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Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Oh Schreck, die Miesbachs kommen

Titel: Oh Schreck, die Miesbachs kommen
Autoren: Harald Tonollo
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Stockwerk höher das Mittagessen für die Familie zu: frisch gedünstete Kakerlaken in gegorener Distel-Minzesoße mit einem Schuss alkoholfreiem Krötenmatschlikör. Gut gelaunt warf sie Hannibal, ihrem Mini-Yorkshire-Terrier, eine der leblosen Schaben in das gierig aufgerissene Maul. Gerade wollte sie eine Handvoll Kakerlaken in den Kochtopf streuen, als sie plötzlich innehielt. Hatte sie da eben nicht ein merkwürdiges Kitzeln in ihrer Hand gespürt?
    »Ach, du Madengrütze liebe!«, rief sie erschrocken in ihrem fremdländischen Akzent, als sie ihre Hand öffnete. »Eben noch alle Kakerlaken tot, jetzt alle wieder kribbeln und krabbeln!« Sie schaute sich die geschäftig auf ihrem Arm herumwuselnden Tierchen eine Weile lang ungläubig an, streifte sie dann am Rand einer Schüssel ab und nickte zufrieden. »Dann gibt es eben Kakerlaken
lebend
. Ist gesünder sowieso!«

     
    Im Keller knieten die vier Freunde mit angehaltenem Atem vor der Truhe mit der toten Maus. Die muffige Kellerluft knisterte vor Spannung. Und langsam – wie in Zeitlupe – nahmen die Pfötchen der Maus wieder Farbe an und ihr Fell begann leicht zu schimmern. Dann bewegte sich ihre kleine Schnauze einmal kurz.
    »Sie lebt, sie lebt!«, rief Pampe begeistert und ballte eine Hand siegessicher zur Faust. »Die Zaubersprüche funktionieren! Die Welt gehört uns!«
    »Jetzt mal ganz langsam, Bruderherz«, versuchte Polly ihn zu beruhigen. »Wenn eine tote Maus mal kurz ihr Schnäuzchen bewegt, heißt das noch gar nichts.«
    Aber dann zuckten die Vorder- und Hinterpfoten. Der Schwanz machte eine peitschenartige Bewegung – und die Maus rappelte sich benommen auf. Dann drehte sie sich einmal um sich selbst und bemerkte, dass sie beobachtet wurde. Voller Panik hopste sie von der Truhe und flüchtete mit kleinen, schnellen Sätzen unter einen klapprigen Schrank.

     
    »Waaahnsinn!« Palme machte einen Luftsprung. »Das ist der absolute Wahnsinn! Was sollen wir als Nächstes zaubern?«
    »Nur dieser
eine
Test!«, erinnerte Pit seinen Freund an ihre Abmachung. »Wir waren uns einig, dass wir danach nur zaubern würden, wenn es absolut notwendig ist …«
    »Und wenn jeder von uns damit einverstanden ist«, ergänzte Polly.
    »Oh Mann!« erwiderte Palme. »Aber am Anfang müssen wir doch unbedingt ausprobieren, welche Zaubersprüche funktionieren!«
    »Müssen wir nicht!«, widersprach Polly ihm. »Das Ganze ist viel zu gefährlich! Wir können nie ganz sicher sein, ob der Teil aus dem dritten Band auch tatsächlich der richtige ist. Ich sage nur Fisch!«
    Bei ihrem ersten Zauberversuch war im Wohnzimmer ein kleiner Goldfisch aufgetaucht, der Patrizius Rottentodd vor der Nase herumgeschwommen war und für allerlei Verwirrung gesorgt hatte.
    »Das war doch echt kein Drama!« Pampe hob die Achseln.
    »Genauso gut hätte aber auch das Haus in die Luft fliegen können!«, gab Polly zu bedenken.
    Palme wollte gerade etwas erwidern, da gellte Karlas Stimme aus der Küche zu ihnen herunter. »Essen ist gekocht fertig! Kann gegessen werden von allen! Jetzt!«
    »Okay!«, sagte Palme. »Stärken wir uns erst einmal. Aber das letzte Wort ist noch nicht gesprochen!«
    Polly verdrehte die Augen. »Abgemacht ist abgemacht! Und wir waren alle damit einverstanden.«
    Palme schaute zu Pampe, doch der zuckte nur gelangweilt mit den Schultern.
    Im Esszimmer wartete Prospera Rottentodd bereits auf sie mit vorwurfsvoller Miene. Auf dem Tisch vor ihr stand die Schüssel mit den Kakerlaken in Distel-Minzesoße.
    »Auch wenn ich bei euch Kindern viele Dinge nicht so eng sehe, beim Essen verstehe ich keinen Spaß. Es gibt keine Entschuldigung dafür, es kalt werden zu lassen«, belehrte sie die vier, die sich schnell auf ihre Plätze vor die zerkratzten Teller und das abgewetzte Silberbesteck setzten.
    »Hm, vielleicht ja doch«, überlegte Pampe – was ihm von Polly einen Tritt gegen das Schienbein einbrachte.

     
    »Mit anderen Worten …«, Frau Rottentodds Augenbrauen schnellten in die Höhe, »ihr erscheint demnächst pünktlich zu den Mahlzeiten. Ich möchte nicht mehr erleben, dass Karla euch rufen muss. Guten Appetit!«
    In diesem Augenblick kam Bruno, der Butler, auf wackligen Beinen mit einem verbeulten Topf herein. »Linsensuppe mitWürstchen!«, trompetete er. »Für Pollyxenia und ihren Klassenkameraden … äh …«
    »Pit!«, half ihm Pit auf die Sprünge.
    »Pit!«, wiederholte Bruno und stellte den Topf auf die schwarze, mit hellen Flecken übersäte
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