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Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok

Titel: Neschan 01 - Die Träume des Jonathan Jabbok
Autoren: Ralf Isau
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Der Heeroberste ließ den Eisblock mit kraftvollem Schwung auf Yonathan herniedersausen.
    Fast gleichzeitig gelang es Yonathan, Haschevet unter dem Eisstück herauszuziehen. Sofort rollte er auf den Rücken herum und ließ den Stab pfeifend durch die Luft sausen. Gerade rechtzeitig, um den herabstürzenden Eisblock zu treffen und in einem gleißend blauen Blitz zu zertrümmern.
    Das Eis zersplitterte nicht, sondern zerstob in Millionen kleiner Wassertröpfchen, die sich über Yonathan ergossen. Schon mit dem nächsten Wimpernschlag stand er, dampfend wie ein Geysir, wieder auf den Füßen und blickte zu seinem Gegner empor.
    Sethur hatte nicht geruht. Schon stemmte er ein weiteres Eisgeschoss in die Höhe.
    Yonathan erkannte, dass es gegen diesen Gegner nur noch ein Mittel gab. Er packte Haschevet mit beiden Händen, schwang ihn wie einen Streitkolben über dem Kopf und schrie: »Yehwoh strafe dich, du gemeiner Kerl!«.
    Und dann schlug er den Knauf Haschevets wie einen Schmiedehammer gegen das Fundament des erstarrten Eisstromes. Ein seltsamer Klang ließ sich vernehmen, wie ein Ton aus einem himmlischen Glockenspiel. Dann wurde das Eis vor seinen Augen durchsichtig und begann – zunächst kaum sichtbar, doch dann immer deutlicher – von einem blauen, pulsierenden Licht erfüllt zu werden.
    Auch Sethur blieb diese Veränderung zu seinen Füßen nicht verborgen. Erschrocken ließ er den Eisblock fallen. Mit aufgerissenen Augen und ungläubigem Entsetzen im Gesicht verfolgte er das für ihn so schmerzliche Schauspiel.
    Während das blaue Licht im Eis immer leuchtender wurde, schienen sich die einzelnen Schollen und Stücke zu bewegen. Sie sackten ineinander, einzelne Brocken lösten sich und rutschten auf Yonathan zu. Gerade rechtzeitig packte ihn eine Hand am Oberarm und zog ihn zurück. Er stolperte und beobachtete gefesselt, wie sich das Eis für einen kurzen Augenblick in eine wabernde klare Masse verwandelte. Hoch oben rang Sethur mit wild fuchtelnden Armen verzweifelt um sein Gleichgewicht.
    Dann versank der Heeroberste Bar-Hazzats allmählich in dem Strom, welcher sich langsam wie dickflüssige Lava talwärts schob. Noch im Untergehen schleuderte er Yonathan die Worte entgegen: »Ihr habt zwar einen Sieg errungen, aber Ihr habt die Schlacht noch nicht gewonnen, Stabträger. Die Augen liegen in ihren Höhlen und harren der Stunde der Erweckung, um Euch wieder die Macht zu nehmen und sie dem zu geben, dem sie gebührt.« Dann war Sethur verschwunden.
     
    Abschied
    Das Fließen des umgewandelten, blau schimmernden Eises wurde immer schneller und schließlich sahen Yonathan, Yomi und Din-Mikkith, wie ein gewaltiger Strom vorüberschoss und alles mit sich riss, was im Wege lag.
    Yonathan war wie benommen und er wusste nicht, was diese letzten Worte Sethurs bedeuten sollten. Von welchen Augen sprach er? Welche Macht sollte ihm genommen werden? Er blickte auf den Stab in seiner Hand und gewann langsam die Zuversicht zurück. Die Macht Yehwohs, die in Haschevet schlummerte, war stärker als alles sonst. Niemand konnte sich ihr gegenüberstellen und die Oberhand gewinnen!
    Yonathan versuchte, das grausige Bild vom Untergang seines ärgsten Feindes zu verdrängen. Er hätte sich gewünscht die Gefahr bannen zu können und trotzdem Sethurs Leben zu schonen. Aber das war nicht möglich gewesen. »Liebe und Hass sind wie Sonne und Mond«, hatte Din-Mikkith ihm einmal gesagt. »Manchmal teilen sich beide eine gewisse Zeit lang den Himmel.« Heute war wohl so ein Tag gewesen, redete sich Yonathan ein. Er versuchte, den bitteren Beigeschmack seines Triumphes hinunterzuschlucken und wandte sich wieder seinen Freunden zu.
    »So«, verkündete er, »jetzt sind wir ihn wirklich los.«
    »Hoffentlich auch das da!«, erwiderte Din-Mikkith düster und deutete zum Himmel hinauf.
    Die Freunde folgten seinem Blick und sahen einen schwarzen Vogel in Richtung Norden davonziehen.
    Noch einmal huschte jenes Frösteln über Yonathans Rücken, das er stets gespürt hatte, wenn sich seine Wege mit denen dieser Kreatur gekreuzt hatten. »Ohne seinen Herren wird uns Zirah wohl so schnell keinen Kummer mehr bereiten«, bemerkte er wenig überzeugt. Er überlegte, ob Zirahs Augen wohl diejenigen seien, die Sethur in seinem Fluch erwähnt hatte.
    »Es sieht so aus, als hätte das Vieh mein Girith auf dem Gewissen.« Din-Mikkith klang bedrückt, eine seltene Gefühlsregung bei dem alten Behmisch.
    Auch Yonathan schmerzte das Fehlen des kleinen,
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