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Norderney-Bunker

Norderney-Bunker

Titel: Norderney-Bunker
Autoren: Manfred Reuter
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Kurbeitrag nicht enthalten“, schimpfte er und bat gleichzeitig einen Passanten in Jogginghose, über deren Rand die Wampe bedrohlich quoll, das rot-weiße Absperrband einen Moment festzuhalten, weil sein Handy klingelte. Zur großen Überraschung der aufgeregt tuschelnden Zaungäste bog jetzt nicht nur der Smart des Notarztes mit quietschenden Reifen um die Ecke, sondern auch die Freiwillige Feuerwehr. Die Frage, warum diese nicht nur mit dem Einsatzleitwagen, sondern auch mit dem Löschfahrzeug und der Drehleiter anrückte, war zunächst nicht zu beantworten. Später stellte sich heraus, dass es sich dabei um ein Missverständnis bei der Alarmierung gehandelt hatte. Dabei zeigten für den rasanten Einsatz der Floriansjünger zumindest alle Einheimischen Verständnis. Denn sicher ist sicher. Die Norderneyer Wehrleute machten keine halben Sachen. Erst gestern waren sie zu den Appartements am Badehaus gerufen worden, weil dort die automatische Brandmeldeanlage angeschlagen hatte. Aber auch dort war ihr Einsatz nicht wirklich gefragt. Der unkontrollierte Gebrauch von Haarspray hatte das Warngerät irritiert und aufjaulen lassen.
    „Bei dem verunfallten Mann, besser gesagt, bei dem Verletzten, handelt es sich um den Paul-Karl May, wohnhaft in Aurich, Jahrgang 1971“, nuschelte Visser in die Telefonmuschel der Hotel-Rezeption. „Es war mit absoluter Sicherheit massive Gewalteinwirkung. Ob es ein Raubüberfall war, können wir noch nicht sagen“, ergänzte der Norderneyer Oberkommissar. Dabei sah man ihm an, dass er seinem Gesprächspartner am anderen Ende der Leitung konzentriert zuhörte.
    Es schien sich um einen Vorgesetzten zu handeln, was aus dem ständigen Nicken des Inselpolizisten zu schließen war: „Selbstverständlich. Der Tatort ist längst abgesperrt. Neumann hat das erledigt. Wir haben die Lage hier voll im Griff. Ja. Natürlich holen wir Sie am Hafen ab, falls Sie das möchten. Aber glauben Sie mir. Das kriegen wir selbst hin. Sobald Karl May ansprechbar ist, wird der Chefarzt uns informieren. Das Opfer liegt bereits auf der Intensivstation des Krankenhauses. Dort wird es gut versorgt.“
    Dann legte Visser den Hörer auf, sagte laut und deutlich „Arschloch“, wischte sich den Schweiß von der Stirn, nahm sich aus dem Glas auf der Rezeptionstheke ein Sylter Bonbon und rannte zurück an den Tatort.
    Schon am späten Vormittag wachte Winnetou auf. Das Erste, was er sah, war ein Tropf, der ihn am Leben hielt und dessen Inhalt vermutlich nicht unerheblich dafür sorgte, dass er keine Schmerzen spürte. Es dauerte jedoch eine ganze Weile, bis ihm klar war, wo man ihn abgelegt hatte und vor allem, warum er sich nicht nur auf Norderney, sondern zu allem Überfluss auch noch im dortigen Krankenhaus befand. Als sich die Tür öffnete, traten Schwester Paula und Chefarzt Thomas Nordwig ein. Nordwig lächelte den Patienten an, als er sah, dass er die Augen geöffnet hatte. Der Arzt beugte sich über ihn, während die Schwester die Funktion des Tropfes überprüfte.
    „Ich weiß, es ist ’ne blöde Frage, aber: Wie geht es Ihnen?“, fragte Nordwig.
    „Ich kann es Ihnen noch nicht genau sagen“, gab Winnetou zurück. Ich habe erst vor wenigen Minuten bemerkt, wo ich bin und dass ich noch lebe.“
    „Das hätte auch schlimmer ausgehen können. Sie hatten offensichtlich Glück, Herr May.“
    Winnetou schaute den Arzt fragend an.
    „Sie haben am Hinterkopf eine Wunde, die mit sieben Stichen genäht werden musste. Daraus haben Sie einiges an Blut verloren. Zudem haben Sie ein blaues Auge und ein nicht zu übersehendes Hämatom am Kinn.“
    Winnetou fuhr sich mit der Hand vorsichtig an die bei ihm ohnehin ausgeprägte Gesichtslade und schaute weiter fragend.
    „Sie werden den Schmerz später spüren. Für den Moment haben wir Ihnen Medikamente verabreicht, damit Sie Ruhe finden und schmerzfrei sind. Wenn Sie später aufstehen können und in den Spiegel schauen, dann werden Sie es sehen“, fuhr Nordwig fort und blinzelte Winnetou dabei an. Dann stellte der Arzt sich kerzengerade vors Bett, kniff die Augen kurz zusammen und warf die Stirn in Falten.
    Dann sagte er: „Und nun lasse ich für ein paar Minuten einen Herrn zu Ihnen herein, Herr May. Der ist von der Polizei und hat ein paar Fragen. Denn die Verletzungen, die Sie sich zugezogen haben, beruhen wohl kaum auf Zufall.“
    Während der Chefarzt und die Krankenschwester gemeinsam das Zimmer verließen, hörte er Nordwig im Flüsterton sagen: „Nur für
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