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Nicht so stuermisch Hannah

Nicht so stuermisch Hannah

Titel: Nicht so stuermisch Hannah
Autoren: Donna Clayton
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gesund, und sie wusste, schon deshalb ging es ihr weit besser als ihrer Schwester.
    Dennoch verwirrte es Hannah, als sie jetzt erfuhr, dass ihr Vater Tammy nicht in eine Anstalt gegeben hatte, wie man es ihr erzählt hatte, und dass er seiner jüngeren Tochter - im Gegensatz zu seiner älteren - gestattet hatte, zu Hause zu leben.
    Aus welchem Grunde? Wie konnte ein Vater die eine Tochter der anderen vorziehen?
    Tränen brannten in Hannahs Augen. Sie würde nicht weinen. Nicht vor diesem Fremden. Entschlossen atmete sie tief durch und verdrängte die chaotischen Gefühle.
    „Wer ist seit Bobby Rays Tod bei Tammy?" Hannah hörte, wie leise und unsicher ihre Stimme klang, und diese Schwäche war ihr äußerst unangenehm.
    „Niemand."
    Adams Antwort schockierte Hannah. „Das ist doch nicht möglich. Meine Schwester ist ... nicht wie andere. Sie ist ..." Hannah zögerte, zwang sich dann aber, sich deutlicher auszudrücken. „Sie ist zurückgeblieben."
    Vorwurfsvoll sah Adam Hannah aus seinen grauen Augen an. „Ich glaube, die korrekte Bezeichnung heutzutage wäre, geistig behindert'."
    Hannah fehlte, wie tiefe Röte ihr ins Gesicht stieg. „Nun, wie auch immer man das bezeichnen mag, Tammy sollte hier nicht allein leben. Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie in der Lage ist, für sich selbst zu sorgen."
    „Tammy hat viele Freunde", erklärte Adam. „Die Menschen hier kümmern sich um sie." Er neigte den Kopf zu einer Seite. „Ich glaube, Sie sollten sich ein wenig Zeit nehmen und Ihre Schwester erst kennen lernen, bevor Sie beginnen, wichtige Entscheidungen für das zukünftige Leben von Tammy zu treffen."
    Hannah straffte sich. Wenn sie einen Rat von Mr. Adam Roth wünschte, dann würde sie ihn schon darum bitten.
    „Zeit habe ich nur in sehr begrenztem Maße", erklärte sie steif. „Ich muss schnellstmöglich wieder nach New York zurück. Ich bin Krankenschwester, und mit größter Wahrscheinlichkeit werde ich demnächst zur jüngsten Stationsschwester in meinem Krankenhaus befördert." Auf einmal war es ihr jedoch peinlich, dass sie diesem Fremden gegenüber so viel über sich selbst, ihre Hoffnungen und ihre Träume preisgab. Aber er musste es wissen. Entschlossen hob sie das Kinn. „Vielleicht meinen Sie, das sei nicht so wichtig", fuhr sie fort. „Für mich ist es das jedoch. Sehr wichtig sogar. Ich erzähle Ihnen das nur, damit Sie verstehen, warum meine Zeit so knapp bemessen ist. Ich habe viel zu tun und sehr wenig Z..."
    „Nun, Sie hatten offensichtlich gerade Zeit genug, mich zu betrachten, als wäre ich ein hervorragendes Stück Roastbeef und Sie der Chefkoch."
    Hannah rang nach Luft. Ihre Augen weiteten sich. „So etwas würde ich nie tun!"
    „Miss Cavanaugh", unterbrach Adam sie erneut, „bitte gestatten Sie mir eine Frage. Wo ist Tammys Mutter? Sollte nicht sie diejenige sein, die Entscheidungen wegen des Hauses fällte? Immerhin haben wir die Briefe an sie adressiert."
    Hannah runzelte die Stirn. Sie fühlte sich von Adams direkter Ausdrucksweise angegriffen. Aber was er da gerade andeutete, erstaunte sie und ließ sie alle Peinlichkeit vergessen. „Briefe? Sie meinen, mehr als einer?"
    „Drei, um genau zu sein", erklärte Adam. „Seit Bobby Rays Tod haben wir alle acht bis zehn Tage einen geschickt. Hank Tillis und ich dachten schon ..."
    „Tillis." Hannah flüsterte den Namen vor sich hin, während sie über den vertrauten Klang grübelte. „Sie meinen den Anwalt Henry Tillis?"
    „Genau den meine ich. Für seine Freunde ist er einfach Hank."
    „Meine Mutter zeigte mir eine n Brief von ihm. Das Datum war vom letzten Montag."
    „Das muss Brief Nummer drei gewesen sein." Erneut blickte er Hannah vorwurfsvoll an.
    Meine Mutter erhält nacheinander drei Briefe, ohne etwas zu unternehmen? Hannah konnte es nicht glauben. Auf der anderen Seite schien es aber doch recht gut möglich...
    „Sehen Sie", begann Hannah, „meine Mutter ist eine sehr beschäftigte Frau. Sie ist Werbemanagerin. In New York City. Ihre Klienten brauchen sie. Sie rechnen mit ihr. Und sie lassen ihr keine Ruhe. Ihre Arbeit macht es ihr sehr schwer, die Stadt zu verlassen."
    In diesem Moment fühlte sich Hannah plötzlich in ihre Kindheit zurückversetzt. Sie erinnerte sich an unendlich viele peinliche Momente, in denen sie gezwungen war, ihren Lehrern, Chorleitern, Leitern der Pfadfindergruppe und sogar den Eltern ihrer Freunde die Abwesenheit ihrer Mutter zu erklären.
    Du bist jetzt dreißig Jahre alt, Hannah,
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