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Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Neobooks - Die Zitadelle der Träume

Titel: Neobooks - Die Zitadelle der Träume
Autoren: Liane Sons
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nicht wahr«, keuchte er und klammerte sich an den Tisch, als hätte er plötzlich Angst, vom Stuhl zu fallen. »Das kann nicht wahr sein. Die Prophezeiung …«
    »Oh, Meister, ich wünschte wirklich, es wäre anders, aber die Berichte aus dem Norden sind glaubwürdig. Prinz Rhonan scheint – ich will es einmal ganz freundlich ausdrücken – überhaupt nicht geeignet zu sein, irgendjemanden zu führen oder gar zu retten. Lediglich bei Schankwirten und Talermädchen ist er gern gesehen.«
    Dem Gelehrten fehlten die Worte. Schweigend starrte er die Königin an, und die fuhr fort: »Ihr könnt Euch vorstellen, was das bedeutet? Wollt Ihr Euch und meine Tochter einem Trunksüchtigen anvertrauen? Wollt Ihr die Rettung der Völker in die Hand eines Mannes legen, der offensichtlich nicht einmal mit sich selbst fertig werden kann? Ihr müsst die Schriften übersetzen. Geben sie uns doch vielleicht einen Hinweis darauf, wie wir die Quelle auch ohne die Siegelerben wieder schließen könnten. Ich bitte Euch, … nein, ich beschwöre Euch, Meister: Gebt Euer Bestes, und gebt es schnell!«
    Er nickte, immer noch unfähig, auch nur ein Wort herauszubringen.
    »Habt Ihr denn wirklich noch gar nichts herausfinden können, was uns in unserer Not weiterhelfen könnte?«
    Ihre Stimme klang flehend, aber er schüttelte nur den Kopf.
    Ayala holte tief Luft und nickte entschlossen. »Vergesst die Prophezeiung! Ich fürchte, es liegt an Euch und an uns, die Welt zu retten, denn der Schatten breitet sich immer schneller aus. Camora zieht seine düsteren Kreise immer enger, steht schon vor den Toren Mar’Elchs. El’Maran wird nicht mehr lange standhalten können. Ist es gefallen, werden sich auch die verbliebenen Reiche Camora unterwerfen. Es bleibt uns nur noch wenig Zeit!«
    »Seid versichert, ich werde tun, was in meiner Macht steht.«
    »Ich weiß, ich weiß. Sagt, wenn Ihr Hilfe benötigt!«
    Sie wandte sich ab, drehte sich aber noch einmal um. »Fast hätte ich es vergessen: Meister Cato, sagen Euch dunkelgrüne Augen zufällig etwas?«
    Er sah gedankenverloren vor sich hin und murmelte geistesabwesend:  
    »Augen wie funkelnder Edelstein: Du bist betört und ganz von Sinnen.
    Augen wie das unendliche, tiefe Meer: Was du auch tust, es wird dich verschlingen.
    Du willst entrinnen, doch es geht nicht mehr.
    Wen die Augen erblicken, geben nimmer sie her.
    Und die Trauer des Königs, sie schmolz dahin
    in den dunkelgrünen Augen seiner neuen Königin.«
    Er zuckte verlegen die Achseln. »Ein wahrhaft scheußliches Gedicht. Verzeiht! Es war nur das Erste, was mir in den Sinn kam. Ich denke gern weiter darüber nach, wenn Zeit dafür ist.« Er nickte freundlich und wandte sich wieder seinen Schriften zu.
    Ayala aber starrte ihn unverwandt an. »Dieses Gedicht … wen beschreibt es?«
    » Palema , die erste Großkönigin da’Kandars! Sie war die zweite Frau des Königs und soll so schön wie klug und stark gewesen sein.«
    »Palema? Sagtet Ihr, die erste Großkönigin?« Die Königin schwankte leicht.
    »Ja, ja!« Dem Weisen entging ihr Entsetzen. Er starrte schon völlig gebannt auf das Pergament, das vor ihm lag. Sollte er tatsächlich, konnte … konnte dieses Wort Palema bedeuten?
    Ayala achtete genauso wenig auf die plötzliche Aufgeregtheit des Weisen. Seit Tagen suchten ihre Priesterinnen nach Hinweisen auf grüne Augen im Stammbaum des Prinzen. So weit zurück waren sie natürlich nicht gegangen. Grüne Augen und Ansätze von Magie … hier waren in der Tat Mächte beteiligt, mit denen sie nicht gerechnet hatte. Ihr weiteres Vorgehen musste sie überdenken, wenn derartige Zauberkräfte im Spiel waren. Grußlos und nachdenklich verließ sie den Raum.
    Meister Cato bekam das gar nicht mehr mit, sondern starrte nach wie vor auf das Schriftstück vor seinen Augen. Er war zu sehr Gelehrter: Vergessen waren die Siegelerben, vergessen die Prophezeiung. War das der Anfang? War das der Schlüssel zur Übersetzung? Er vergaß die Welt um sich herum und griff zur Feder.
     
    In Ten’Shur schienen jeder Mann und jede Frau beschäftigt und fröhlich zu sein.
    Marga saß in der Nähe des Nordtores auf dem Kutschbock und belächelte das bunte Treiben. Sie liebte den Anblick der erleichterten Menschen nach einer gewonnenen Schlacht. Das Leben in dieser Stadt war einfach und hart, aber die Bewohner nahmen es dankbar an. Sie waren arm, aber sie waren frei, und sie hatten Camora erneut die Stirn geboten. Allein das ließ sie singen und
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