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Ödland - Thriller

Ödland - Thriller

Titel: Ödland - Thriller
Autoren: Bastei Lübbe
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Aussehen ausgestattet, die Grazie und Harmonie mit dem Eindruck von Kraft und Macht vereinen. Kleidung steht bei MAYA unbegrenzt zur Verfügung, und Wilbur passt sich meist dem Geschmack seiner jeweiligen Eroberung an. Jennifer bevorzugt den Ninja-Stil, was für Wilbur eine Tunika aus mit japanischen Schriftzeichen bestickter, roter Seide, eine weite, schwarze Dreiviertelhose und weiche schwarze Schuhe bedeutet.
    Jennifer trägt ein Bustier aus weißer Spitze, eine naturweiße Pluderhose, hübsch gemusterte Lederpantöffelchen und eine rosa Perle im Bauchnabel. Ein fuchsiafarbenes Bandana hält ihre blonden Haare zusammen und enthüllt zierliche, mit Ringen geschmückte Ohrläppchen. Sie hat sich einen ausgesprochen nordischen Typ ausgesucht - große, unschuldig dreinblickende blaue Augen, eine extrem helle Haut, rosige geschürzte Lippen, ein eigensinniges Kinn und eine zarte Nase in einem ovalen Gesicht. Die Rundungen ihres Körpers sind vollendet, doch wie sollte es in der virtuellen Realität auch anders sein?
    Hand in Hand gehen Wil und Jennifer über eine samtweiche grüne, mit mehrfarbigen Gänseblümchen gesprenkelte Wiese, an deren Rand ein Wald aus bemoosten Eichen aufragt, der sich bis in ein lauschiges Tal mit einem kristallklaren, von blühendem Weißdorn gesäumten Bach erstreckt. Jenseits davon liegt eine heitere Landschaft mit sanften Hügeln und baumbestandenen Tälern im goldenen Sonnenlicht. Bunte Schmetterlinge tanzen von Blüte zu Blüte, Vögel zwitschern, und Grillen zirpen. Es ist ein wundervoller Frühlingstag, der zum Nichtstun und zum Schäkern einlädt. Glücklich lächelt Jennifer den Spatzen zu, die ohne jede Scheu um sie herumflattern. Wil denkt, dass es langsam an der Zeit ist, die letzte Bastion zu nehmen.
    »Wie schön es hier ist, Wilbur«, ruft Jennifer und klatscht in die Hände. »Hier bin ich noch nie gewesen.«
    »Ich kann dir noch viel romantischere Stellen zeigen«, lächelt er und streicht ihr leicht über das seidige Haar.
    »Ach nein, ich möchte noch ein wenig bleiben.«
    Eine Meise setzt sich auf ihre Schulter. Jennifer küsst sie vorsichtig auf ihr Federhäubchen. Die Meise lächelt sie an - zumindest erweckt sie den Eindruck. Wil ist nicht ganz zufrieden. Beim nächsten Mal würde er die Vögel etwas scheuer programmieren, um seine Eroberung nicht zu sehr abzulenken. Piepsend fliegt die Meise davon. Mit plötzlich ernst gewordener Miene wendet Jennifer sich Wilbur
    »Wenn man das Glück hat, solche Augenblicke genießen zu dürfen, dann kann man kaum mehr glauben, dass das wahre Leben so verkommen ist.«
    Er greift nach ihren Händen und schenkt ihr sein betörendstes Lächeln.
    »Jennifer, meine Süße, warum sollten wir uns mit der Realität beschäftigen? Hier ist alles heiter, alles lädt uns ein. Findest du nicht, dass diese Blumenwiese wie geschaffen ist, sich darin niederzulegen?«
    »Sich niederzulegen?«
    Das junge Mädchen runzelt die zarten Augenbrauen. Langsam, mahnt sich Wilbur.
    »Natürlich! Mit einem Grashalm zwischen den Lippen kann man den Vögeln lauschen oder die Wolken vorbeiziehen sehen. Ist dir schon einmal aufgefallen, dass manche Wolken ganz außergewöhnliche Formen haben?«
    Jennifer hebt die Augen zum Himmel.
    »Hier sind keine Wolken.«
    Mit dem rechten Auge klickt Wil diskret auf die Option Wolken, wählt Kumulus und dann Sofort.
    »Aber sicher! Sieh doch!«
    Hübsche flockige Wölkchen segeln langsam über hundertjährige Eichen hinweg. Ihre Formen entstehen im Zufallsgenerator; eine sieht tatsächlich aus wie ein rundliches Hinterteil.
    »Oh!«, ruft Jennifer.
    Sie wird rot und schlägt sich eine Hand vor den Mund, um nicht loszuprusten. Wilbur lacht offen, sowohl über seine Befangenheit als auch über den Streich der Software. Er greift wieder nach der Hand seiner Eroberung und zieht sie mit sich ins Gras hinunter. Ein Teppich aus weichem Moos bedeckt einen runden Felsbrocken, der dort bewusst als Kopfstütze liegt.
    Sie strecken sich auf dem Moos aus. Wils Arm schiebt sich unter Jennifers Nacken, seine andere Hand streicht ihr zärtlich über die Schulter. Sie tut, als wolle sie wieder aufstehen, bleibt dann aber doch liegen und betrachtet verträumt lächelnd die langsam dahintreibenden Wolken. Wilbur kocht zwar innerlich, lässt sich aber nach außen hin nichts anmerken. Weit weg, irgendwo anders, in seinem in der Realität vergessenen Körper spürt er eine schmerzhafte Erektion.
    »Ich bin so glücklich«, seufzt Jennifer. »So
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