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Omega

Omega

Titel: Omega
Autoren: Jack McDevitt
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waren.
    Waren die Wolken natürlich entstanden? Oder künstlich? Missbilligte das Universum intelligente Lebensformen? Oder gab es irgendwo eine psychotische Macht? Oder schickte Gott eine Warnung, wie seine Eltern geglaubt hatten?
    »Kommen Sie, Dave?«
    Sie hatten sich den Weg zum Fuß des nordöstlichen Turms freigeschnitten, und Jerry Riley war zur Seite getreten, um Dave die Ehre zu überlassen, als erster Mensch das Gebäude zu betreten. Er klopfte auf ein paar Schultern und schritt zwischen Wänden aus abgestochenem Schnee hinab, blieb am Eingang kurz stehen, steckte den Kopf hinein und schwenkte seine Lampe herum.
    Das Gebäude war innen so groß wie der Hauptbahnhof von New York. Die Decke befand sich mehrere Stockwerke über ihm. Bänke verteilten sich über die freie Fläche. Glatte Metallpfosten stützten Balkone und Galerien. Nischen, die einst Geschäfte beherbergt haben mochten, säumten die Wände. Und es gab eine Statue.
    Er tat ein paar Schritte hinein und wagte doch kaum zu atmen. Sie wussten, wie die Einheimischen ausgesehen hatten, weil sie Überreste gefunden hatten, aber sie hatten noch nie ein bildhafte Darstellung von ihnen gesehen. Keine Skulpturen, keine Gemälde, keine Stiche. Es schien sonderbar, dass eine Spezies, die so kunstverbunden war, ihnen keine Selbstbildnisse hinterlassen hatte.
    Die anderen folgten ihm und verteilten sich um ihn herum, samt und sonders fasziniert von der Statue. Langsam, beinahe ehrerbietig, hob Jerry seine Lampe und richtete den Lichtstrahl auf sie. Sie sah katzenartig aus. Anstelle von Klauen besaß sie Fingerglieder, aber Schnauze und Fänge waren noch erhalten. Schmale, nach vorn gerichtete Augen. Ein Carnivore. Aber sie trug eine Kopfbedeckung, die an eine Baskenmütze erinnerte und keck über ein Auge herabgezogen war. Außerdem war sie mit Hose, einem Hemd mit langen, weiten Ärmeln und einem Jackett angetan, das auch in Boston nicht weiter aufgefallen wäre. Um den Hals war ein Tuch geknotet. Und die Statue hielt einen Spazierstock in der Hand.
    Eine der Frauen kicherte leise.
    Collingdale konnte selbst ein Lächeln nicht unterdrücken, obwohl die Kreatur, trotz der eher komisch anmutenden Aspekte, ein beachtliches Maß Würde offenbarte.
    Am Sockel befand sich eine Inschrift, eine einzelne Zeile verschiedener Zeichen, ausgeführt in einem Stil, der an altenglische Schrift gemahnte. Vermutlich handelte es sich um ein einziges Wort. »Sein Name?«, meinte jemand.
    Collingdale fragte sich, was diese Kreatur dargestellt hatte. Einen Washington? Einen Churchill? Einen Francis Bacon? Oder vielleicht einen Mozart?
    »Der Architekt«, kommentierte Riley knapp und gewohnt zynisch. »Das ist der Typ, der das Gebäude erbaut hat.« Riley war nicht gern hier, aber er brauchte diese letzte Mission, um diese oder jene Universität zu Hause von seiner Eignung und Ehrbarkeit zu überzeugen. Für seine Studenten würde er sicher eine Inspiration darstellen.
    Es war bemerkenswert, wie sich abstrakte Werte speziesübergreifend ähnelten. Würde, Erhabenheit, Stärke. Ob man nun einen Vogel oder einen Affen oder irgendetwas dazwischen vor sich hatte, diese Dinge sahen immer irgendwie gleich aus.
    Der Commlink an seinem Handgelenk vibrierte. Es war Alexandra, die vor zwei Tagen auf der Al-Jahani mit einer Ladung Nuklearwaffen und der Anweisung eingetroffen war, zu versuchen, die Wolke mit ihnen wegzupusten. Niemand glaubte, dass das tatsächlich möglich war, aber es gab auch keine Alternative. Die Wolke war schlicht und einfach zu groß, 34.000 Kilometer im Durchmesser. Ein paar Nuklearwaffen würden kaum eine Wirkung zeitigen können.
    »Ja, Alex. Was gibt es?«
    »Sie wird immer noch langsamer, Dave. Und sie ist noch auf Kurs.«
    »Okay.«
    »Sie kommt auf deiner Seite der Welt rein. Sieht aus, als hätte sie es auf deine Stadt abgesehen. Wir werden die Bomben heute Nacht aussetzen. In etwa sechs Stunden.«
    Die Omegawolke verzögerte, indem sie Fontänen aus Staub und Wasserstoff auf ihrer Vorderseite ausstieß. Riley glaubte, es könnte außerdem mit einer Veränderung der Gravitation zu tun haben, aber es gab keine Beweise, die seine Idee gestützt hätten. Das Einzige, was wirklich zählte, war ohnehin, dass die Wolke, wie auch immer sie arbeiten mochte, mitten auf und in Moonlight landen würde.
     
    Stundenlang wanderten sie durch den Untergrund. An den großen freien Bereich gliederte sich ein Netzwerk kleinerer Räume an. Sie entdeckten eine endlose Anzahl
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