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Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden

Titel: Nun ruhe sanft und schlaf in Frieden
Autoren: Claire Seeber
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kleiner geschnitzter Hund. Dazu eine handgezeichnete Weihnachtskarte, die ein Cottage mit einem Baum im tiefen Schnee zeigte: Pendarlin. Mir wurde weh ums Herz.
    Liebste Mag,
    Ich hoffe, es geht dir gut. Ich wollte dir das hier selbst bringen, aber du hast so entsetzt ausgesehen, als ich dich im Krankenhaus besuchen kam, dass ich dich nicht weiter belasten wollte.
    Ich wollte dich nur um Verzeihung bitten, dass ich mich so idiotisch benommen habe. Als Zeichen meiner Wertschätzung für dich lege ich dir hier ein paar Noten bei, die dir gefallen könnten. An jenem Abend in Pendarlin, als ich draußen war, hörte ich dich zum ersten Mal spielen, und ich war ungeheuer glücklich (und beeindruckt, obwohl es nur ein paar Takte waren). Bitte, gib das nicht auf. Es tut mir leid, dass ich nicht hereingekommen bin, um dich zu sehen, wie du so am Klavier sitzt. Ich ging ins Pub, weil ich dachte, es gehe dir gut, und weil ich dich in diesem Moment nicht stören wollte. Und weil ich dachte, Fay sei verrückt und habe all das nur erfunden. Natürlich tut mir das jetzt unheimlich leid.
    Wenn du bereit bist, würde ich dir gerne einen Welpen schenken. Ich weiß, Digby würde nicht wollen, dass du allein bleibst.
    Es tut mir leid, dass ich dich im Stich gelassen habe, liebste Maggie.
    Dein nutzloser Freund
    Alex (mit Küsschen)
     
    PS: Ich bin seit 15 Tagen, 4 Stunden und 10 Minuten trocken.
     
    Ich verbrachte ein gemütliches Weihnachten mit Dad und Jenny. Gar schlief im Ohrenbackensessel in der Ecke, ein Glas Sherry neben sich, das sie nie anrührte. Ich fühlte mich fehl am Platze. Ich vermisste Cornwall, ich war neben der Spur, aber leider bei klarem Bewusstsein, weil auch ich das Trinken eingeschränkt hatte.
    Normalerweise bereitete ich das Weihnachtsdinner zu, doch dieses Jahr übernahm Jenny diese Aufgabe. Sie wollte es so gerne, aber wir bereuten es am Ende alle. Der Rosenkohl hatte die Konsistenz von Bleischrot, und der Truthahn schmeckte nach altem Teppich. Die Brotsauce war ungenießbar und die Röstkartoffeln verkohlt. Als ich in meinem Stück vom Plumpudding den Salzlöffel fand, wobei ich mir fast die Zähne ausbiss, sah Jenny mich bestürzt an, und ich lachte laut los.
    »Lieber Himmel, ich habe mich schon gefragt, wo dieser Löffel hingekommen ist! Sicherlich hast du auch die Münze.« Sie ließ unbemerkt das Geldstück auf meinen Teller gleiten. »Das bringt doch Glück, oder?« Sie sagte nicht, dass ich es brauchen könne, aber das dachten wir in diesem Moment wohl alle.
    Am Abend spielten Dad und Jenny Scrabble, während ich mich vor dem Fernsehapparat zusammenrollte und mir wünschte, Digby wäre hier, um mir die Füße zu wärmen. Ich sah mir Gefährliche Liebschaften im Fernsehen an. Die schöne, keusche Michelle Pfeiffer, wie sie dem heimtückischen Vicomte Sébastien de Valmont erlag. Achtlos griff ich nach der Bonbonschachtel.
    »Dagegen bin ich machtlos«, skandierte Valmont, seine Lippen in dem gepuderten Gesicht ein blutroter Flecken. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Hatte ich diese Worte schon einmal gehört? Und noch einmal: »Dagegen bin ich machtlos.«
    Ich schaltete um, bevor Sébastien Michelle tötete, indem er ihr das Herz brach.
     

Kapitel 48
    »Sie sind zu spät.« Die Frau mit ihren mehrfarbigen Strähnchen tippte etwas in ihren Computer. »Und Sie haben eine andere Frisur«, meinte sie vorwurfsvoll, als sie mir den Pass zurückgab. Ihre Stimme klang näselnd und weinerlich.
    »Ähm, ja.« Verlegen strich ich mir meine Haare hinters Ohr zurück. »Ein paar Mal, seit ich dieses Foto habe machen lassen. Ich wollte einfach mal was anderes, wissen Sie.«
    Die Strähnchenfrau sah total desinteressiert drein. »Wie ich bereits sagte: Sie sind zu spät. Es gibt keinen …«, eine dramatische Pause folgte, »nein, keinen einzigen Sitzplatz mehr.«
    Ich starrte sie entsetzt an. Ihre Haut war so tief gebräunt, dass sie mich an Charlie erinnerte. »Der Verkehr war schrecklich. Wir standen auf der M25 im Stau. Einen Sitzplatz muss es doch noch geben. Ich …«
    »Sie müssen eben genügend Zeit einkalkulieren. Das hat man Ihnen doch sicher bei der Buchung gesagt.«
    »Was soll das überhaupt heißen: Es gibt keinen Sitzplatz mehr?«, fragte ich nervös. Sie antwortete nicht. Ihre kirschroten Fingernägel hackten erneut auf die Tastatur ein. Ich sah das glamouröse junge Paar, das sich am Schalter für die 1. Klasse küsste. Ihre flauschige Pelzweste ließ Haare, die auf seinem schwarzen
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