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Nigger Heaven - Roman

Nigger Heaven - Roman

Titel: Nigger Heaven - Roman
Autoren: Walde + Graf Verlag
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finde, es ist ein wahrer Nigger-Himmel!« Auf dem Tanzboden fing ein hellhäutiges Mädchen in roter Seide, die mit bronzefarbenen Paillettenblumen bestickt war, zu singen an:
    Mah daddy rocks me with one steady roll;
Dere ain’ no slippin’ when he once takes hol’…
    [Mein Schatz, der schiebt mich stutig hin und her; / Hat er mich fest im Griff, dann gibt’s kein Halten mehr …]
    Der Creeper schlürfte nachdenklich seinen Gin.

Erstes Buch
MARY
    Kapitel 1 Mary Love zog die Tür behutsam hinter sich zu, um den ohrenbetäubenden Lärm der Band zu dämpfen, die im unteren Stockwerk spielte, durchquerte das Zimmer und zögerte vor dem offenen Fenster. Am liebsten hätte sie geweint, und die salzige Brise, die vom Meer her wehte, war ihr eine Erleichterung. Als sie die Einladung angenommen hatte, das Wochenende bei Adora Boniface zu verbringen, hatte sie nicht richtig bedacht, in welche Situation sie ihre Zusage bringen würde.
    Sie hatte Leute getroffen – und sie hätte dies eigentlich wissen müssen –, die so gar nicht nach ihrem Geschmack waren. Adora hatte in ihrem früheren Leben als Bühnenstar und nachdem sie dann reich geheiratet hatte, einen Kreis von Leuten um sich gesammelt – und geduldet –, zu denen Individuen gehörten, die zu der guten Gesellschaft Harlems niemals Zugang gefunden hätten. Zum Beispiel Randolph Pettijohn, der Bolito-King. Adora hatte ihn wahrcheinlich eingeladen, weil er reich und gutmütig war. Mary gestand ihm seinen Wohlstand und seine Gutmütigkeit zu. Sie versuchte sogar, kein Snob zu sein, wenn sie daran dachte, wie er zu seinem Vermögen gekommen war. Hotdogs, Kabaretts und sogar Glücksspiel hatten zweifellos ihren Zweck im Leben, obgleich sie das in Harlem äußerst beliebte Nummernspiel nicht billigen konnte, weil es – wenn man die durchschnittlichen Gewinne betrachtete – gezielt und eigentlich auch herzlos eine Schwäche der ungebildeten Schichten ihrer Rasse ansprach. Es war aber eigentlich nicht so sehr Pettijohns Vergangenheit, die Marys Missfallen erregte, sondern seine unerfreuliche Angewohnheit, ihr auf Treppenabsätzen nachzustellen, sie in abgeschiedene Gartenwinkel und hinter die Tannenhecken zu verfolgen. Marys einschlägige Erfahrungen waren bislang nicht dergestalt gewesen, dass sie auf leichte Art diesen unwillkommenen Avancen hätte begegnen können. Sogar in diesem Augenblick beunruhigte sie der Gedanke, dass Randolph es wagen könnte, ihr in Adoras Schlafzimmer zu folgen.
    Es war ihr klar, dass weder Adora noch ihre Gäste ein solches Verhalten mit Missbilligung betrachteten. Sylvia Hawthorne war ganz offensichtlich nur gekommen, um ihr mehr oder weniger heimliches Verhältnis mit Rumsey Meadows unter Auspizien auszuleben, die sie nicht allzu sehr kompromittierten, sei es nun in den Augen ihres Gatten oder bei der besseren Harlemer Gesellschaft, zu der sie gehörte. Die anderen hatten sich zum großen Teil paarweise zurückgezogen. Kam man an einem Zimmer vorbei, in dem ein Paar war, hörte man meistens kein gesprochenes Wort. Was Adora selbst betraf, so war klar, dass sie sich heute für Alcester Parker entschieden hatte, aber irgendwie fühlte Mary, dass sie Adora alles verzeihen konnte.
    Mary wusste alles über Adora, und sie mochte sie trotzdem seit langem. Adoras zurückliegende herausragende Bühnenkarriere, die für eine Frau ihrer Rasse zu Beginn des Jahrhunderts selten gewesen war, hatte ihr schon eine sichere gesellschaftliche Stellung verschafft, noch bevor sie den reichen Grundstücksmakler heiratete, der durch die Wertsteigerung des Harlemer Bodens nach seinem Tod der Witwe ein Vermögen hinterließ, das in der neuen Gemeinde seinesgleichen suchte. In vielen Kreisen wurde sie mit Stirnrunzeln angesehen, in anderen nicht allzu begeistert empfangen, und natürlich wurde sie in keinem Sinn des Wortes von der alten und exklusiven Gesellschaft in Brooklyn akzeptiert, aber Adora war dennoch eine Erscheinung, die nicht ignoriert werden konnte. Sie war dafür zu wohlhabend, zu wichtig, zu einflussreich. Zwar war sie nicht gerade für eine überschwängliche Wohltätigkeit der eigenen Rasse gegenüber bekannt, andererseits konnte man gelegentlich auf sie rechnen, wenn ein Krankenhaus Unterstützung brauchte oder wenn bei negerfeindlichen Ausschreitungen in irgendeiner Stadt ein Abwehr-Fonds vonnöten war. Sie war unleugbar warmherzig, amüsant auf ihre offenherzige Art und sogar schön auf eine königliche, afrikanische Weise, die sie von
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