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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht
Autoren: Mary Higgins Clark
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dachte sie eine Viertelstunde später, als Richards ruhig und mit unaufdringlichem Sachverstand die authentischen Fälle in seinem Buch erörterte. Sie nickte zustimmend, als er sagte: »Wenn ein Mensch verschwindet – ich spreche selbstverständlich von Erwachsenen, nicht von Kindern –, stellen sich die Behörden zunächst die Frage, ob er aus eigenem Antrieb verschwunden ist. Wie Sie wissen, Susan, beschließen jährlich erstaunlich viele Menschen aus heiterem Himmel, nicht mehr nach Hause zurückzukehren und ein völlig neues Leben anzufangen.
    Normalerweise sind Ehekrisen oder finanzielle Probleme der Grund, und ich halte das für ein ziemlich feiges Davonstehlen – aber es kommt vor. Von den jeweiligen konkreten Umständen mal abgesehen, ist der erste Schritt, um einen Vermißten aufzuspüren, die Überprüfung seiner Kreditkarten.«

    »Ob sie entweder von ihm oder von einer Person, die sie gestohlen hat, belastet werden«, warf Susan ein.
    »Richtig«, sagte Richards. »Liegt ein freiwilliges Verschwinden vor, stellen wir in der Regel fest, daß der Betroffene das, worunter er oder sie litt, schlicht keinen Tag länger ertragen konnte. Diese Art des Verschwindens kommt im Grunde einem Hilferuf gleich. In einigen Fällen ist das Verschwinden natürlich nicht freiwillig; manchmal steckt ein Verbrechen dahinter. Aber das ist nicht immer leicht zu entscheiden. Es ist zum Beispiel sehr schwierig, jemanden des Mordes zu überführen, wenn keine Leiche gefunden wurde. Die Täter, die ohne Verurteilung davonkommen, haben ihre Opfer zumeist so gründlich beseitigt, daß ihr Tod nicht zweifelsfrei festgestellt werden kann. Zum Beispiel …«
    Sie diskutierten über mehrere ungeklärte Fälle, die er in seinem Buch behandelt hatte. Die vermißten Frauen waren nie gefunden worden. Dann sagte Susan: »Noch einmal zur Erinnerung für meine Zuhörer – wir sprechen mit Dr. Donald Richards, Kriminologe, Psychiater und Autor des Titels Verschwundene Frauen, eine faszinierende, leicht zugängliche Sammlung von Fallgeschichten über Frauen, die alle in den letzten zehn Jahren verschwunden sind. Und nun, Dr. Richards, wüßte ich gern Ihre Meinung zu einem Fall, den Sie nicht in ihrem Buch behandeln –
    dem Fall Regina Clausen. Lassen Sie mich unseren Zuhörern zunächst die Umstände des Verschwindens dieser Frau schildern.«
    Susan brauchte nicht auf ihre Notizen zurückzugreifen.
    »Regina Clausen war eine hochangesehene Anlageberaterin bei Lang Taylor Securities. Zum Zeitpunkt ihres Verschwindens war sie dreiundvierzig Jahre alt. Ihren Bekannten zufolge gab sie sich privat stets sehr zurückhaltend. Sie lebte allein und verbrachte ihren Urlaub gewöhnlich zusammen mit ihrer Mutter. Vor drei Jahren erholte sich ihre Mutter gerade von einem Knöchelbruch, daher buchte Regina Clausen auf eigene Faust eine Teilroute der Weltumrundung des Luxusliners Gabrielle. Sie ging in Perth an Bord und hatte vor, nach Bali, Hongkong, Taiwan und Japan mitzufahren und in Honolulu das Schiff zu verlassen. Statt dessen ging sie in Hongkong von Bord; sie sagte, sie wolle sich dort ein wenig länger aufhalten und in Japan wieder auf die Gabrielle zurückkehren. Da erfahrene Schiffsreisende ihre Route regelmäßig auf diese Weise ändern, erregte ihr Plan keinerlei Aufsehen. Regina ging mit nur einem Koffer und einer Tragetasche von Bord und soll guter Stimmung gewesen sein, sogar einen glücklichen Eindruck gemacht haben. Sie nahm ein Taxi zum Peninsula Hotel, meldete sich dort an, deponierte ihr Gepäck in ihrem Zimmer und verließ das Hotel gleich darauf wieder. Von da an wurde sie nicht mehr gesehen.
    Dr. Richards, was würden Sie als erstes unternehmen, wenn Sie zu diesem Fall ermitteln sollten?«
    »Ich würde mir die Passagierliste geben lassen, um nachzusehen, ob noch eine andere Person Vorkehrungen traf, in Hongkong zu bleiben«, antwortete Richards sofort.
    »Außerdem würde ich mich erkundigen, ob sie auf dem Schiff Anrufe oder Faxe erhielt. Das Kommunikationsbüro müßte über entsprechende Aufzeichnungen verfügen. Dann würde ich die übrigen Passagiere befragen, ob ihnen vielleicht aufgefallen ist, daß sie sich an Bord mit jemandem, vor allem mit einem alleinreisenden Mann, angefreundet hatte.«
    Richards hielt inne. »Das wäre erst der Anfang.«
    »All das hat man getan«, sagte Susan zu ihm. »Die Schiffahrtsgesellschaft, Privatdetektive sowie die Behörden von Hongkong haben gründliche Nachforschungen angestellt. Vor
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