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Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)

Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)

Titel: Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
Autoren: William Ury
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Familienleben leidet. Allzu häufig geschieht es, dass wir uns fügen, um das gute Einvernehmen nicht zu gefährden, auch wenn wir wissen, dass diese Entscheidung nicht die richtige für uns ist. Unser Ja ist also in Wirklichkeit ein destruktives Ja, denn es unterminiert unsere eigentlichen Interessen.
    Anpassung kann auch dem Unternehmen schaden, in dem Sie tätig sind. Chris, einer meiner Seminarteilnehmer, schilderte folgende Situation: »Zusammen mit meinen Kollegen arbeitete ich an einem 150-Millionen-Dollar-Geschäft. Wir hatten schwer geschuftet und viel geleistet. Kurz bevor der Handel perfekt wurde, beschloss ich, die Zahlen noch einmal zu überprüfen. Im Zuge meiner Berechnungen wurde deutlich, dass die Sache langfristig gesehen keinen Profit abwerfen würde. Aber alle waren voller Vorfreude, man konnte den Vertragsabschluss kaum abwarten, deshalb brachte ich es einfach nicht über mich, Sand ins Getriebe zu streuen. Also machte ich weiter, obwohl ich wusste, dass das Projekt der Firma schaden würde und dass ich mich hätte melden sollen. Na ja, das Geschäft kam tatsächlich zustande, und ein Jahr später standen wir – wie befürchtet – vor einem ziemlichen Scherbenhaufen. Wenn ich noch einmal in eine solche Lage geriete, würde ich meine Bedenken zweifellos offen ansprechen. Es war eine kostspielige, aber wertvolle Lektion für mich.«
    Denken Sie einmal über Chris’ Angst nach, »Sand ins Getriebe zu streuen«, besonders weil alle »voller Vorfreude« waren. Wir alle wollen geliebt und akzeptiert werden. Niemand will hinterher als Bösewicht oder Miesmacher gelten. Und genau das, so befürchtete Chris, würde geschehen, wenn er die unangenehmen Tatsachen offenlegte. Die allgemeine Vorfreude würde sich in Zorn verwandeln und sich gegen ihn richten – zumindest hielt er das für möglich. Deshalb befürwortete er weiterhin ein Geschäft, das er und seine Kollegen später bereuen sollten.
    Es ist allgemein bekannt, dass die Hälfte unserer Probleme daher kommt, dass wir Ja sagen, wenn wir Nein sagen sollten, denn oft zahlen wir für unsere Anpassung einen hohen Preis.
    Angriff: Wir sagen auf unangemessene Weise Nein
    Das Gegenteil von Anpassung ist Angriff . Wir setzen unsere Macht ein, ohne einen Gedanken an die Beziehung zu verschwenden. Während Anpassung eher durch Angst motiviert wird, ist die Triebfeder der Angriffsstrategie der Zorn. So sind wir möglicherweise wütend, weil jemand anders uns verletzt hat oder überzogene Forderungen an uns hat. Vielleicht sind wir auch einfach nur frustriert über die Gesamtsituation. Und dann schlagen wir zurück: Wir sagen auf eine Weise Nein, die den anderen verletzt und unsere Beziehung zerstört. Oder um es mit einem meiner Lieblingszitate von Ambrose Bierce zu formulieren: »Sprich, wenn du wütend bist, und du wirst die beste Rede halten, die du jemals bereut hast.«
    Folgendes Beispiel soll der Illustration dienen: Eine Regierung hatte eine große Computerfirma damit beauftragt, ein Programm zu entwickeln und zu implementieren, mit dem staatliche Sozialleistungen verwaltet werden sollten. Nach einem Vierteljahr war bereits die Hälfte des Budgets verbraucht. Die Funktionäre befürchteten, dass schon bald keine Gelder mehr zur Verfügung stehen würden, weshalb sie den Vertrag mit der Computerfirma kündigten und das Projekt in Eigenregie abzuwickeln versuchten. Die Regierungsvertreter waren wütend auf die Firma, und die Unternehmensmanager waren ihrerseits wütend auf die Regierung: Jeder machte die andere Seite für das Problem verantwortlich.
    Trotzdem waren die Regierungsmitglieder daran interessiert, die Datenbank von der Firma zu erwerben, denn sie enthielt wertvolle Informationen. Der geschätzte Wert des Computerprogramms lag bei 50 Millionen Dollar. Für die Firma, die eigentlich keine Verwendung für das Programm hatte, war der Wert gleich null, solange sie es nicht an die Regierung verkaufen konnte. Für den Staat waren 50 Millionen Dollar durchaus angemessen, denn eine Neuerhebung der Daten hätte ihn mehr gekostet – und abgesehen davon hatte man auch gar nicht so viel Zeit zur Verfügung. Eigentlich hätte eine Einigung also in beidseitigem Interesse gelegen. Doch der Zorn beider Parteien führte zu einem destruktiven Nein, und die Verhandlungen endeten in gegenseitigen Schuldzuweisungen. Natürlich konnte man so keine Einigung erzielen, und der millionenfache Wert der Datenbank löste sich in Luft auf. Zehn Jahre später waren
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