Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nichts

Nichts

Titel: Nichts
Autoren: Ben Louis
Vom Netzwerk:
in Zeitlupe dem Abgrund entgegendrängt, beinahe als wolle es ihm bewusst aus dem Weg gehen. Verschwindet völlig, exakt in jenem Moment, als er sich von ihrer Haut ablöst und mit brachialer Gewalt auf den Boden zu schlagen scheint. Sinne schwinden. Bisher zum Beobachter verdammt, weckt mich nun eine ohrenbetäubende und brüllende Explosion aus meiner Ohnmacht. Wie ein Zug, der in voller Fahrt strauchelt und gegen einen massiven Brückenpfeiler rast, zerplatzt die flüssige Perle in alle Himmelsrichtungen. Leid. Unbegreiflicher Schmerz bohrt sich in mein Herz und zerstört erneut. Finsternis. Nichts. Für eine gefühlte Ewigkeit nichts.
     
    Als mich ein dumpfes Bewusstsein ergreift, dränge ich vor. Gegen die Fluten, das fauchen der Wellen. Will Julie berühren, endlich meine Liebe festhalten. Wie gelähmt aber meine Bewegungen. Zentnergewichte auf den scheinbar blockierten Schultern. Schmerzen. Unbeschreibliche Drangsal will mich hindern. Endlich stehe ich neben ihr, sinke zu Boden. Versuche den zweiten Tropfen zu erreichen, der seinem Gefährten direkt folgen will. Mehr und mehr Tropfen vereinigen sich. Ich kann sie erreichen, doch unmöglich halten. Nicht halten. Sie rinnen durch meine zitternden Finger - Julie rinnt durch meine Hände - wie salziges Blut.
        Ihre ängstlichen Augen flehen mich an: Hilf mir! Furcht; wir beide leiden unbeschreibliche Angst. Es darf nicht sein. Wir weinen vor Kummer. Das Brausen verstärkt sich, betäubt langsam meine Ohren. Was muss ich nur tun? Oh Gott, hilf mir. Kann sie nicht halten. Meine Schuld. Alles meine Schuld. Wasser, literweise Wasser überflutet meine Hände, den Boden, das Zimmer. Versuche es festzuhalten. Irgendwie aufzufangen. Julie! Ich schreie ihren Namen. Nein! Ich schaffe es nicht. Alles wird Eins. Dieses verfluchte Es . Meine Liebe, mein Leben zerfließt, als ob nie gewesen. Direkt vor meinen Augen. Ich fühle einen Rhythmus. Bumm. Bumm. Herzen schlagen, doch nicht mein eigenes. Kommen näher . Betreten die Welt gleichsam einer sich ausdehnenden Galaxie. Einem sich einspielenden Orchester, das nun, urplötzlich und wie aus dem Nichts, eine gewaltige Sinfonie der Klänge entfaltet. Bricht herein und nimmt. Nimmt Sie mit. Reißt alles fort...
       Finsternis. Nichts. Für eine gefühlte Ewigkeit nichts.
     Mein Herz sticht, zieht sich zusammen. Es entzündet, löst sich auf und zerspringt. Galaxien rasen an mir vorbei. Dazwischen liegen Jahrtausende. Sekunden. Ein Goon.
       Ich erwache in einem wundervollen Brodem, einem leuchtenden Hauch.
       „Erschaffe!“, höre ich diesen Dunst atmen.
       Da erscheint etwas weiteres großartig Zeitloses. Es pulsiert und hervor treten vier seltsame Kräfte, ideale Teilchen, die mich aufgeregt umringen, sich mir eigentümlich anbieten.
       „Lass es werden.“
       Ich fühle Wärme. Eine eigenartige Wohligkeit. Und urplötzlich einen kolossalen Blitz, der alles umschließt, einen großen Knall… 

Jetzt
     
     
     
     
    Meine Sinne erwachen.
       Ich fühle leichten Druck in der rechten Hand. Sie berührt irgendwas ebenes , glattes. Die Linke liegt völlig entspannt über ihr, doch ein Körper, ein Gegenstand scheint beide voneinander zu trennen. Der linke Daumen streift eine seltsam scharfe Kannte. Unsicher öffne ich vorsichtig meine Augen.
       Es gestalten sich die Finger meiner linken Hand. Sie liegen auf den weißen Seiten eines aufgeschlagenen Buches, nur wenige Zentimeter entfernt. Kann warmen Odem auf ihnen erahnen.
       Beruhigt entspanne ich mich, lasse meine Lider wieder fallen und lehne mich tief in den Sessel zurück, den ich nun in meinem Rücken zu spüren glaube. Atme durch. Vernehme gedämpfte, weit entfernte Geräusche, die ich ganz allmählich zu verständlichen Sätzen forme. Meine Sinne dehnen sich langsam aus.
       „Brian!“, glaube ich zu hören.
       „Brian, wir warten.“
       Erneut öffne ich die Augen.
       Mein Blick wandert nun durch einen erdfarbigen Raum. Er ist hell und lichtdurchflutet. Strahlend warm. Beinahe so, als ob ich eine seltsame Energie emittiere, die sich überall bricht. Vor mir ein Kamin, in dessen schwarzer Esse ein verkohlter Holzscheit und graue Asche auf regen Gebrauch hindeuten. Schräg daneben ein Fenster, dessen Holzjalousien, leicht schräg gestellt, die Strahlen der Sonne brechen und den ganzen Raum so in ein schimmerndes Mirakel formen.
       Draußen, nicht weit entfernt, spielt ein weißes Tuch im Wind, schwingt auf und ab.
      
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher