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October Daye: Nachtmahr (German Edition)

October Daye: Nachtmahr (German Edition)

Titel: October Daye: Nachtmahr (German Edition)
Autoren: Seanan McGuire
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unterschiedlichster Spezies düsten wild umher, als wären sie turbinengetrieben. Ein Großteil ihrer Aufmerksamkeit galt dem Klettergerüst, wo eine Art Piratenspiel im Gange war. Es bestand anscheinend daraus, sich gegenseitig die Rutsche rauf und runter zu jagen, während man »Hey, Klabautermann!« brüllte. Ein braungrauer Zentaur galoppierte um das Ganze herum, schrie »Nehmet euch in Acht!« und versuchte jeden zu greifen, der in seine Reichweite kam. Jessica dirigierte die ganze Aktion und war viel zu sehr in Anspruch genommen von ihrer Vorrangstellung als Sechsjähriger, um meiner Ankunft mehr als ein zerstreutes Winken zu gönnen.
    Cassandra saß auf der Veranda und bemühte sich zu lesen, während kreischende Kinder um sie herumsausten. Es sah nach einer Schlacht aus, die sie nur verlieren konnte.
    Ich ging hinüber und setzte mich neben sie, ein Auge auf dem wilden Spektakel. »Hey, Kätzchen.«
    Ihr Gesicht erhellte sich. »Tante Birdie!« Sie war neunzehn und sehr auf ihre Würde bedacht, darum legte sie erst mit großer Sorgfalt ihr Buch beiseite, bevor sie mich umarmte. »Dass du es geschafft hast! Andy wird begeistert sein.«
    »Den Spaß wollte ich um keinen Preis verpassen«, sagte ich und erwiderte die Umarmung.
    Cassandra war das einzige von Mitchs und Stacys Kindern, das vor meinem Verschwinden geboren war. Sie war es auch, die einst entschieden hatte, mein Name sollte Tante Birdie sein, weil sie October damals noch nicht aussprechen konnte. Sie war klein, mollig und hübsch und besaß die eleganten spitzen Ohren ihrer Mutter mit schwarzen Fellbüscheln an den Spitzen. Vom väterlichen Zweig der Familie hatte sie Mitchs blaugraue Augen und sein unauffällig dunkelblondes Haar.
    Es ist schwer, sie anzuschauen und nicht meine eigene Tochter zu sehen, die ich verlor, als Simon mich mit seinem Fluch belegte. Ich arbeite daran. Cassandra verdient Besseres, als damit verglichen zu werden, zu wem Gillian wohl herangewachsen wäre.
    Nicht dass Gillian willens wäre, sich mir zu zeigen. Meine Tochter ist nicht tot. Sie lehnt es bloß ab, mich an ihrem Leben teilhaben zu lassen.
    »Es ist wirklich schön, dich zu sehen«, sagte Cassandra, als sie mich losließ.
    Ich ließ mich wieder auf den Stuhl sinken. »Ich bin auch – «
    Meine Antwort wurde jäh abgeschnitten, da Andrew wie ein Geschoss in meine Seite einschlug und seine Arme um meinen Hals schlang. »Tante Birdie!«
    Cassandra lachte. »Bist du nicht froh, dass ich aus dem Alter raus bin?«
    »Na, und wie«, sagte ich und wuschelte Andrews Haare. »Wie geht’s unserem Geburtstagsjungen?«
    »Ich bin vier!«, verkündete er und zeigte die entsprechende Anzahl schmutziger Finger. Flachshaarig, sommersprossig und verdreckt, alle Zutaten, die es für »haarsträubend süß« brauchte. Man sollte Kindern nicht erlauben, so anbetungswürdig zu sein. Es sollte ein Gesetz dagegen geben. »Wir feiern eine Party!«
    »Ist mir nicht entgangen.«
    Cassandra stöhnte auf und murmelte: »Das ist bis Oregon niemandem entgangen.«
    »Es gibt noch Kuchen, und Eis, und Geschenke, und – «
    Ein anschwellender Schrei kam aus der Richtung der Schaukeln. Ich zog Andrew auf meinen Schoß und sah auf. Cassandra verdrehte die Augen. »Achtung, Einschlag.«
    »Tante Birdiiiiiie!« Karen raste auf uns zu. Ich wappnete mich für den Aufprall. Mit ihren elf Jahren schien Karen ständig im Zwiespalt, ob sie schon zu groß war, um sich in meine Arme zu werfen, oder doch nicht. Ich kam diesmal glücklich davon, sie bremste schleudernd vor mir ab und rief: »Du bist gekommen!«
    »Das bin ich«, bestätigte ich. »Du siehst aus, als hättest du dich im Schlamm gewälzt.«
    Sie sah an sich herunter. Sie war von der Taille abwärts mit Modder bedeckt, die Haare völlig mit Schlamm verklebt. »Wow, du hast recht.«
    »Und, was hast du angestellt?«
    Hoch beglückt krähte sie: »Mich im Schlamm gewälzt!«
    Ich seufzte. »Herrlich.« Andrew kuschelte sich in meinen Schoß und verteilte Dreck über meine gesamte Jeans. Kurz erwog ich, ihn umzulagern, dann beschloss ich, mich nicht darum zu kümmern. Es war sein Geburtstag. Er sollte mich ruhig dreckig machen, wenn ihm danach war. »Was läuft?«
    »Wir spielen Piraten«, sagte sie. »Ich bin der erste Maat! Jessica gibt Befehle, und ich schicke die Missetäter auf die Planke.«
    »Schön für dich. Und was ist Andy?«
    »Er war zuerst mein Papagei, und dann war er ein Hai. Jetzt ist er … was bist du jetzt, Andy?«
    »Bin ’n
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