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Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen

Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen

Titel: Noah & Echo - Liebe kennt keine Grenzen
Autoren: Katie McGarry
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bewirbt. Außerdem ist ›über dem Durchschnitt‹ für mich nicht akzeptabel. Für meine Tochter kommt nur ›erstklassig‹ infrage.« Mein Vater redete in einem Tonfall, als wäre er der liebe Gott. Fehlte nur noch, dass er hinzufügte:
So steht es geschrieben, und so soll es sein
. Ich stützte den Ellbogen auf die Armlehne und hielt mir die Hand vors Gesicht.
    »Ich verstehe, Mr Emerson«, sagte Mrs Collins in so verständnisvollem Ton, dass es mich ärgerte. »Aber Echos Englisch-Ergebnisse sind so gut wie perfekt …«
    An der Stelle klinkte ich mich aus. Diese Auseinandersetzung hatte mein Vater auch schon mit meiner Vertrauenslehrerin aus der Zehnten und Elften geführt, als ich die Eignungstests zum ersten Mal ablegte. Meine damalige Lehrerin hatte irgendwann verstanden, dass mein Vater immer das letzte Wort haben musste, und nach der ersten Runde aufgegeben.
    Die Testergebnisse waren sowieso meine geringste Sorge. Ich zermarterte mir vielmehr das Hirn, wie ich Geld auftreiben könnte, um Aires’ Auto reparieren zu lassen. Bei dem Thema stellte sich mein Vater stur. Er beharrte darauf, dass wir den Wagen verkaufen sollten.
    »Echo, bist du zufrieden mit deinen Ergebnissen?«, fragte Mrs Collins.
    Durch meine roten Locken hindurch, die mir ins Gesicht gefallen waren, schaute ich Mrs Collins an. Die letzte Therapeutin hatte unsere Familienhierarchie durchschaut und ausschließlich mit meinem Vater gesprochen. »Wie bitte?«
    »Bist du zufrieden mit den Ergebnissen in deinen ACT - und SAT-T ests? Oder willst du die Tests noch einmal schreiben?« Sie faltete die Hände und legte sie auf meiner Akte ab. »Willst du dich noch bei anderen Hochschulen bewerben?«
    Mein Blick wanderte zu den müden grauen Augen meines Vaters hinüber. Mal sehen. Die Tests noch einmal zu schreiben würde bedeuten, dass mir mein Vater pausenlos im Genick hing und mich zum Lernen antrieb, dass ich einen Samstagvormittag für den Test komplett in den Wind schießen konnte und dann wochenlang wegen der Ergebnisse auf Kohlen sitzen würde. Und mich noch bei anderen Unis bewerben? Dann lieber die Tests noch einmal schreiben. »Eigentlich nicht.«
    Die tiefen Sorgenfalten um seine Augen und Lippen wurden noch tiefer. Falsche Strategie. »Mein Dad hat recht. Ich sollte die Tests noch mal schreiben.«
    Mrs Collins kritzelte etwas mit Kuli in meine Akte. Dass ich ein Autoritätsproblem hatte, dürfte allerdings auch meiner Betreuerin vom Jugendamt und vorigen Therapeutin nicht entgangen sein. Wozu also nochmals aufschreiben, was sowieso schon da drinstand?
    Ashley kam wieder ins Zimmer und ließ sich auf ihren Stuhl sinken. »Habe ich was verpasst?« Ich hatte tatsächlich komplett vergessen, dass es sie auch noch gab. Wenn das doch bloß meinem Vater mal passieren würde.
    »Nein«, sagte Dad.
    Mrs Collins legte ihren Stift weg. »Frag bitte Mrs Marcos nach den nächsten Testterminen. Wo ich hier schon mal die Rolle der Vertrauenslehrerin übernehme, würde ich gerne noch deinen Stundenplan fürs nächste Halbjahr mit dir besprechen. Du hast dir lauter Wirtschaftskurse in deine Freistunden gelegt. Dürfte ich fragen, weshalb?«
    Die ehrliche Antwort – »Weil mein Vater das so will« – hätte wohl eine Reihe von Leuten in diesem Raum irritiert, und so improvisierte ich ein wenig. »Es ist eine gute Vorbereitung aufs College.« Wow. Ich sagte das mit ungefähr so viel Enthusiasmus wie eine Sechsjährige, die auf ihre Grippeimpfung wartet. Nicht gerade ein kluger Schachzug von mir. Mein Vater rutschte auf seinem Stuhl herum und seufzte tief. Ich überlegte, ob ich mir eine andere Antwort einfallen lassen sollte, aber wahrscheinlich hätte die auch nicht begeisterter geklungen.
    Mrs Collins las in meiner Akte. »Du hast enormes Talent im Kunstunterricht gezeigt. Ich will ja nicht gleich vorschlagen, dass du deine ganzen Wirtschaftskurse streichst, aber du könntest doch wenigstens einen weglassen und dafür einen Kurs in Zeichnen belegen.«
    »Nein«, kam es in unerbittlichem Ton von meinem Vater. Er beugte den Oberkörper ein wenig nach vorn und legte die Fingerspitzen aneinander. »Echo wird auf keinen Fall Kunstunterricht belegen, ist das klar?«
    Das musste ich Mrs Collins lassen: Sie zuckte nicht mal mit der Wimper, bevor sie klein beigab. »Glasklar.«
    »Gut, dann hätten wir das ja geklärt.« Ashley versuchte aufzustehen. »Ich habe versehentlich meinen Termin beim Gynäkologen auf heute gelegt. Vielleicht erfahren wir
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