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Ocean Rose. Erwartung (German Edition)

Ocean Rose. Erwartung (German Edition)

Titel: Ocean Rose. Erwartung (German Edition)
Autoren: Tricia Rayburn
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Vordersitz liegt eine alte Decke, falls du dich abtrocknen möchtest.«
    Er schloss die Heckklappe und ging zur Fahrertür. Ich schaute noch einmal zum Himmel hoch, der nun so blau war wie bei unserer Ankunft, dann ging ich auf die andere Seite des Wagens und stieg ein. Drinnen schälte ich mich aus dem Fleecepulli, während Simon zusammengesunken auf dem Fahrersitz wartete und Caleb und Justine auf der Rückbank möglichst leise mit wer weiß was beschäftigt waren.
    »Okay …«, sagte ich, als sich ein paar Minuten später immer noch niemand gerührt oder gesprochen hatte. »Was war das?«
    Simon schaute mich an und ließ seinen Blick durch die Windschutzscheibe zu dem Waldpfad wandern. Er stieß ein kurzes Lachen aus und danach einen langen, tiefen Atemzug. »Das war euer ›Herzlich willkommen auf den Chione Cliffs‹. Schön, dass ihr wieder hier seid.«
    Ich rutschte herum und wusste schon, was ich auf der Rückbank sehen würde, wenn ich über die Schulter schaute.
    Justine hatte es sich in Calebs Arm gemütlich gemacht, ihr verletztes Bein auf einer gefalteten Wolldecke gelagert und grinste von einem Ohr zum anderen.
    »Wow. Genialer Trip!«, sagte sie fröhlich.
    »Wow. Genialer Trick.«
    »Trick?« Justine hielt ihren Teller hoch, als Dad mit einer weiteren Portion frisch gegrillter Steaks herumkam.
    »Vielleicht sollte ich besser ›Finte‹ sagen.«
    »Ich weiß nicht, was du damit meinst.«
    Dad spießte zwei Fleischstücke mit der Gabel auf und schaute gedankenvoll über das Verandageländer auf den Lake Kantaka. »Eine Finte. Ein Täuschungsmanöver, das gewöhnlich angewendet wird, wenn man sich nicht schnappen lassen will.«
    »Ich weiß, was das Wort bedeutet, Daddy. Aber glaubst du wirklich, ich habe mir beim Klettern über die Strandfelsen diesen Kratzer am Bein geholt, damit niemand mich wegschnappt? Seit wann lassen sich Kidnapper von ein bisschen Blut abschrecken? Und wer sollte mich wohl entführen wollen? Durchgeknallte Rettungsschwimmer? Irre Muschelsammler? Der menschenscheue Yeti von Winter Harbor?«
    Ich grinste in meinen Teebecher hinein. Eine Person gab es schon, die Justine bestimmt gern bei erster Gelegenheit gekidnappt hätte, und meinen Beobachtungen zufolge wäre Justine ohne Gegenwehr mitgegangen. Über dieses Thema konnte ich allerdings keine lauten Witze machen, da unsere Eltern in Caleb und Simon immer noch die »süßen Carmichael-Jungs« sahen, die sie seit Babyalter kannten. Ihnen war klar, dass wir in den Sommermonaten viel Zeit zusammen verbrachten, aber sie hatten bestimmt keinen Schimmer, wie die eine Hälfte unserer Clique in den letzten Jahren diese Freizeit verbrachte. Und Justine hatte deutlich gemacht, dass es auch so bleiben sollte.
    »Aha. Der menschenscheue Yeti von Winter Harbor.« Dad ließ ein Steak auf Justines Teller plumpsen und plazierte eine neue Grillpfanne auf dem Kugelgrill. »Ist das mein neuester Spitzname?«
    Justine und ich schauten uns über den Tisch hinweg an und lachten. Dad war fast zwei Meter groß und ging meistvornübergebeugt – was er selbst auf die niedrigeren Türen »damals zu seiner Zeit« zurückführte, aber vermutlich eher mit vierzig Jahren Arbeit am Computer zusammenhing. Seine geduckte, imposante Gestalt zusammen mit einer wirren weißen Haarmähne und dem passenden Vollbart erinnerten tatsächlich an das Fabelwesen.
    »Was ist mit Superpaps? Papa Phantasticus? Mad Dad?« Er setzte sich und schenkte sich ein neues Glas Rotwein ein. »Und wie lautete noch der letzte? Irgendwas mit Übergröße …«
    »Big Papa«, sagte Justine mit gespielter Empörung, als könne sie nicht glauben, dass er einen von ihr erfundenen Spitznamen vergessen hatte.
    »Ja, genau. Ich weiß immer noch nicht recht, ob ich deshalb beleidigt sein sollte.« Er rieb sich über den runden Bauch. »Aber auf der Fahrt hierher ist mir tatsächlich ein neuer Name eingefallen, den wir so bald wie möglich in unser alltägliches Vokabular einfließen lassen sollten, finde ich.«
    »Wir werden es in Betracht ziehen«, meinte Justine.
    Dad nahm ein Brötchen aus dem Korb in der Mitte des Tisches, riss ein Stück ab und schob es sich in den Mund. »King.«
    »King?«, fragte Justine. »Das ist alles?«
    Er zuckte mit den Schultern. »Das ist alles. Einfach nur King.«
    »Na ja … aber dann wäre Mum automatisch deine Queen. Und ich kann mir nicht vorstellen, dass sie sich damit zufriedengibt, die Nummer zwei in der Familie zu sein – nicht mal pro forma.« Sie
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