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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok
Autoren: Ralf Isau
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Einzelheiten erkennen, die er vorher nur mit seinen tastenden Händen wahrgenommen hatte.
    Er schaute zur Deckenöffnung hinauf und zuckte zusammen; das Licht stach ihm schmerzhaft in die Augen.
    Langsam erhob er sich und ging vorsichtig auf den Mittelpunkt des Raumes zu, um zu erforschen, was diese plötzliche Aufhellung im Innern der Höhle verursacht hatte. Er erwartete in das gleißende Licht der Sonne zu schauen, sah aber nur den gewohnten Wechsel von blauem Himmel und weißen Wolken – nur war alles heller als zuvor. Yonathan wusste nicht, warum es so war, aber es kam ihm gelegen.
    Gleichzeitig glaubte er, seit er den Stab in den Händen hielt, die Nähe von etwas Bedrohlichem wahrzunehmen, etwas, das es auf ihn abgesehen hatte. Es war höchste Zeit einen Weg nach draußen zu finden.
    Er wandte sich wieder der Stelle zu, wo er den Lufthauch gespürt hatte. Tatsächlich glaubte er jetzt, in knapp zehn Fuß Höhe eine dunkle Vertiefung zu erkennen. Schnell hatte er auch einige Wurzelschlingen und andere Haltepunkte entdeckt, die ihm den Aufstieg ermöglichen würden. Aber würde der Stab ihn nicht behindern? Er wollte ihn nicht in dem Loch zurücklassen. Er gehörte ans Licht, zu den Menschen, das wusste Yonathan.
    Er trat zwei Schritt zurück, wog noch einmal das Gewicht des Stabs in seinen Händen und warf ihn dann mit einem gut gezielten Schwung genau in das schwarze Loch hinein. Noch während das Wurfgeschoss durch die Luft flog, verdunkelte sich Yonathans Umgebung wieder wie vor der Entdeckung des seltsamen Stabes.
    Ein Kribbeln lief ihm den Rücken herab. Das war nicht nur ungewöhnlich, das war unheimlich. Konnte der Stab etwas mit dem Dämmerlicht zu tun haben, das eben so jäh verschwunden war?
    Zwar sah Yonathan jetzt nichts mehr, aber es bereitete ihm keine Schwierigkeiten die Wurzelschlingen und Felsvorsprünge wiederzufinden, die sich seinem Gedächtnis eingeprägt hatten. Er zog sich in den Tunnel hinein und suchte dort auf allen vieren kriechend nach dem Stab.
    Diesmal war er vorbereitet. Sobald er den Stecken in seiner rechten Hand fühlte, verwandelte sich das Nichts in graues Dämmerlicht. Aufmerksam konzentrierte er alle Sinne auf die neue Umgebung. Und wirklich, da lag ein Gang direkt vor ihm! Aus der Tiefe des Höhlenganges stieg ein feuchter unangenehmer Geruch herauf. Er hörte weit entferntes Tropfen.
    Doch da war noch etwas. Yonathan konnte es weder sehen noch hören. Aber es war da! Etwas Unheilvolles, das irgendwo in dem Dunkel vor ihm lauerte.
    Wer hatte die so auffällig runde Höhle geschaffen, der er soeben entstiegen war? Und wie war dieser Gang entstanden, dem er sich nun anvertrauen musste? Der Fußboden war fast eben, die Wände ragten rechts und links senkrecht empor und die Decke war bogenförmig ausgearbeitet – bestimmt kein Werk des Zufalls.
    Der Gang neigte sich nun leicht nach unten, blieb aber in seiner Höhe von etwa sechs Fuß unverändert, sodass Yonathan darin aufrecht gehen konnte. Hinter der ersten Biegung konnte er etwas weiter den Tunnel hinabblicken. Seine Rechte klammerte sich fester um das eigenartig warme Holz des Stabes. Immer stärker fühlte er die Gegenwart von etwas Anderem. Etwas Nichtmenschlichem.
    Er umrundete die nächste Biegung. Wenige Ellen entfernt befand sich eine Gabelung. Was sollte er tun, wenn dieser Weg sich wieder gabelte? Er würde sich in einem Netz von Gängen verlaufen und nie mehr zurückfinden.
    Von links spürte er einen Luftzug, also schlug er diese Richtung ein.
    Obgleich längst kein Tageslicht mehr in diesen Teil des Gangsystems vordringen konnte, war er immer noch in der Lage etwas zu erkennen. Decke und Wände schienen leicht zu schimmern. Wiederum stand er an einer Verzweigung und prüfte den Luftstrom. Plötzlich hörte er ein Geräusch! Es klang wie das Rollen eines Steines. Yonathan lauschte angestrengt in die Richtung, die er gerade hatte einschlagen wollen. Aber er konnte nichts mehr hören.
    Er umklammerte den Stab und konzentrierte alle Sinne auf den vor ihm liegenden Gang. Und tatsächlich! Mit einem Mal spürte er die Bedrohung. Und dann sah er auch etwas: Weit voraus schimmerten zwei grüne Punkte, mehr zu erahnen als zu erkennen. Sie kamen näher und wurden deutlicher. Ohne den Abstand zueinander zu verändern, pendelten sie langsam hin und her. Yonathan drückte sich eng an die Felswand und starrte in die Richtung der kleinen grünlichen Flammen. Sein Atem ging schnell, aber flach. Ein paar Herzschläge später
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