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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle
Autoren: Stefan Wolf
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betrieb einen Schlüsseldienst.
    »Ich brauche ein Duplikat, eine
zweite Ausfertigung.« Emilio legte den Schließfachschlüssel auf den Tresen.
    Der Alte hob den Blick. »Hm.
Ist von ‘nem Schließfach, wie?«
    »Machen Sie’s? Oder soll ich
woanders hingehen?«

    »Kostet 200 Euro.«
    »Gaunerei!«
    »Sie können ja woanders
hingehen.«
    »Wie lange dauert es?«
    »Keine halbe Stunde.«
    Emilio sah zur Uhr. »In 30
Minuten bin ich zurück.«
    Daran hielt er sich nicht
genau, sondern stand schon nach 25 Minuten auf der Matte; aber der Schlüssel
war fertig. Emilio bezahlte. Der Alte belauerte ihn mit stechendem Blick.
    Ist also richtig gewesen,
dachte der Italiener, dass ich mich maskiert habe. Wer weiß, wie alles läuft,
und Vorsicht ist die Freundin der rohen Eier — jedenfalls beim Transport.
    In der Valleverde-Straße
stellte er seinen Mercedes auf den Hof hinter der Trattoria. Die Utensilien für
die Maskierung hatte er unterwegs in einem Container entsorgt.
    Als er ins Büro kam, saß Paolo
am Schreibtisch, nippte an einem Espresso und hatte die Post vor sich. Es war
üblich, dass er sie erst nachmittags durchsah. Die Trattoria öffnete um 17 Uhr
und Paolo kam meistens zwei Stunden früher.
    »Hallo, Paolo!«
    »Hallo, Emilio! Alles in
Ordnung? Gestern sahst du beschissen aus.«
    »Mi sento meglio (Ich fühle
mich besser.) «
    »Das freut mich.«
    Paolo begann, die Post zu
öffnen. Dazu benutzte er ein kleines Küchenmesser mit scharfer Klinge. Es lag
ständig auf seinem Schreibtisch.
    Emilio griff zur Tageszeitung
und ließ sich in einen Sessel sinken.
    Paolos Atemzug — schärfer als
die Messerklinge — schnitt durch die Stille. Paolo stöhnte auf, während er las.
Der weiße Briefumschlag, versehen mit einer hübschen Briefmarke, lag vor ihm.
Seine Hände, die das mit Maschine beschriebene Blatt hielten, zitterten.
    Emilio tat, als merke er
nichts, und beobachtete seinen Kompagnon — den mit dem Sechs-Siebtel-Anteil,
was 85,71 % vom Verdienst entspricht — über den Rand der Zeitung.
    Paolo war etwas kleiner als er,
neigte zur Fülle, hatte schwarze Locken und in der Nase einen Knick, der von
einem Unfall herrührte.
    »Hör dir das an!« Seine Stimme
bebte. »Hallo, Paolo Petriccio! Dies ist eine Mitteilung. Nimm sie ernst. Wir
sind ein Team harter Jungs und übernehmen jetzt den Schutz für deine
Restaurants. Und für deine Familie, Paolo. Für deine Frau und deine beiden
Kinder. Die Schutzgebühr beträgt 500 000 Euro. Eine einmalige Zahlung für den
Schutz auf Lebenszeit. Du machst ein gutes Geschäft. Die Rechnung ist sofort fällig. Und wir warnen dich. Wenn du die
Bullen verständigst, können wir für nichts garantieren. Deine Frau und deine
Kinder wären dann unablässig in Gefahr — in großer Gefahr.«
    Paolo hob den Kopf. Sein
rosiges Gesicht war totenbleich. »Emilio! Unsere... Glückssträhne ist vorbei.«
    »Unsinn, Paolo! Eine leere
Drohung. Das sind Spinner. Dieser plumpen Erpressung beugen wir uns nicht.«
    »Das sagst du. Ja, du kannst
das sagen. Du bist allein. Aber ich? Anna und die Kinder! Wie soll ich sie
schützen? Was, wenn das keine Spinner sind?! Die Welt ist voller Gangster.
Mafiosi! Die kennen keine Gnade. Für Geld sind die zu allem fähig.«
    Emilio schwieg, blickte
betreten zu Boden, und drückte damit nur allzu deutlich aus, dass er den
Zustand der Welt, insbesondere der Unterwelt, genauso einschätzte.
    »Es geht noch weiter.« Paolo
starrte auf den Schrieb und las abermals vor. »Du, Paolo, wirst das Geld
überbringen. Unter der Fußmatte an eurer Hintertür liegt ein
Schließfachschlüssel.« Den hatte Emilio dort deponiert. »Er passt zu dem
Schließfach 777 im Hauptbahnhof. Das Fach ist verschlossen. Morgen Abend 18 Uhr
schließt du das Geld in eine Tasche gepackt dort ein. Mit dem Schlüssel fährst
du zu den Festwiesen beim Wagnerpark, wo die öffentlichen Toiletten sind. Im
Herrenklo legst du den Schlüssel unter das linke Waschbecken. Und keine Tricks!
Du würdest es bereuen. Denk an deine Familie!«
    »Diese Schweine!« Emilio gab
sich empört. »Wer ist das? Wer steckt dahinter? Paolo, ich muss dir Recht
geben. Das klingt professionell. Die... die sind wahrscheinlich zu allem
fähig.«
    Paolo fuhr sich über die Augen.
Seine Finger wurden feucht. Er griff zum Taschentuch. »500 000!«, murmelte er.
»Verdammt! Das ist viel!«
    »Du willst zahlen?«
    »Ich muss.« Paolo rang die
Hände. »Nicht meinetwegen. Aber wegen meiner Familie.«
    »Du weißt, wie
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