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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle
Autoren: Stefan Wolf
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zu ihm wie seine Haut, wie sein nervöser Blick, wie
seine Falschheit.
    Emilio wusste, was man von ihm
dachte. Für eine Memme hielt man ihn, einen Leisetreter und Feigling, der
außerdem unzuverlässig war und nicht belastbar. Deshalb war er auch nur der
Laufbursche und Schmieresteher bei den »anderen«.
    Von den »anderen« sprach er,
wenn er Paolo erklärte, dass er dringend einen Tag freihaben müsse,
beziehungsweise einen Abend, denn in der Gastronomie ist vor allem der Abend
der Arbeitstag.
    »Wer sind denn deine Freunde?«,
hatte Paolo gefragt.
    »Nette Typen. Wir haben viel
Spaß.«
    »Bring sie doch mal mit.«
    »Dann müsste ich sie einladen.
Und wir sind fast 20.«
    »Hm.«
    »Außerdem sind’s keine
Feinschmecker.«
    »Hm.«
    »Auch ein bisschen ungehobelt,
Paolo. Ich glaube, sie würden dir nicht gefallen.«
    »Aber dir?«
    »Wenn wir einen draufmachen,
wenn wir um die Häuser ziehen, dann sind sie die richtigen Kumpel.«
    Paolo beließ es dabei. Und
Emilio hütete sich vor weiteren Erklärungen, denn die »anderen« — das war die
russische Mafia.
    Zufällig war er zu diesen Typen
gestoßen, hatte nämlich eines Nachts beobachtet, wie sie — ein Zweier-Team —
einen nagelneuen Porsche fachkundig knackten. Emilio kannte den Besitzer des
Wagens und wünschte ihm seit langem Pest und Pocken an den Hals, aber der Typ
war bärenstark und außerdem bewaffnet. Emilio hätte nie gewagt, ihn auch nur
schief anzusehen. Und in dieser Nacht war er, Emilio, nun erfüllt von schäbiger
Schadenfreude. Doch dann — aus seiner Position, versteckt hinter einem Kiosk —
konnte er sehen, dass der Porschebesitzer nahte. Mit der Hand in der
Manteltasche, wo er seine Pistole hatte.
    Sofort war Emilio bei den
Automardern am Wagen. »Keine Panik, Jungs. Bin voll auf eurer Seite. Aber der
Typ, dem der Wagen gehört, kommt dort gleich um die Ecke. Und der hat ‘ne
Kanone. Ich weiß es.«
    Verblüfft sah er: Einer der
Autoknacker war eine Frau.
    Und die sagte dann auch: »Wir
sind fertig. Können starten. Willste mitkommen?«
    Von diesem Tage an gehörte er
zur Bande, einem der vielen Krakenarme der russischen Mafia, die hereinreichen
nach Mittel- und Westeuropa. Die Gruppe bestand aus fünf Mitgliedern, zwei
Russen und drei Deutschen, war spezialisiert auf Autodiebstahl und hatte
bislang 367 Fahrzeuge gestohlen. Natürlich nur Nobelkutschen. Ein knochenharter
Job. Denn nach dem Diebstahl erhielt jeder Wagen gefälschte Papiere, wurde
umgespritzt und dann verbracht via Moskau. Auf halbem Wege allerdings übernahm
ein Fahrer der dortigen Zentrale. Oft schon in Polen oder Tschechien — je
nachdem wie die Überführungsroute geplant war.
    Emilio durfte mitmachen. Aber
nur, wenn’s um Kleinkram ging. Er blieb der Hampelmann, dem niemand was
zutraute.
    Alle werden sich noch wundern,
dachte er wütend. Von Paolo hole ich mir das Geld und die anderen habe ich im
Griff. Auch wenn sie mir vieles verschweigen — ich erfahre es trotzdem. Und
irgendwann blüht dann mein Weizen bei ‘nem ganz großen Ding.

5.
Pfiffigkeit und Spucke
     
    Tim hatte zweierlei auf der
Zunge: den Geschmack von Indiras wundervollem Tee und die erste Frage zu den
Dolchen des Orients. Das kleine Tonbandgerät lief und alle Mienen waren
angespannt. Doch genau in dieser Sekunde meldete sich Tims Handy mit dem
unverwechselbaren Signal, nämlich Rossinis Musik.
    »‘tschuldigung!« Der
TKKG-Häuptling zog das Gerät aus der Gürteltasche. »Könnte wichtig sein.« Er
meldete sich.
    »Hallo, Tim! Störe ich dich?
Entschuldige! Aber ich bin außer mir. Und ich brauche deine Hilfe. Eure Hilfe.
Die Hilfe von TKKG, meine ich. Ihr seid die Einzigen, denen ich vertraue.«
    »Paolo? Bist du’s?«
    »Ja. Ich. Paolo Petriccio. Euer
Lieblingsitaliener. Entschuldige, dass ich meinen Namen nicht gesagt habe. Aber
ich bin aufgeregt. Ich habe Angst. Und meine Nerven sind wie zerkochte
Spagetti.«
    »Zerkochte Spagetti? Paolo, das
ist das Schlimmste, das dir passieren kann.«
    »Nur das Zweitschlimmste. Das
Schlimmste ist jetzt passiert. Kannst du herkommen mit deinen Freunden? Ich
weiß, eine Zumutung bei dem Wetter. Aber...«
    »Wenn du Hilfe brauchst, sind
wir da. Es ist dringend?«
    »Sehr.«
    »Also sofort?«
    »Wenn ihr könnt? Das würde ich
euch nie vergessen.«
    »Wir sind unterwegs. In 20
Minuten in der Trattoria. Okay?«
    »Ich erwarte euch. Tim, ich
erwarte euch.«
    Hölle und Popstar!, dachte der
TKKG-Häuptling. Das hat noch gefehlt. Ausgerechnet
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