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Nobels Testament

Nobels Testament

Titel: Nobels Testament
Autoren: Liza Marklund
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zurückkomme.«
    »Nie im Leben«, sagte Annika mit einer Stimme, die sich zu überschlagen drohte. Der Polizist stöhnte und schleppte sie in den Drei-Kronen-Saal.
    Die Deadline, dachte Annika. Wie soll ich hier bloß rauskommen?
    Chefredakteur Anders Schyman hatte sich soeben mit seiner Frau und einem Almodóvar-Film auf der Wohnzimmercouch niedergelassen, als der Chef vom Dienst anrief.
    »Es hat eine Schießerei bei der Nobelpreis-Gala gegeben«, sagte Jansson. »Mindestens fünf Personen wurden getroffen, wir wissen nicht, ob sie noch leben.«
    Anders Schyman sah seine Frau an; die drückte selbstvergessen auf der Fernbedienung herum, um die richtigen
subtitolos
einzustellen.
    »Der runde Knopf«, sagte er, während Janssons Worte in sein Gehirn vordrangen.
    »Annika Bengtzon ist mit Ulf Olsson von der Bildredaktion dort«, sagte Jansson. »Hab sie noch nicht erreicht, man kann nicht anrufen. Das Netz ist dicht.«
    »Sag das noch einmal«, bat Schyman und machte seiner Frau ein Zeichen, den Film anzuhalten.
    »Das Netz ist überlastet. Tausenddreihundert Leute im Stadshuset versuchen gleichzeitig zu telefonieren, und das ist zu viel.«
    »Wer ist erschossen worden? Auf der Nobelpreis-Gala?!«
    Seine Frau riss die Augen auf und ließ die Fernbedienung fallen.
    »Ein paar Sicherheitsleute, über die anderen weiß man nichts. Der Krankenwagen ist vor ein paar Minuten mit Blaulicht Richtung Sankt Göran gefahren.«
    »Lieber Himmel«, sagte Schyman und setzte sich auf der Couch auf. »Wann ist das passiert?«
    Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr, 22.57 Uhr.
    »Vor zehn Minuten, maximal fünfzehn.«
    »Ist jemand gestorben?«, fragte seine Frau, aber er machte ihr ein Zeichen, still zu sein.
    »Das ist ja verrückt«, sagte er. »Was macht die Polizei? Wurde schon jemand gefasst? Wo ist denn geschossen worden? In der Blauen Halle? Wo waren der König und die Königin? Gibt es an diesem Ort denn keine verdammten Sicherheitsvorkehrungen?«
    Seine Frau legte ihm beruhigend die Hand auf den Rücken.
    »Die Polizei hat das Stadshuset komplett umstellt«, antwortete Jansson. »Da kommt keiner rein oder raus. Sie schleusen die Gäste durch Vernehmungskontrollen. Die Ersten werden vielleicht in einer halben Stunde rausgelassen. Ich habe ein paar Leute losgeschickt, um Augenzeugenberichte zu sammeln. Wir wissen nicht, ob jemand gefasst wurde, sie suchen jedenfalls nach mehreren Tätern.«
    »Wie sieht es in der Stadt aus?«
    »Der Schienenverkehr ist eingestellt, die Ausfallstraßen sind gesperrt, mit dem Flughafen Arlanda warten sie noch. Heute Abend gehen nicht mehr so viele Flugzeuge. Wir haben Leute auf dem Weg zum Hauptbahnhof, zur Autobahn, überall.«
    Schymans Frau küsste ihn leicht auf die Wange, erhob sich und verließ das Zimmer. Pedro Almodóvars
Frauen am Rande des Nervenzusammenbruchs
ereilte eine unbestimmte Zukunft.
    »Hat die Polizei was durchblicken lassen?«, fragte Anders Schyman. »Terrorismus, Fanatiker, gab es etwas Heißes?«
    »Sie haben eine Pressekonferenz angekündigt, aber nicht vor ein Uhr.«
    Im Hintergrund wurde etwas gerufen, und Jansson legte den Hörer einen Augenblick zur Seite.
    »Also«, sagte er, als er wieder dran war, »jetzt ist hier echt was los. Ich würde gern schnell ein paar Punkte klären: Auf wie viele Seiten sollen wir gehen? Können wir ein paar Anzeigen canceln? Wen sollten wir Ihrer Meinung nach für Seite eins anrufen?«
    Die Dunkelheit vor dem Wohnzimmerfenster des Chefredakteurs war undurchdringlich. Er sah sein Spiegelbild in der Scheibe und hörte seine Frau in der Küche abspülen.
    Ich werde langsam alt, dachte er. Ich würde den Abend lieber mit Antonio Banderas und Carmen Maura verbringen.
    »Ich bin unterwegs«, sagte er.
    Jansson legte ohne ein weiteres Wort auf.
    Schymans Frau stand an der Anrichte und machte eine Tasse Tee. Als sie seine Hände auf den Schultern spürte, drehte sie sich um und küsste ihn.
    »Wer ist tot?«, fragte sie.
    »Weiß nicht«, flüsterte er.
    »Weck mich, wenn du zurück bist«, sagte sie. »Trag das nicht allein mit dir herum.«
    Er nickte an ihrem Hals.
    Das Kätzchen legte einen höheren Gang ein und gab vorsichtig Gas. Das kleine Motorrad schnurrte aufmunternd, das Scheinwerferlicht spielte auf der Schotterstraße. Das hier war wirklich verdammt einfach.
    Sie wusste, dass dieses Überlegenheitsgefühl nicht gut war, es erhöhte das Risiko der Nachlässigkeit. Aber in diesem Fall gab es keine weiteren Hürden. Der Rest war
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