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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition)
Autoren: Seanan McGuire
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muss noch irgendetwas Weitreichenderes im Spiel sein. Sie führt sich auf, als wäre ich ihr schlimmster Feind, und ich habe nicht die leiseste Ahnung, warum.
    »Bitte.« Jetzt war das Flehen nicht mehr zu überhören.
    Ich zögerte. »Was ist denn los?«
    »Was los ist?« Er lachte. Es klang brüchig. »Ich stehe in einer Telefonzelle am Fischereihafen, weil ich letzte Nacht am Strand geschlafen habe. Meine Frau ist verrückt, aber es ist eine politische Ehe, also kann ich sie nicht verlassen. Die meisten meiner Freunde aus Roan Rathad haben Angst, mir nahezukommen, weil sie überzeugt sind, sie wird sie – und mich – eines Tages umbringen. Ich bin einsam. Ich verbringe meine Tage, jeden Tag, damit, mich in Acht zu nehmen, und ich bin einsam .« Viel leiser sagte er: »Das mit dem Kuss tut mir leid. Es wird nicht wieder vorkommen. Aber ich brauche einen Freund, Toby. Du glaubst nicht, wie dringend ich einen Freund brauche.«
    Er klang verzweifelt. Mehr noch, er klang ehrlich. Connor war immer sehr gut darin gewesen, Sorgen mit scheinbarer Fröhlichkeit zu tarnen, und mich begann der Verdacht zu beschleichen, dass er darin noch besser geworden war, seit er Rayseline geheiratet hatte. Ich strich mir das Haar aus den Augen und seufzte. »Also schön, du hast gewonnen. Wir frühstücken zusammen. Wo sollen wir uns treffen?«
    »Wie wär’s bei Mel?« Die Erleichterung in seiner Stimme war so deutlich spürbar, dass ich nachträglich Schuldgefühle bekam, weil ich ihn hatte abwimmeln wollen. Raysel war auf einmal gar nicht mehr so bedrohlich. Ich meine, wenn ich mit der Luidaeg rumhängen kann, werde ich doch wohl noch mit Rayseline Torquill fertig.
    »Mel ist gut.« Mel’s Diner im Zentrum von San Francisco ist ein Vertreter der klassischen amerikanischen Schule, von den immer beliebten Rühreisandwiches bis zur fetttriefenden Steakplatte. Bei Mel gibt es keine Überraschungen. Und das mag ich.
    »Sehen wir uns in einer Stunde?«
    »Mach lieber zwei draus.« Ich stand auf und fischte meinen Bademantel vom Fußboden. »Ich brauch ’ne Dusche, und die Sonne ist noch nicht aufgegangen. Ich kann nicht unbeschadet rausgehen, bevor sie das ist.«
    »Ach, richtig, du bist ja ein Weichei.«
    »Und du ein hautwechselnder Mistkerl.«
    »Ich liebe dich auch. Bis dann bei Mel!« Die Verbindung war getrennt. Connor und ich wetteiferten seit langer Zeit um das letzte Wort, und in letzter Zeit begann er gefährlich aufzuholen. Ich musste an meinen Fähigkeiten im Höreraufknallen arbeiten.
    Ich gürtete meinen Bademantel, rieb mir die Augen und tappte in den Flur. Keine Chance, jetzt wieder einzuschlafen. Spike und die Katzen folgten mir eifrig in die Küche, wo mich der astronomische Kalender an der Kühlschranktür darüber aufklärte, dass der Sonnenaufgang heute um 6:13 Uhr anstand. Ich hatte den Büchershop des Wissenschaftsmuseums aufsuchen müssen, um einen Kalender zu finden, der die Zeiten von Sonnenaufgang und -untergang angab, aber es war die Mühe wert gewesen. Genau zu wissen, wann die Sonne aufging, bedeutete, ich konnte meinen Kaffee trinken, ohne mich zu sorgen, dass ich den falschen Moment erwischte und mich scheußlich verbrühte. Ich würde also die Morgendämmerung unter der Dusche verbringen und dann Connor auf einen Teller voll schädlicher Substanzen treffen. Es sah fast so aus, als könnte es ein anständiger Vormittag werden.
    Da klopfte es an der Tür.
    Ich drehte mich um und runzelte die Stirn. Niemand klopft vor dem Morgengrauen an meine Tür. Die meisten meiner Klienten waren Fae und würden nicht riskieren, sich so kurz vor Sonnenaufgang draußen blicken zu lassen. Und menschliche Klienten nehme ich gar nicht erst an, wenn sie aussehen, als würden sie nach Mitternacht vorbeischauen. »Was zum Henker … ?«
    Ich ging zur Tür, hielt jedoch inne, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung wahrnahm. Die Katzen drängten sich unter dem Kaffeetisch aneinander, die Schwänze zu Bürsten aufgerichtet und die Ohren flach angelegt. Spike war völlig verschwunden. »Aha. Das ist schräg.«
    Es gibt einige grundsätzliche Überlebensregeln in meiner Welt. Eine davon ist, dass man kein hohes Alter erreicht, wenn man die Warnungen seiner Haustiere ignoriert. Katzen, die mit Fae leben, sind großräumig an Befremdliches gewöhnt, und alles, worauf sie so reagieren, erfordert in der Regel noch deutlich schlimmere Maßnahmen von mir. Maßnahmen wie schreien, weglaufen oder eine Waffe suchen. Wer oder was immer da
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