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Nocturne City 03 - Todeshunger

Titel: Nocturne City 03 - Todeshunger
Autoren: Caitlin Kittredge
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trennte.
    »Ich träume immer nur von dir, Greg«, versicherte ich ihm mit einem Augenzwinkern.
    Mittlerweile war es kurz nach neun Uhr abends, und die meisten Angestellten der Justice Plaza waren bereits nach Hause gegangen. Da ich als Mordermittlerin jahrelang Nachtschicht gearbeitet hatte, fiel es meinem Körper trotz einiger Monate SWAT-Dienst immer noch schwer, sich an die neuen Arbeitszeiten zu gewöhnen. Ich hatte das Gefühl, erst jetzt, kurz vor Dienstschluss, richtig in Schwung zu kommen.

Mit einem Seufzer zog ich meine Schutzweste aus und streifte danach auch den Rest meiner schwarzen Arbeitsmontur ab. Zur Dienstkleidung eines TAC-3-Mitglieds gehörten neben einem leichten Pullover und einer festen Drillichhose auch ein Paar Militärstiefel. Die waren zwar lange nicht so bequem wie meine alten Stahlkappen-Motorradboots, bestanden dafür aber aus einem Hightech-Material, dem selbst Pistolenschüsse nichts anhaben konnten.
    Ohne zu duschen, schlüpfte ich in ein altes T-Shirt und eine Jogginghose und steckte mein schwarzes Haar hoch, durch das neuerdings eine rosafarbene Strähne verlief. Dann suchte ich mein Gesicht im Spiegel nach Blutspritzern ab. Genau in der Mitte meiner rechten Wange prangte ein roter Fleck, den ich durch heftiges Rubbeln mit einem Papierhandtuch entfernte.
    Nachdem ich Pistole, Dienstmarke, Geldbeutel, Schlüssel und Kosmetiktäschchen eingesteckt hatte, drehte ich mich schwungvoll um – und schrie im nächsten Augenblick vor Schreck. Zwischen den Spindreihen war urplötzlich ein Mann aufgetaucht. Mit weit aufgerissenen Augen glotzte er mich an.
    »Verdammt, Wilder, beruhige dich wieder!«, rief er und hob seine Hände mit einer beschwichtigenden Geste. »Oder willst du das ganze Gebäude zusammenschreien?«
    Mein Herz pochte so wild wie ein außer Kontrolle geratener Presslufthammer, und die Wölfin in mir fletschte die Zähne. Als ich jedoch die Person vor mir erkannte, beruhigte ich mich etwas. Zu meiner Überraschung war es keiner dieser durchgeknallten Spanner, die sich nach Dienstschluss in Frauenumkleideräumen herumdrückten, sondern – und eigentlich war das weitaus schlimmer – ein ehemaliger Kollege aus dem Morddezernat, den ich eigentlich nie wieder sehen wollte.
    »David Bryson … Gib mir einen guten Grund, warum ich dir nicht auf der Stelle die Luftröhre durch die Nase ziehen sollte.«
    Er rang sich ein Lächeln ab. »Wie ist s dir so ergangen, Wilder? Siehst gut aus, wirklich. Tolle Frisur übrigens.«
    »Was zum Teufel hast du in der Damenumkleide verloren?«, fuhr ich ihn an und bleckte die Zähne. Sofort traten meine Reißzähne hervor, und Bryson starrte mich panisch an. »Wenn du auf einem Suizidtrip bist, dann sags nur. Ich helfe gern.«
    Wir hatten auf dem 24. Revier zusammengearbeitet. Doch seit jener denkwürdigen Nacht vor einem halben Jahr, in der die Wölfin die Kontrolle übernommen und ihm den rechten Zeigefinger gebrochen hatte, waren Bryson und ich einander aus dem Weg gegangen. Jetzt stand er nach dieser langen Zeit der absoluten Funkstille auf einmal vor mir, schaute verlegen auf seine Füße und wirkte gar nicht mehr so großkotzig und distanzlos, wie ich ihn in Erinnerung hatte, sondern fast schon verzweifelt. »Wilder, ich brauche deine Hilfe.«
    »Sehr witzig, aber das würde dir noch nicht mal deine eigene Großmutter abkaufen.«
    »Ich meins ernst!«
    »Glaub mir, Bryson, ich mein s auch ernst«, knurrte ich. »Wenn du nicht in fünf Sekunden verschwunden bist, mache ich Hackfleisch aus dir!«
    Gerade als er etwas erwidern wollte, packte ich den Kragen seines geschmacklosen ockerfarbenen Polyester-Sakkos und warf ihn kurzerhand aus dem Umkleideraum. »Verpiss dich!«, rief ich ihm nach und verschloss die Tür von innen. Dann schnappte ich mir meine Tasche und schlüpfte durch den Lieferanteneingang hinaus.
     

2
    Als ich die Tür zum Dienstparkplatz aufstieß, stieg mir sofort eine Mischung aus billigem Eau de Cologne und kaltem Männerschweiß in die Nase – Bryson. Er stand neben meinem 69er Ford Fairlane, war aber schlau genug, sich nicht dagegenzulehnen.
    »David, ich sags dir jetzt zum letzten Mal: Ich werde nicht mit dir zum Polizeiball gehen«, versuchte ich ihn abzuwimmeln.
    »Das vorhin war kein Witz, Wilder, ich brauche wirklich deine Hilfe.« Sein Gesicht wirkte so ernst, dass ich ihn kaum wiedererkannte: Keine Spur des für ihn typischen anzüglichen Grinsens war auf seinen Lippen zu sehen, und überraschenderweise starrte er
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