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Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Nur wenn du mich hältst (German Edition)

Titel: Nur wenn du mich hältst (German Edition)
Autoren: Susan Wiggs
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endlich die Nummer eingegeben.
    „Fairfield House.“
    Kurzfristig verwirrt runzelte sie die Stirn. „Mom?“
    „Kimberly“, flötete ihre Mutter. „Guten Morgen, meine Liebe. Wie geht es dir?“
    Glaub mir, das willst du nicht wissen .
    „Du bist früh auf den Beinen“, fuhr ihre Mutter fort.
    „Ich bin nicht da“, sagte Kim. „Ich meine, ich bin nicht in L.A. Ich bin mit dem Nachtflug hergekommen.“
    „Du bist in New York?“
    „Ich bin am County-Flughafen, Mom.“
    Es folgte ein leichtes Zögern, eine von Zweifeln durchsetzte Pause. „Mein Gott, ich hatte ja keine Ahnung, dass du vorhattest, herzukommen.“
    „Kannst du mich abholen?“ Zu ihrem Entsetzen spürte Kim, dass ihre Kehle eng wurde und ihre Augen brannten. Das liegt an der Müdigkeit, redete sie sich ein. Sie war einfach nur übermüdet, das war alles.
    „Ich bin gerade dabei, das Frühstück wegzuräumen.“
    Scheiß aufs Frühstück, wollte sie brüllen. „Mom, bitte. Ich bin wirklich sehr müde.“
    „Natürlich. Ich bin im Nullkommanichts da.“
    Kim fragte sich, wie lange „Nullkommanichts“ war. Ihre Mom sagte ständig so Sachen wie „im Nullkommanichts“. Das hatte ihren Dad immer in den Wahnsinn getrieben. Er fand es stillos, wenn jemand sich zu umgangssprachlich ausdrückte.
    „Warte, kannst du mir einen Mantel und irgendwelche Schneestiefel mitbringen?“ Zu spät. Ihre Mutter hatte bereits aufgelegt. Sie fragte sich, was ihr Vater von ihrem momentanen Aufzug gehalten hätte. Nein, sie fragte sich nicht, sie wusste es. Das eng anliegende Kleid hätte im besten Fall skeptische Blicke geerntet, aber vermutlich eher offenes Missfallen, seine übliche Einstellung.
    Ich wünschte, wir hätten die Zeit gehabt, einander zu vergeben, Dad, dachte sie.
    Sie riss sich von den Gedanken an ihn los und ermahnte sich, dass dies in ihrem augenblicklichen Zustand nicht das richtige Thema war. Eines Tages würde sie daran arbeiten, Frieden mit der Vergangenheit zu schließen, aber nicht an diesem Morgen. Jetzt musste sie all ihre Kraft aufbringen, um sich in diesem Warteraum nicht in ein mit Pailletten besetztes Eis am Stiel zu verwandeln. Sie ging zur einzigen Bank, setzte sich und nickte immer wieder weg wie ein Saufbruder nach einer Zechtour.
    Nach einer Weile riss sie sich zusammen und schaute auf die Uhr an der Wand. Ihre Mutter bräuchte vermutlich noch zehn Minuten, bis sie käme. Weitere zehn Minuten. Wie viel konnte in zehn Minuten passieren? So lange dauerte es ungefähr, um einen Blumenstrauß zu verschicken oder eine E-Mail zu schreiben.
    Oder mit seinem Freund Schluss zu machen. Oder einen Job zu kündigen. Diese zehn Minuten, dachte Kim, diese zehn Minuten sind der Anfang der Ewigkeit.
    Dieser Gedanke ließ sie aufrechter sitzen. Gleich jetzt, gleich hier, könnte sie einen neuen Weg im Leben einschlagen. Die Vergangenheit hinter sich lassen und nach vorne gehen. Das taten Menschen doch andauernd, oder? Warum sollte ihr das nicht auch gelingen?
    Mom hat in Avalon ebenfalls neu angefangen, erinnerte sie sich. Es war möglich. Nach dem Tod ihres Ehemannes war Penelope Fairfield van Dorn in die Kleinstadt in den Bergen gezogen, um in dem Haus zu leben, in dem sie ihre Kindheit verbracht hatte. Kim hatte sie nur ein einziges Mal dort besucht, das war im Sommer vor zwei Jahren gewesen. Penelope behauptete, sie träfe sich lieber in New York mit ihr, wo sie zusammen zu Mittag essen und danach durch die Upper East Side schlendern konnten, das Viertel, in dem Kim aufgewachsen war. Penelope war überzeugt, dass ihre Tochter Avalon langweilig und eintönig fand.
    Ihre Mutter war auf liebevolle Weise von ihrer Arbeit eingeschüchtert, von ihren Freunden, ihrem Lebensstil. Vor ein paar Wochen, zu Weihnachten, hatten sie sich mit Lloyds Familie in Palm Springs getroffen. Penelope hatte Lloyd von der ersten Sekunde an ins Herz geschlossen und umgekehrt. So war es ihr zumindest vorgekommen, doch nach dem vergangenen Abend fragte sie sich, inwieweit sie Lloyd Johnson überhaupt kannte. Sie wusste nur, dass sie ihn nicht wiedersehen wollte. Nie mehr.
    Außer ihr saß niemand im Warteraum. Das Mädchen vom Tresen und ein paar Arbeiter standen zusammen, tranken Kaffee und taten so, als würden sie nicht immer wieder verstohlen zu ihr herüberschauen. An einem normalen Arbeitstag würde sie jetzt auch Kaffee trinken und mit den Kollegen klatschen. In ihrer Branche war Tratsch mehr als nur eine Möglichkeit, das Schweigen zu füllen. Manchmal
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