich im Bild festzuhalten. Einige der Gravuren waren symbolisch, vorwiegend bildhaft. Die Motive waren größtenteils bukolisch, zeigten Blätter und Halme und Zweige, die vielleicht alle wieder auf dieser Welt hätten gedeihen können, wäre die Sonne zurückgekehrt.
    Treppen und Schächte führten weit hinauf in das Gebäude und hinab in niedrigere Ebenen, die vom Eis umschlossen waren. »Aber das könnte unser Glück sein«, sagte Collingdale zu Ava MacAvoy, die in dem indirekten Licht ungewöhnlich hübsch aussah. »Die unteren Bereiche sollten die Wolke überleben, was auch immer mit dem Rest der Stadt geschieht.«
    Sie verließen das Gebäude. Es war Zeit, aufzubrechen, aber Collingdale zauderte, machte weitere Aufnahmen, zeichnete alles auf. Ava, Riley und die anderen mussten ihn förmlich fortzerren.
    Inzwischen ging die Wolke unter, und Collingdale wünschte, es wäre möglich, den Planeten auf seiner Achse zu fixieren, um den ganzen Rest dieser Welt zwischen die Omega und die Türme zu bringen. Um die Stadt zu verstecken.
    Verdammt.
    Er blieb stehen und starrte sie an, als könnte er sie durch seinen bloßen Willen aufhalten.
    Ava ergriff seinen Arm. »Kommen Sie, Dave«, sagte sie. »Es wird Zeit.«
     
    Sie kehrten in die Kuppel zurück, die ihnen fast ein Jahr als Basislager gedient hatte. Neben der Kuppel stand eine Landefähre bereit. Das Basislager war klein, beengt und unbequem. Sie hatten zu viele Leute hergebracht und hätten eigentlich noch einige Schiffsladungen mehr Personal bekommen können. Jeder wollte Moonlight besuchen. Die Akademie hatte unter Zeitdruck versucht, die Anwärter so gut wie möglich unterzubringen. Besser wäre es gewesen, sie hätten nein gesagt. Teilweise gab sich Collingdale selbst die Schuld an der Situation, weil er nicht verlangt hatte, dass sie dem Zustrom ein Ende bereiteten.
    Sie hatten die Artefakte im Lager verstaut und zur Al-Jahani verfrachtet, die inzwischen einen Schatz aus Bechern und Tellern, Tischlampen und Elektrogeräten und weitaus esoterischeren Dingen an Bord hatte; Gegenstände, deren Funktion sich jeglicher Analyse entzog. Andere Stücke wurden gerade jetzt verladen. Da war viel mehr, als die Fähre verkraften konnte, aber sie stapelten die Reste in der Kuppel und hofften, dass sie dort in Sicherheit waren.
    Collingdale wartete, bis alle an Bord waren – sieben Personen neben dem Piloten –, sah sich ein letztes Mal um und kletterte ebenfalls hinein. Die Omega war beinahe untergegangen. Nur ein schwarzer Wolkenrücken zeigte sich noch im Westen, und ein paar gemaserte Wolkenstreifen erhoben sich über den Horizont. Der Pilot startete die Maschinen, und die Landefähre hob ab. Es wurde kaum gesprochen.
    Jerry erklärte, wie unheimlich der Besuch war, und Collingdale konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Er gehörte noch zur alten Schule. Die ersten Schritte seiner archäologischen Laufbahn hatte er im Irak getan, war beschossen, bedroht und deportiert worden. Als die Archäologie interstellare Ausmaße annahm, wie es vor einem halben Jahrhundert geschehen war, war die Arbeit, so seltsam das klingen mochte, sicherer geworden. Hier draußen lauerten keine verrückten Volksgruppen, die irgendwelche geheiligten Gräber verteidigen wollten; keine Warlords, die sich mit den Schutzgeldzahlungen nicht zufrieden geben
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