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Nibelungen 07 - Das Zauberband

Nibelungen 07 - Das Zauberband

Titel: Nibelungen 07 - Das Zauberband
Autoren: Jana Held
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voller Hingabe geschenkt hatten. Raban entsann sich wieder an die leblosen Augen eines jungen Mädchens bei Sonnenaufgang; sie war seinem Vater aus dem nahen Dorf gefolgt, um sich ihm voller Leidenschaft hinzugeben.
    Immer verwirrender wurden die Bilder in seinem Kopf. Er sah Antana vor sich, die Gefährtin seines Vaters, wie sie sich Pyros darbot; er sah, wie sie sich schlangenhaft unter seinen Händen wand, die immer neue kleine Wunden in ihre Haut rissen, um daran zu saugen, dann trank auch Antana das Blut seines Vaters.
    Raban blickte wieder auf die Wölfin. Sie schien ihren Durst gestillt zu haben. Mit einem leisen Knurren ließ sie von der Priesterin ab und legte sich neben die Frau, während der Mond langsam hinter den Bäumen verschwand.
    Raban wußte plötzlich sehr genau, daß er selbst Blut getrunken hatte. Unzählige Frauen hatte Pyros getötet, um sie ihm, seinem Sohn, zu bringen, damit er das Blut trank, das er für die Gunst der dunklen Göttin brauchen würde. All dies hatte Raban während der Zeit in Worms vergessen. Es war lange her.
    Mühsam richtete sich die Priesterin auf der Lichtung auf. Raban sah, daß die Beschwörung sie viel Kraft gekostet hatte. Ihre Haut war weiß geworden wie bei einer Toten; kaum vermochte sie den Kopf zu heben, und ihre Arme hingen blutig und leblos an ihr herab. Langsam stand sie auf. Ihr Rücken schien zu schmerzen. Gebückt taumelte sie an das gegenüberliegende Ende der Lichtung. Zwischen den Bäumen erkannte Raban eine weiße Stute, die er zuvor nicht bemerkt hatte. Kraftlos hielt die Priesterin sich eine Weile an dem Pferd fest, schöpfte Atem so gut es ging, bevor sie sich schwerfällig auf den Rücken des Tieres hinaufzog. Sie nahm die Zügel auf und verschwand, ohne sich umzudrehen, in der Dunkelheit zwischen den Bäumen.
    Die Wölfin lag derweil auf der Lichtung und schien zu warten. Raban überlegte. Die Feuerberge und das geheime unterirdische Schloß seiner Ahnen, das er dort insgeheim zu finden hoffte, konnten noch eine Weile warten. Dieses finstere Weib reizte ihn. Sie war anders als die Frauen in Worms, und sie verfügte offenbar über eine gewaltige Macht, wenn sie einen solchen Zauber wirken konnte. Er beschloß, mehr über sie herauszufinden.
    So lautlos, wie es ihm möglich war, kroch Raban aus seinem Versteck. Er ließ dabei seinen Umhang zurück, der sich mittlerweile hoffnungslos in den Ästen und Zweigen des Strauches verheddert hatte, und eilte auf den Pfad zu, den er gekommen war. Endlich entdeckte er nach einer Weile seinen Hengst zwischen den dunklen Bäumen und trat leise zu dem mächtigen Pferd. Sanft strich er über den breiten Hals unter der gewellten Mähne.
    Der Hengst schnaubte. Raban hob, von einer inneren Ahnung getrieben, den Kopf und blickte auf den dunklen Weg zurück. Einen Herzschlag lang glaubte er, die gelben Augen der Wölfin auf sich zu fühlen, doch da war nur wieder der Schatten eines Katers, der am Wegrand saß und ihn anschaute. Hastiger als gewöhnlich schwang Raban sich auf den breiten Rücken seines Pferdes und trieb es den unwegsamen Pfad durch den Wald. Er wollte die Spur der geheimnisvollen Priesterin nicht verlieren.
     

     
    Norwin warf einen Blick über das Lager. Es war ungewöhnlich ruhig in dieser Nacht. Die Männer schliefen. Sie hatten auf den Befehl der schwarzen Priesterin hin ihre Waffen poliert und sich in ihre Zelte zurückgezogen. Keiner der Krieger hatte es gewagt, den Wein anzurühren, den Inmee in ihrem Wagen reichlich mitgeführt hatte. Norwin atmete auf, fast hätte er sich der friedlichen Illusion hingeben können, es sei alles wieder in Ordnung. Keiner seiner Leute schlug mit dem Schwert auf einen Freund ein, keiner grölte herum oder peitschte ein Pferd, doch zu viel war in den vergangenen Nächten geschehen, als daß er es hätte vergessen können. Inmee hatte ihnen, bevor sie am Abend fortgeritten war, reiche Beute für den folgenden Tag versprochen und dafür eine kampfeskräftige Kriegerschaft gefordert. Die Männer gehorchten ihr.
    Der Krieger schaute zum Himmel hinauf. Er hatte es aufgegeben, herausfinden zu wollen, was die schwarze Priesterin vorhatte. Mitternacht war schon vorüber. Der rote Mond war weiter gezogen. Es blieb Norwin wahrscheinlich nicht mehr viel Zeit, bis Inmee zurückkam.
    Müde rieb er sich mit den Händen über die brennenden Augen. Morgen sollte am Wasserfall die neue Hüterin des Feuers geweiht werden, doch Inmee hatte offensichtlich andere Pläne. Sie hatte ihm
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