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Night World - Retter der Nacht

Titel: Night World - Retter der Nacht
Autoren: Lisa J. Smith
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James nachdenklich an. »Ich hätte lieber eine Mutter wie deine. Meine macht sich immer Sorgen und versucht, mich zu verhätscheln.«
    »Und meiner ist es völlig egal, ob ich komme oder gehe. Also, was ist schlimmer?«, fragte James trocken.
    »Deine Eltern haben dir eine eigene Wohnung erlaubt.«
    »In einem Gebäude, das ihnen gehört. Weil das billiger ist, als einen Hausmeister einzustellen.« Er schüttelte den Kopf und konzentrierte sich auf die CD, die er in den CD-Player steckte. »Mach deine Eltern nicht schlechter, als sie sind, Honey. Du hast mehr Glück, als du denkst.«

    Poppy dachte über seine Worte nach, während die CD begann. Sie und James liebten Trance-Stücke. Sie hatten den elektronischen Underground-Sound, der ursprünglich aus Europa kam, für sich entdeckt - auch wenn er eigentlich längst nicht mehr »in« war. James mochte daran den Technobeat, und Poppy gefiel er vor allem auch, weil es sich dabei um Musik handelte, die von DJs gespielt wurde, von Leuten mit Leidenschaft, die nicht unbedingt viel Geld hatten.
    Außerdem vermittelte die Musik anderer Länder Poppy das Gefühl, Teil dieser Kulturen zu sein. Sie mochte ihre Fremdheit, ihr Anderssein.
    Wenn man es recht bedachte, war das auch vielleicht der Grund, warum sie sich so zu James hingezogen fühlte. Weil er anders war. Sie neigte den Kopf leicht, um ihn anzuschauen, während der rhythmische Technoklang von Burundi-Trommeln das Zimmer erfüllte.
    Sie kannte James besser, als ihn irgendjemand sonst kannte, aber da war immer etwas an ihm, das selbst ihr verborgen blieb. Etwas in seinem tiefsten Inneren, das niemand erreichen konnte.
    Andere hielten es für Arroganz, Kälte oder Überheblichkeit, aber damit irrten sie sich. Es war nur einfach die Sache, dass er anders war. Immer wieder hatte Poppy das Gefühl gehabt, fast den Finger darauf legen zu können, aber es war ihr immer wieder entglitten. Und mehr
als einmal, besonders spät in der Nacht, wenn sie Musik hörten oder aufs Meer hinausschauten, hatte sie gespürt, dass er es ihr erzählen wollte.
    Sie wusste, dass es etwas sehr Wichtiges sein musste, etwas so Schockierendes und Schönes zugleich, als würde plötzlich eine Katze mit ihr reden.
    Sie sah ihn immer noch an, sein klar geschnittenes Profil und die braunen Locken, die ihm in die Stirn fielen. Er sieht traurig aus, dachte sie.
    »Jamie, es ist doch nichts passiert, oder? Ich meine, zu Hause oder so?« Sie war die Einzige auf diesem Planeten, die ihn Jamie nennen durfte. Nicht einmal Jackie oder Marylyn hatten das jemals gewagt.
    »Was soll denn zu Hause groß passiert sein?«, fragte er mit einem Lächeln, das seine Augen nicht ganz erreichte. Dann schüttelte er abwehrend den Kopf. »Mach dir keine Sorgen, Poppy. Es ist nichts Wichtiges - nur ein Verwandter, der seinen Besuch angedroht hat. Ein Verwandter, der ziemlich nervt.« Dann wanderte das Lächeln doch noch mit einem Glitzern in seine Augen. »Oder, vielleicht mache ich mir ja Sorgen um dich«, fügte er hinzu.
    Poppy wollte schon antworten: »Na klar!«, stattdessen hörte sie sich seltsamerweise fragen: »Wirklich?«
    Der Ernst, mit dem sie die Frage stellte, schien ihn an etwas zu erinnern. Er lächelte nicht mehr, und Poppy merkte, dass sie sich plötzlich ganz still ansahen. Sie
schauten einander tief in die Augen. James wirkte unsicher, fast verletzlich.
    »Poppy …«
    Sie schluckte. »Ja?«
    Er öffnete den Mund, dann wandte er sich abrupt ab und regelte die Lautstärke. Als er sich wieder umdrehte, waren seine grauen Augen dunkel und unergründlich.
    »Klar, wenn du wirklich krank wärest, würde ich mir Sorgen machen«, sagte er leichthin. »Dafür sind Freunde doch da, oder?«
    Poppy war mit einem Schlag ernüchtert. »Stimmt«, antwortete sie nachdenklich, dann lächelte sie ihn entschlossen an.
    »Aber du bist nicht krank«, fuhr er fort. »Es ist nur etwas, das du behandeln lassen musst. Der Arzt wird dir wahrscheinlich ein Antibiotikum verschreiben und dir eine Spritze geben - mit einer großen Nadel«, fügte er boshaft hinzu.
    »Ach, halt die Klappe«, antwortete Poppy. Er wusste, dass sie Angst vor Spritzen hatte. Schon allein die Vorstellung von der Nadel unter ihrer Haut …
    »Da kommt deine Mutter.« James schaute zur Tür, die einen Spaltbreit offen stand. Poppy konnte sich nicht erklären, wie er gehört hatte, dass jemand kam. Die Musik war laut, und auf dem Flur lag ein dicker Teppichboden. Aber einen Moment später stieß ihre Mutter
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