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Nuerburghoelle

Nuerburghoelle

Titel: Nuerburghoelle
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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motorsportliche Ereignis in Deutschland und viel wichtiger als das Formel-I-Rennen im Sommer.«
    Böhnke konnte dazu nichts sagen. Das war einfach nicht seine Welt.
    »Da kommen so an die 100.000 Menschen in die Eifel, mehr als 150 Rennwagen gehen an den Start. Mit diesem Frühjahrsrennen beginnt quasi die Saison auf dem Nürburgring. Das ist Motorsport pur und Remmidemmi ohne Ende«, begeisterte sich Bahn. »Das ist ein tolles Gefühl, wenn sie über die Strecke rasen, und am Rand stehen die Massen und jubeln ihnen zu. Und Sie sind mittendrin mit den besten Plätzen im Hotel, im Fahrerlager und in der Boxengasse. Na ja. Ich wollte Sie ja nicht wie die echten Fans auf einem Campingplatz mit Zelt und Grill unterbringen. Für Sie sollte es schon etwas gehobener sein. Sie und Ihre Begleitung, ich nehme an Ihre Partnerin, gehören zum kleinen, erlauchten Kreis der VIPs. Auf eine solche Gelegenheit warten andere schon seit ewigen Zeiten oder bis zum Tode.«
    »Wie komme ich zu dieser Ehre?« Eine andere Frage fiel Böhnke gar nicht mehr ein.
    Er habe dank seiner guten Beziehungen zum Kassenwart des veranstaltenden Automobilklubs das Arrangement quasi zu einem Freundschaftspreis bekommen, gab Bahn unumwunden zu. »Und da habe ich sofort an Sie gedacht. Sie haben mir geholfen, mich gewissermaßen vor Arbeitslosigkeit und Armut gerettet. Da ist diese Einladung nur ein bescheidenes Dankeschön.« Er möge rechtzeitig kommen, riet ihm der Journalist abschließend. Das Rennen beginne um 14 Uhr, vorher gebe es aber bei der Startaufstellung noch vieles zu sehen. »Außerdem wird auf den Straßen rund um den Nürburgring massig Verkehr herrschen. Da müssen Sie schon am frühen Morgen von Ihrem geliebten Huppenbroich aufbrechen«, gab er Böhnke als Ratschlag mit auf den Weg.

2.
    Ungeduld war keine Eigenschaft, die sich Böhnke nachsagen ließ. Doch strapazierte seine Lebensgefährtin momentan seine Geduld sehr. Obwohl sie Bahns Ratschlag eher beherzigen wollte als Böhnke, war sie es, die den Zeitplan am Samstag gehörig über den Haufen warf.
     
    Frühmorgens führte ihre Fahrt nicht wie geplant nach Süden in die Eifel, sondern nordwärts in die Stadt Karls des Großen. Sie müsse unbedingt noch einmal in der Apotheke nachschauen, hatte sie beim Frühstück im Hühnerstall gemeint. Sie habe wahrscheinlich gestern vergessen, ein bestimmtes Medikament zu bestellen, und traue ihren Angestellten nicht zu, ihren Fehler zu erkennen und zu beheben. Es ginge schnell, versicherte sie, aber am Telefon wollte sie die Sache nicht klären, weil sie nicht bis zur Öffnung des Geschäfts warten wollen.
    Jeder Chef ist nur so gut wie sein schlechtester Mitarbeiter, knurrte Böhnke, was ihm prompt einen bitterbösen Blick seiner Tischnachbarin einbrachte.
    »Wir müssen nach Aachen. Ich kann und will die Sache nicht am Telefon erledigen. Dann wird es noch später«, hatte sie bestimmt.
    Seufzend beugte sich Böhnke ihren Worten. Was sollte er auch mosern? Schließlich war sie Herrin über den Autoschlüssel. Außerdem war sie es, die arbeitete, er hingegen kassierte die Pension fürs Nichtstun und das Warten auf den Tod.
    »Ohne Medikamente wärst du längst hin«, hatte sie schlagkräftig argumentiert. »Und das Medikament braucht ein anderer Kranker, um am Leben zu bleiben. Das ist wohl wichtiger als eine Lustfahrt zum Nürburgring.« Das Rennen dauere ohnehin 24 Stunden. Sie würden es nicht verpassen, selbst wenn sie sich später auf den Weg machten.
    Also übte sich Böhnke in Geduld und ließ sich von seiner Liebsten in die Printenstadt am Nordrand der Eifel kutschieren. An die elend lange Fahrt über die Bundesstraße durch das Millionärsdorf Roetgen würde er sich nie gewöhnen, das Dorf schien einfach nicht enden zu wollen, immer wieder gab es am linken Straßenrand Einkaufszentren, Großgeschäfte oder Hotels. Ob sie nicht in Roetgen eine Apotheke aufmachen wolle, hatte er sie einmal gehänselt. Hier in dem Ort mit der statistisch gesehenen größten Zahl von Millionären in der Einwohnerschaft ließen sich bestimmt gute und teure Medikamente verkaufen.
    Die Masse machts, hatte seine Apothekerin pragmatisch entgegnet. Außerdem sei sie eine geborene Aachenerin und keine zugereiste Eifelbürgerin. Bevor er etwas entgegnen konnte, hatte sie seinen gedachten Kommentar schon entkräftet. »Ich kann doch nichts dafür, dass ich in Huppenbroich einen Hühnerstall geerbt habe. Und als Zweitwohnung hast du ja alle Vorteile davon, mehr
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