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Nicht so laut vor Jericho

Nicht so laut vor Jericho

Titel: Nicht so laut vor Jericho
Autoren: Ephraim Kishon
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bei mir ein:
    »Da Sie unsere ›letzte Mahnung vor Beschlagnahme‹ unbeachtet gelassen haben«, schrieb Seligson, »und da Ihre Steuerschuld im Betrag von Isr. Pfund 20.012.11 bis heute nicht beglichen ist, sehen wir uns gezwungen, die gesetzlichen Vorschriften betreffend Beschlagnahme und Verkauf Ihres beweglichen Eigentums in Anwendung zu bringen. Sollten Sie Ihre Schuld inzwischen beglichen haben, dann betrachten Sie diese Mitteilung als gegenstandslos.«
    Ich eilte zu Seligson.
    »Schon gut, schon gut«, beruhigte er mich. »Es ist nicht meine Schuld. Für Mitteilungen dieser Art ist der elektronische Computer in Jerusalem verantwortlich, und solche Mißgriffe passieren ihm immer wieder. Kümmern Sie sich nicht darum.«
    Soviel ich feststellen konnte, war die zuständige Stelle in Jerusalem vor ungefähr einem halben Jahr automatisiert worden, um mit der technischen Entwicklung Schritt zu halten. Seither besorgt der Computer die Arbeit von tausenden traurigen Ex-Beamten. Er hat nur einen einzigen Fehler, nämlich den, daß die Techniker in Jerusalem mit seiner Arbeitsweise noch nicht so recht vertraut sind und ihn gelegentlich mit falschen Daten füttern. Die Folge sind gewisse Verdauungsstörungen, wie eben im Fall der an mir vorgenommenen Hafenreparatur.
    Seligson versprach, das Mißverständnis ein für allemal aus der Welt zu schaffen. Sicherheitshalber schickte er noch in meiner Gegenwart ein Fernschreiben nach Jerusalem, des Inhalts, daß man die Sache bis auf weiteres ruhen lassen sollte, auf seine Verantwortung.
    Ich dankte ihm für diese noble Geste und begab mich in vorzüglicher Laune nach Hause.
    Am Montag vormittag wurde unser Kühlschrank abgeholt. Drei stämmige Staatsmöbelpacker wiesen einen von S. Seligson gezeichneten Pfändungsauftrag vor, packten den in unserem Klima unentbehrlichen Nutzgegenstand mit geübten Pranken und trugen ihn hinaus. Ich umhüpfte und umflatterte sie wie ein aufgescheuchter Truthahn:
    »Bin ich ein Fluß?« krähte ich. »Habe ich einen Hafen? Warum behandeln Sie mich als Fluß? Kann ein Fluß reden? Kann ein Fluß hüpfen?«
    Die drei Muskelprotze ließen sich nicht stören. Sie besaßen einen amtlichen Auftrag, und den führten sie durch.
    Auf dem Steueramt fand ich einen völlig niedergeschlagenen Seligson. Er hatte soeben aus Jerusalem eine erste Mahnung betreffend seine Steuerschuld von Isr. Pfund 20.012.11 für meine Reparaturen erhalten.
    »Der Computer«, erklärte er mir mit gebrochener Stimme, »hat offenbar die Worte ›auf meine Verantwortung‹ falsch analysiert. Sie haben mich in eine sehr unangenehme Situation gebracht, Herr Kishon. Das muß ich schon sagen!«
    Ich empfahl ihm, die Mitteilung als gegenstandslos zu betrachten – aber da kam ich schön an. Seligson wurde beinahe hysterisch:
    »Wen der Computer einmal in den Klauen hat, den läßt er nicht mehr los!« rief er und raufte sich das Haar. »Vor zwei Monaten hat der Protokollführer des parlamentarischen Exekutivausschusses vom Computer den Auftrag bekommen, seinen Stellvertreter zu exekutieren. Nur durch die persönliche Intervention des Justizministers wurde der Mann im letzten Augenblick gerettet. Man kann nicht genug aufpassen…«
    Ich beantragte, ein Taxi zu rufen und nach Jerusalem zu fahren, wo wir uns mit dem Computer aussprechen sollten, gewissermaßen von Mann zu Mann. Seligson winkte ab:
    »Er läßt nicht mit sich reden. Er ist viel zu beschäftigt. Neuerdings wird er sogar für die Wettervorhersage eingesetzt. Und für Traumanalysen.«
    Durch flehentliche Bitten brachte ich Seligson immerhin so weit, daß er den Magazinverwalter in Jaffa anwies, meinen Kühlschrank bis auf weiteres nicht zu verkaufen.
    Einer am Wochenende eingelangten »Zwischenbilanz betr. Steuerschuldenabdeckung« entnahm ich, daß mein Kühlschrank bei einer öffentlichen Versteigerung zum Preis von Isr. Pfund 19.– abgegangen war und daß meine Schuld sich nur noch auf Isr. Pfund 19.933.11 belief, die ich innerhalb von sieben Tagen zu bezahlen hatte. Sollte ich in der Zwischenzeit…
    Diesmal mußte ich in Seligsons Büro eine volle Stunde warten, ehe er keuchend ankam. Er war den ganzen Tag mit seinem Anwalt kreuz und quer durch Tel-Aviv gesaust, hatte seinen Kühlschrank auf den Namen seiner Frau überschreiben lassen und schwor mir zu, daß er nie wieder für irgend jemanden intervenieren würde, am allerwenigsten für einen Fluß.
    »Und was soll aus mir werden?« fragte ich.
    »Keine Ahnung«,
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