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Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Titel: Oh Schreck, die Miesbachs kommen
Autoren: Harald Tonollo
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Tischdecke.

     
    »Also, beim Essen bin ich immer wieder aufs Neue froh, dass ich ein ganz normaler Mensch bin!«, sagte Polly und nahm sich zwei Kellen Linsensuppe und drei kleine Würstchen.
    Ihre Mutter sah sie liebevoll an. »Auch wenn dein Vater und ich nicht verstehen, warum du als Mensch auf die Welt gekommen bist, lieben wir dich natürlich genauso sehr wie deine Brüder Palmatius und Pamphilius.«
    »Wie kann man Palme und Pampe nur lieben?«, erwiderte Polly kopfschüttelnd, wofür sie von Pampe nun einen Tritt vors Schienbein bekam.
    »Die Kakerlaken leben ja noch!«, entrüstete sich Pampe und starrte entsetzt auf seinen Teller, auf dem es zuging wie in einem Ameisenhaufen.
    »Waren erst tot in Küche«, murmelte Karla vor sich hin. »Aber auf einmal alle waren wieder lebendig. Kann Karla machen überhaupt nichts! Mal tot, mal leben, mal tot, mal leben!« Polly, Pit, Pampe und Palme sahen sich kurz an – und dann schuldbewusst auf ihre Teller.
    »Mal tot, mal lebend?« Prospera Rottentodd lehnte sich zurück und verschränkte die Arme vor der Brust. »Pamphilius!«, sagte sie mit drohendem Unterton. »Habt ihr damit etwa zu tun?«
    »Wir?!« Pampe tat entrüstet. »Glaubst du allen Ernstes, wir könnten tote Mäuse und Kakerlaken zum Leben erwecken?« Frau Rottentodd stutzte. »Wie kommst du denn auf Mäuse?« »Möchte vielleicht jemand von der Linsensuppe probieren?«, fragte Pit schnell. »Schmeckt wirklich toll und ist doch mal was anderes … für euch Rottentodds!«
    »Kakerlake lebend ist mehr gesund als Kakerlake tot«, erklärte Karla und stemmte die Fäuste in ihre breiten Hüften.
    Von seinem Entspannungsbad beschwingt und gut erholt, betrat in diesem Augenblick Herr Rottentodd das Esszimmer. Wie fast alle Familienmitglieder war er – passend zu seinem tiefschwarzen Haar – komplett in Schwarz gekleidet. Die einzige Rottentodd, der äußerlich aus dem Rahmen fiel, war Polly mit ihren blonden schulterlangen Haaren und ihren knallbunten T-Shirts.
    »Frohe Kunde!«, jubelte Patrizius Rottentodd und rieb sich lächelnd die Hände. »Unser neues Bestattungsinstitut ist endlich fertig eingerichtet. Alle Särge stehen bereits an ihren Plätzen. Die teuren vorne, die billigen hinten!« Er setzte sich aufden letzten freien Platz. »Was gibt es denn heute Leckeres zu essen?«
    »Lebende Kakerlaken in Minzesoße«, antwortete Palme.
    »Leckere Kakerlaken? Sehr schön!«, freute sich Herr Rottentodd und band sich die mehrfach geflickte Stoffserviette um den Hals.
    »
Lebende
– nicht leckere!«, verbesserte Pampe ihn.
    »Lebende?« Patrizius Rottentodd kniff irritiert die Augen zusammen.
    »In die Küche Kakerlaken alle tot, dann plötzlich alle wieder lebendig«, rechtfertigte sich Karla beleidigt. »Kann Karla machen nichts, gar, gar, gar nichts!«
    »Erst tot und dann wieder lebendig?«, staunte Herr Rottentodd und sah alle der Reihe nach an. Dann füllte er sich mit der Schöpfkelle eine große Portion Kakerlaken auf seinen Teller und sagte: »Na, hoffentlich ist das hier in Ätzdorf nicht üblich – sonst kann ich mein Bestattungsinstitut gleich wieder schließen!«

”Süße„ Jungs
     
    Am nächsten Morgen wurde Polly von den ersten Sonnenstrahlen aus dem Schlaf gekitzelt. Sie gähnte laut und streckte sich. Dann warf sie schwungvoll ihre Decke zurück und sprang aus dem Bett. Sie öffnete das Fenster, freute sich über den herrlichen Sommertag und schlüpfte schnell in ihre Flip-Flops. Auf ihrem Wecker sah sie, dass es kurz nach acht war. Punkt zehn würde die Schule beginnen. Es war der erste Schultag nach den Sommerferien und Polly freute sich darauf.
    Wie sehr bedauerte sie ihre Brüder, die nur Privatunterricht von ihrer Mutter bekamen, so wie es bei richtigen Rottentodds seit Jahrhunderten üblich war. Pampe und Palme hatten keinen Spaß mit Pit auf dem Schulweg, keine Klassenkameraden, die mal toll und mal blöd waren, und vor allem keine Lehrer – samt deren großen und kleinen Macken.
    Als Polly fröhlich pfeifend ins Esszimmer kam, saßen Pampe und Palme überraschenderweise schon am Tisch. Das kamäußerst selten vor, und zwar nur dann, wenn der Hunger sie aus dem Bett trieb.
    »Du bist ganz sicher der einzige Mensch, der sich auf die Schule freut«, schmatzte Palme. Karla hatte den Zwillingen knuspriges Ohrwurmmüsli mit leckeren Fliegenbeinen zubereitet.
    »Würdest du in eine richtige Schule gehen, würdest du dich auch darauf freuen«, erwiderte Polly.
    Da kam Karla mit einer
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