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Nimm dich in acht

Nimm dich in acht

Titel: Nimm dich in acht
Autoren: Mary Higgins Clark
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entschieden ablehnen.«
    Susan preßte die Lippen zusammen, um die scharfe Antwort zu unterdrücken, die ihr auf der Zunge lag. Als sie sprach, klang ihre Stimme kalt, jedoch gelassen.
    »Mr. Layton, Sie haben selbst den Grund genannt, warum der Fall unbedingt im Radio erörtert werden sollte.
    Zweifellos ist es unendlich viel schlimmer für Mrs. Clausen, sich Tag für Tag fragen zu müssen, ob ihre Tochter noch am Leben ist und irgendwo Folterqualen erleidet, als definitiv zu wissen, was aus ihr geworden ist.
    Wie man hört, konnten weder die Polizei von Hongkong noch die Privatdetektive, die Mrs. Clausen engagiert hat, einen Hinweis auf Reginas Verbleib finden, nachdem sie von Bord gegangen war. Man kann meine Sendung in fünf Bundesstaaten empfangen. Die Chance ist sehr gering, das weiß ich wohl, aber vielleicht hört ja doch jemand zu, der damals auf der Gabrielle mitfuhr oder sich zur gleichen Zeit in Hongkong aufhielt. Und vielleicht ruft derjenige oder diejenige an, um uns einen Tip zu geben. Womöglich hat jemand Regina gesehen, nachdem sie die Gabrielle verlassen hatte. Schließlich war sie regelmäßig auf CNBC
    zu sehen, und manche Menschen haben ein ausgezeichnetes Personengedächtnis.«
    Ohne ihm Gelegenheit zu einer Antwort zu geben, legte Susan auf. Sie beugte sich vor und schaltete das Radio ein.
    Für die heutige Sendung hatte sie Vorschauen zu ihrem Gast und dem Fall Clausen vorbereitet, die bereits am Freitag gesendet worden waren. Jed Geany, ihr Produzent, hatte versprochen, daß der Sender sie heute morgen noch einmal ausstrahlen würde. Hoffentlich hatte er es nicht vergessen.
    Zwanzig Minuten später, als sie gerade die Schulzeugnisse eines siebzehnjährigen Patienten inspizierte, lief die erste Vorschau. Dann halten wir uns mal die Daumen, daß jemand zuhört, der etwas über den Fall weiß, dachte sie.

    2
    Es war reiner Zufall, daß er am Freitag sein Autoradio auf den Sender der Talkshow eingestellt hatte, sonst hätte er die Vorschau verpaßt. Es herrschte zäher Verkehr, und er hörte nur mit halbem Ohr hin. Doch als der Name Regina Clausen fiel, drehte er die Lautstärke auf und war voll konzentriert.
    Nicht, daß es einen Grund zur Besorgnis gab. Das versicherte er sich immer wieder. Schließlich war Regina diejenige gewesen, die sich am schnellsten, am bereitwilligsten von allen seinen Plänen gefügt hatte; sie war rückhaltlos einverstanden gewesen, als er sagte, niemand dürfe etwas von ihrer Romanze auf See merken.
    Wie immer hatte er jede erdenkliche
    Vorsichtsmaßnahme getroffen. Oder doch nicht?
    Am Montag morgen, als er die Vorschau erneut im Radio hörte, kamen ihm Zweifel. Beim nächsten Mal würde er ganz besonders vorsichtig sein. Aber das nächste Mal würde ja auch das letzte Mal sein. Bis jetzt waren es vier. Eine fehlte noch. Er würde sie nächste Woche auswählen, und wenn sie erst ihm gehörte, wäre seine Mission erfüllt und er würde endlich Frieden finden.
    Selbstverständlich hatte er keinen Fehler gemacht.
    Niemand würde ihn aufhalten können. Aufgebracht lauschte er der herzlichen, aufmunternden Stimme von Dr. Susan Chandler: »Regina Clausen war eine namhafte Anlageberaterin. Sie war Tochter, Freundin und eine sehr großzügige Sponsorin zahlreicher karitativer Stiftungen. In meiner heutigen Sendung wollen wir über ihr Verschwinden sprechen. Wir möchten das Geheimnis lüften. Vielleicht können Sie uns dabei helfen. Schalten Sie also ein.«
    Er schaltete das Radio schnell aus. »Liebe Dr. Susan«, sagte er laut, »laß die Finger von dieser Sache, und zwar sofort. Es ist nicht deine Angelegenheit. Und ich warne dich – wenn du mich zwingst, dich zu meiner Angelegenheit zu machen, sind deine Tage gezählt.«

    3
    Dr.
    Donald Richards, der Autor von Verschwundene Frauen und damit ihr heutiger Gast, wartete bereits im Studio, als Susan dort ankam. Er war etwa Ende Dreißig, groß und dünn und hatte blaue Augen und dunkelbraunes Haar. Als er aufstand, um sie zu begrüßen, nahm er seine Lesebrille ab. Freundlich lächelnd schüttelte er ihre Hand.
    »Dr. Chandler, ich muß Sie warnen. Es ist mein erstes Buch. Ich bin ein Neuling im Werbezirkus und deshalb ziemlich nervös. Versprechen Sie, mich zu retten, wenn ich keinen Ton mehr herausbringe?«
    Susan lachte. »Dr.
    Richards, ich heiße Susan, und
    vergessen Sie das Mikrofon einfach. Tun Sie so, als wären wir Nachbarn, die am Gartenzaun miteinander plaudern.«
    Wollte er mich auf den Arm nehmen, oder was?
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