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Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)

Titel: Neumondkuss: Ein Vampirroman (German Edition)
Autoren: Patricia Schröder
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brach ab und ließ resigniert den Kopf auf die Brust sinken.
    »Willst du damit sagen, dass du im Alter von knapp dreizehn Jahren bereits schlüpfrige Gedanken hattest?«, fragte Jolin ungläubig.
    Rouben stöhnte tief. »Sehr schlüpfrige.«
    Jolin musste lachen. »Aber ich war vorne und hinten so platt wie eine Flunder!«
    Er drehte sich flüchtig zu ihr um, fing für den Bruchteil einer Sekunde ihren Blick ein und wandte sich sofort wieder dem Fenster zu. »Du warst einfach wunderschön«, sagte er leise und in einem Tonfall, der Jolin einen feinen Schauer über die Wirbelsäule jagte. »So zart. Und diese Anmut, mit der du dich bewegt hast. Deine Haare …«
    »… waren meistens ungekämmt.«
    »… dein Gesicht …«
    »Schmutzverschmiert!«
    »Deine Augen waren damals schon so groß, so klar und so wahnsinnig blau …«
    »Kinderaugen!«
    »Ich habe jede Nacht von dir geträumt. Dein Blick hat mich verfolgt. Dieses Blau. Und dann dein Lachen … vor allem aber dein Geruch.«
    »Mein Geruch?«
    Rouben schüttelte sich voller Widerwillen, als ob er die Erinnerung daran endlich loswerden wollte. »Er war un-er-träg-lich. Wenn meine Mutter mich nicht mit aller Macht abgehalten hätte, wäre ich über dich hergefallen.«
    »Und hättest mich … vergewaltigt ?«
    »Wo denkst du hin!«, rief er abwehrend. »Ich hätte dich geküsst.«
    »Was?«, hauchte Jolin. Einen Moment starrte sie fassungslos auf seinen Rücken, dann perlte ein Glucksen durch ihre Kehle. »Du hast recht«, sagte sie, während sie mühsam ein Kichern unterdrückte, »das hätte mir damals wahrscheinlich nicht besonders gut gefallen. Jetzt allerdings könntest du sogar über mich herfallen und ich …«
    »Ich hätte dir die Lippen blutig gebissen«, unterbrach Rouben sie heftig. »Ich hätte meine Nägel in dein Fleisch gebohrt und wahrscheinlich nicht einmal gemerkt, wie weh ich dir damit tue.«
    Jolin stieß einen Schwall Luft aus. »Hättest du mich getötet?«, fragte sie atemlos.
    Rouben zögerte mit seiner Antwort. »Ich weiß es nicht«, sagte er. »Ich weiß nur, dass ich dich wollte. Immer und immer und immer. Manchmal habe ich meine Mutter richtig dafür gehasst, dass sie mich in diese Siedlung gebracht hat, dass ich dich anschauen musste, Tag für Tag. Ich konnte ja nicht ahnen, dass du das Mädchen warst, das mich zu einem Menschen machen würde. Erst im letzten Herbst, als sie mich in deinen Jahrgang schickte, hat sie es mir gesagt.«
    »Das verstehe ich nicht«, erwiderte Jolin. »Mir gegenüber hat Ramalia nämlich behauptet, dass du von nichts eine Ahnung hättest.«
    »Von der Prophezeiung nicht, das stimmt«, gab Rouben zurück. »Ansonsten hat sie mir alles erzählt, aber immer nur so viel, wie unbedingt nötig war. Ich wusste von meinem Bruder, und ich wusste auch, dass sich nur einer von uns beiden in ein warmblütiges Wesen verwandeln konnte …«
    »Nicht einer von euch«, unterbrach Jolin ihn. »Der Prophezeiung nach war Vincent dazu auserwählt.«
    »Siehst du, das zum Beispiel hat Ramalia mir verschwiegen. Ich kannte diese verdammte Gesetzmäßigkeit nicht, sondern habe die ganze Zeit über so sehr gehofft, dass ich mir dieses Glück verdienen würde. Alles, was ich wollte, war, mit dir zusammen zu sein. Meine Mutter aber hat mir geradezu eingetrichtert, dass ich mich von dir fernzuhalten habe, solange ich in der Zwischenwelt des Zwielichts gefangen bin. Eigentlich hätte ich mich dir erst nach meiner Verwandlung in einen Menschen nähern dürfen.«
    »Hast du aber nicht«, sagte Jolin sanft.
    »Nein«, stieß Rouben hervor. »Die Vorstellung, dich nicht berühren zu dürfen, dir nicht sagen zu können, wie sehr ich dich begehre, hat mich fast um den Verstand gebracht. Als Klarisse mich dann ausgerechnet am 7. Dezember treffen wollte und ich feststellte, dass dies eine Neumondnacht war, erkannte ich meine Chance: Ich würde dich im Arm halten können, ohne dich zu verletzen. Aber das ist ein Irrtum gewesen«, fügte er bitter hinzu. »Ich kannte mich nicht wirklich aus mit dieser Seite meines Wesens, ich hatte einfach keine Ahnung, wie menschliche Gefühle tatsächlich funktionieren. Ich weiß, es klingt wie eine billige Entschuldigung, aber damals konnte ich absolut nicht einschätzen, wie sehr deine Seele hinterher leiden würde.«
    Jolin verzog das Gesicht. Die Erinnerung an den Morgen nach dieser unglaublichen Neumondnacht tat ihr immer noch weh. »Du bist so kalt und gleichgültig gewesen«, sagte sie
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