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Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)

Titel: Nördlich von Nirgendwo – DuMonts Digitale Kriminal-Bibliothek: Alex-McKnight-Serie (German Edition)
Autoren: Steve Hamilton
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sehr verheißungsvoll.«
    »Für ein paar Lacher ist er immer gut. Und für etliches andere.«
    »Was soll das jetzt wieder heißen?«
    »Du wirst schon sehen. Ich hoffe nur, daß du nichts gegen teuren Whiskey und ebensolche Zigarren hast. Kann auch sein, daß ich deine kleine Obsession hinsichtlich kanadischen Bieres erwähnt habe. Würde mich nicht überraschen, wenn eine Kiste auf dich wartete. Sollte das der Fall sein, denk dran, hinreichend viel Aufhebens davon zu machen. Er beeindruckt die Leute gern.«
    »Großartig.«
    Er fuhr kommentarlos weiter. Die Sonne ging unter. Schließlich kamen wir an eine Kreuzung, an der im Schatten der Kiefern ein ehemaliger Eisenbahnwaggon der Soo-Linie stand. Es war ein alter Personenwagen, die Hälfte der Fenster war mit Brettern vernagelt, die anderen trüb vor Schmutz. Auf die Tür hatte man ein Schild geklebt: »Betreten verboten«.
    Wir passierten den Leuchtturm bei Iroquois Point und erreichten dann das nördliche Ende der Bay Mills Reservation. Wir fuhren am Community College vorbei, am kleinen Kings Club, dem Kasino, mit dem alles angefangen hatte, und dann am viel größeren Bay Mills Casino. Direkt dahinter lag der neue Golfplatz. Er wirkte fast fertig. Von der Straße aus konnten wir ein halbes Dutzend Bagger und Bulldozer sehen, die bewegungslos im schwindenden Licht dastanden und für heute genug getan hatten.
    »Das Stück Land mit den Erbsen hat auch dran glauben müssen«, sagte Jackie. »Sieht so aus, als hätten sie letzte Woche erst angefangen.«
    »Wie soll das Dings noch mal heißen?«
    »Wild Bluff. Wie findest du das?«
    »Ich weiß nicht. Man sollte meinen, sie hätten sich wenigstens einen Ojibwa-Namen einfallen lassen.«
    Auf einer Brücke überquerten wir den Waiskey River. Jetzt waren wir auf der Six Mile Road und fuhren nach Osten Richtung Sault Ste. Marie. Als wir jedoch gerade an der Einfahrt zum Brimley State Park vorbeikamen, bog Jackie nach links in einen unbefestigten Weg ohne Straßenschild ab.
    »Wo fahren wir hin?« fragte ich. »Ich dachte, wir führen zum Soo.«
    »Sonnenuntergang.« Mehr brauchte er nicht zu sagen.
    Der Weg führte nach Norden durch den Kiefernwald. Die Bäume standen bis an den Wegrand, so dicht, daß man hörte, wie die Nadeln die Fenster streiften. Nach zweieinhalb Kilometern endete der Weg. Wir waren an einer alten Bootslände, ein Holzsteg verfaulte im kalten Wasser. Jackie stoppte den Wagen zwei Meter vor dem See.
    Wir stiegen aus. Beide standen wir am Ufer und sahen nach Westen zur sinkenden Sonne. Die Wolken zeigten Hunderte von Abstufungen in Rot und Orange, der Himmel selbst strahlte in einem tiefen, ins Grünliche spielenden Blau. Nirgendwo sonst habe ich das je gesehen.
    Man muß draußen sein, um das richtig zu erleben. Man muß den Wind auf dem Gesicht spüren, den Geruch des Süßwassers in der Luft wittern.
    Es ist der größte See der Welt. Er ist erschreckend, er ist tödlich. Er hat keinen Schlick auf dem Boden, kein sanftes Bett, um darauf zu ruhen, keine Wasserpflanzen, um sich darin zu verbergen. Es ist ein See auf reinem Granit, ein großer Felsenkrater, von den Gletschern in den Boden gemeißelt, gefüllt mit reinem, süßem, kaltem Wasser und nicht viel sonst. Ein paar Weißfische. Die Splitter hölzerner Schiffskörper. Die schweigenden Stahlwände der Algomak, der Sunbeam, der Edmund Fitzgerald. Die Gebeine der Toten. Ihre Geister.
    Es ist schön. So wahr mir Gott helfe, an einem Sommerabend, wenn die Sonne untergeht, ist dies der schönste Ort der Welt. Deshalb bin ich hier. Deshalb ist Jackie hier.
    Deshalb stehen wir die langen Winter, die brutale Kälte, die Blizzards, die in einer Nacht einen Meter Schnee abladen, das niemals endende Heulen der Schneemobile durch. Die endlose Schneeschmelze im Frühling, die Bremsen im Juni, die Mücken im Juli und im August. Es ist so schnell vorbei, und schon ist die Luft wieder kalt, und der See wird wieder zu dem Monster, das er ist.
    Für einige von uns reicht das. Also bleiben wir, Jahr für Jahr. Nirgendwo sonst wäre für uns der rechte Ort. Nirgendwo sonst wäre Zuhause.
    In diesem Sommer der Geheimnisse war dies das größte aller Geheimnisse. Diejenigen von uns, die hier leben, haben dieses Geheimnis bewahrt. Wir haben es sorgsam gehütet und nur mit den wenigen geteilt, die aus welchen Gründen auch immer hier nicht leben konnten, aber doch, sooft sie nur konnten, hierher kamen.
    Ich hätte mir nicht vorstellen können, daß sogar dieses
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