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Nonstop in die Raketenfalle

Nonstop in die Raketenfalle

Titel: Nonstop in die Raketenfalle
Autoren: Stefan Wolf
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nur historische Meuchelinstrumente, sondern auch
bewunderungswürdige Kunstwerke. Deshalb habe ich mir das Thema angeeignet. Wir
werden ein Feature ( Dokumentarbericht ) machen über diese herrlichen
Käsemesser.«
    Gaby rümpfte die Nase. »Finde
ich schrecklich.«
    »Wieso?«
    »Du hast es selbst gesagt:
Meuchelinstrumente. So was sollte man strafen, indem man’s gar nicht beachtet.«
    »Es sind Kunstwerke, Pfote.«
    »Orientteppiche sind
Kunstwerke.«
    »Die meisten werden hergestellt
durch Kinderarbeit. 16 Stunden am Tag. Und als Lohn eine Schüssel Reis.«
    »Da hast du leider Recht.«
    »Obwohl’s auch Waffen sind«,
meinte Karl, »halte ich Dolche für sympathischer als Nuklearbomben und
chemische Massenvernichtungsmittel. Diese Horrorerfindungen könnte man noch so
sehr verzieren — sie bleiben Teufelswerk. Die meisten kunstvollen Dolche
hingegen haben nie einen Tropfen Blut gerochen.«
    Tim nickte. »Uns interessiert
die Kunst des Handwerkers. Okay, Pfote?«
    »Meinetwegen.« Gaby lächelte.
»Vielleicht gibt’s einen klitzekleinen Dolch, den ich mir ans Bettelarmband hängen
kann.«
    Tim sah zur Uhr. »Hab schon
telefoniert mit Indira Varanasi. Sie erwartet uns. Und wollte wissen, ob wir
Tee trinken. Ist unsere Droge, habe ich gesagt, und indischer Tee sowieso erste
Wahl.«
    »Bei diesem Wetter«, lachte
Gaby, »ist Tee eine Wonne.«
    »Ich muss noch was nachtragen«,
meldete sich Karl zu Wort. »Indira ist nämlich nicht irgendeine Inderin,
sondern entstammt dortigem First-Class-Adel. Ihr Vater war ein Großfürst, also
ein Maharadscha, die Mutter eine Maharani. Die beiden leben nicht mehr, haben
aber Indira ein riesiges Vermögen hinterlassen. Indira hat nun —
gesinnungsmäßig — von jetzt auf sofort ihre Herkunft abgestreift. Sie denkt
modern. Hat keinen Titel, keinen Schnickschnack, keine Sonderrechte. Das meiste
Vermögen hat sie für wichtige Einrichtungen ihres Landes gestiftet. Ihr Leben
dient der Kunst. Sie will was tun für Indien. Ich vermute, sie peilt einen Job
an als Kultusministerin. Oder wenigstens als Museumsdirektorin im Tadsch Mahal,
dieser einzigartigen Grabmoschee. Und das wäre dann ein Glück für den indischen
Subkontinent. Also, Leute, lasst die Augen blitzen, wenn Indira von indischen
Dolchen erzählt.«
    Alle grinsten. Gaby beugte sich
zu Oskar hinüber, der bäuchlings auf dem Teppich lag, und befühlte seine Nase.
    »Ziemlich warm. Ich glaube, er
ist ein bisschen erkältet. Besser, er bleibt hier.«
    Regendicht verpackt stürzten
sich TKKG in den Verkehr der Innenstadt, wo sie auf den Radwegen ziemlich viel
freie Bahn hatten. Gaby hatte ihren blausilbrigen Schutzhelm aufgesetzt, unter
dem der blonde Pferdeschwanz hervorhing. Freilich — den sah man j etzt nicht.
Denn über den Helm war die Regenkapuze gestülpt.
    Karl kannte Indiras Adresse,
radelte dennoch in zweiter Position. In der Valleverde-Straße kamen sie an der
TRATTORIA PAOLO vorbei.

    Klößchen schmatzte mit den
Lippen. »Wollen wir nicht mal schnell rein? Auf ‘ne Portion Spaghetti und ‘ne
Riesenportion Tiramisu.«
    »Sei nicht so verfressen«, rief
Gaby. »Außerdem ist jetzt geschlossen.«
    »Also nachher. Das haben wir
uns dann verdient. Immerhin ist Paolo unser Lieblingsitaliener. Und das kann
nicht jeder von sich sagen. Ich schätze Paolo. Vor allem seine Küche.«
    »Tun wir alle«, sagte Karl.
»Aber wenn Emilio vorbeischnürt, vergeht mir der Appetit.«
    Tim nickte in den Gegenwind,
was aber hinter ihm niemand sah. »Paolos Kompagnon ist ein Kotzbrocken. Wenn er den Grußaugust macht, kannst du auf seinem
Grinsen glatt ausrutschen.«
    »Schleimig wie eine Auster aus
Neapel«, meinte Klößchen. »Liegt am verseuchten Meer. Darunter leidet die
Bissfestigkeit.«
    »Deine bestimmt nicht«, rief
Gaby über die Schulter. »Sogar jetzt hast du den Mund voller Schoko. Ich höre
es.«
    Was so knacke, seien die Nüsse,
erklärte Klößchen — und verschluckte sich heftig. Fast dass er vom Rad fiel.
    Indira wohnte im Stadtteil
Blitterstetten, wo viele Reihenhäuser stehen. Die Studentin hatte das Eckhaus
eines Dreispänners gemietet. Mangels Garage parkte ihr BMW-Coupé am
Straßenrand. Karl wies darauf hin und ließ gleich den Schlauberger raushängen.
    »Weißer Lack, grünes Verdeck,
orangefarbene Ledersitze. Sagen euch die Farben was?«
    »Ich vermute«, rief Klößchen,
»Indira hat grüne Augen, Lippen wie Apfelsinen und einen hellen, fast weißen
Teint.«
    Karl stöhnte.
    Tim sagte:
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