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Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)

Titel: Oksa Pollock. Die Unbeugsamen (German Edition)
Autoren: Cendrine Wolf , Anne Plichota
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Da-Draußen zu öffnen. Hast du verstanden, Kleine?«
    Bevor Oksa etwas entgegnen konnte, erregte eine Bewegung oben an der blauen Juwelendecke des Saals ihre Aufmerksamkeit. Ein herrlicher Vogel mit Feuerflügeln flog zwischen den Chiroptern und Hellhörigen hindurch, die vor ihm zurückwichen. Anmutig beschrieb er einen Kreis über den Anwesenden und ließ sich dann zu Oksas Füßen nieder. Der feierliche Augenblick ließ allen, Treubrüchigen wie Rette-sich-wer-kann, den Atem stocken.
    »Mein Phönix«, murmelte Oksa.
    Nachdem sich das himmlische Geschöpf verbeugt hatte, hielt es ihr die Klaue hin, und ein verzierter Schlüssel in Form eines achteckigen Sterns kam zum Vorschein: das Emblem Edefias, das Oksa als Mal um den Bauchnabel trug und das ihr ganzes Leben durcheinandergebracht hatte. Der Schlüssel fiel auf den Boden und wirbelte winzige glitzernde Staubkörnchen auf, während der Phönix mit einem Krächzen wieder aufflog und in den Weiten des Gewölbes verschwand.
    »Meine Junge Huldvolle betätigt von nun an den Besitz des höchsten Gegenstands«, verkündete ein kleines pausbäckiges Geschöpf, stürzte sich auf den Schlüssel und reichte ihn seiner Herrin.
    Oksa streckte die Hand danach aus. »Danke, lieber Plemplem.«
    Sie war überrascht, wie schwer der Schlüssel war und wie kalt, beinahe hätte sie ihn fallen lassen. Ein paar Meter vor ihr dehnte sich die Kammer unter der Wirkung der glühend heißen Lichtstrahlen mit lautem Getöse aus. Oksa zitterte.
    »Die Flammen der Hölle«, murmelte sie und verzog das Gesicht.
    Sie spürte eine Hand auf ihrer Schulter.
    »Nein, meine Kleine«, flüsterte Abakum ihr ins Ohr. »Die Begegnung mit deinem Schicksal.«
    Oksa blickte in die grünen Augen des Feenmanns und lächelte zaghaft. Sich stark zu fühlen und es tatsächlich zu sein, das war eben doch nicht dasselbe …
    »Darf ich vielleicht meine Tochter noch einmal in den Arm nehmen?«, knurrte Pavel und versuchte, sich aus Ocious’ Griff zu befreien.
    »Wenn es dir Vergnügen bereitet«, erwiderte der alte Treubrüchige spöttisch.
    Er ließ Pavel los, legte jedoch sein Granuk-Spuck auf ihn an. Pavel ging zu Oksa und drückte sie so fest an sich, dass sie seinen rasenden Herzschlag spüren konnte.
    »Es wird alles gut gehen, Papa«, murmelte sie, wie um sich selbst Mut zuzusprechen.
    Dann blendete sie alle Gedanken aus und ging, ohne sich noch einmal umzusehen, auf die Tür zu, aus der das Licht strömte.

Begegnung in der Kammer
    K
aum war der Schlüssel im Türschloss versunken, wurde Oksa auf die andere Seite der Wand aus Licht katapultiert. Mit einem ohrenbetäubenden Donnern schloss sich die Tür hinter ihr und verschwand in der Mauer, ohne die geringste Spur zu hinterlassen. Die erschrockenen Schreie von draußen verstummten, so als wäre Oksa in eine andere Dimension eingetreten.
    »Oooh! Was ist denn jetzt los?«
    Ihr Körper hatte sich vom Boden gelöst und schwebte wie in der Schwerelosigkeit. Sie war leicht wie eine Feder. Ihre kastanienbraunen Haare wogten sanft um ihren Kopf. Sie machte versuchsweise eine Bewegung wie beim Brustschwimmen, um sich von der Tür zu entfernen. Es funktionierte.
    »Das gibt’s doch nicht«, murmelte sie.
    Sie konnte nicht widerstehen, einen kleinen Purzelbaum zu schlagen. Während sie beim Vertikalieren immer ein Gefühl enormer Kraft verspürte, hatte diese neue Erfahrung etwas Unbeherrschbares und ganz und gar Irrationales an sich. Immer hatte sie davon geträumt, dieses Wunder, das den Astronauten widerfuhr, selbst einmal zu erleben. Aber wer hätte gedacht, dass es unter diesen Umständen, in Edefia, in dieser unsichtbaren, verlorenen und wiedergefundenen Welt geschehen würde? Sie wandte vorsichtig den Kopf. Die Kammer war so hell, dass Oksa weder irgendwelche Konturen noch ihre wahren Ausmaße erkennen konnte. Sie blinzelte, beeindruckt und neugierig zugleich. Jeglicher Schrecken fiel von ihr ab. Der Ort und dieses verblüffende Gefühl der Schwerelosigkeit wirkten beruhigend, ja geradezu hypnotisierend auf sie. Und doch war sie vollkommen bei sich. Während das Ringelpupo, ihr lebendiges Armband, darauf achtete, jede ihrer Emotionen unter Kontrolle zu halten, entging ihr nicht ein einziger Pulsschlag, der das Blut durch ihre Adern pumpte. Und auch nicht die übernatürliche Stille in der Kammer.
    Ließ die Lichtintensität allmählich nach, oder gewöhnte man sich nur daran? Jedenfalls wurde sie zu Oksas Erleichterung nach und nach erträglicher. Oksa
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