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Nebenwirkungen

Nebenwirkungen

Titel: Nebenwirkungen
Autoren: Woody Allen
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auf drei Schultern gleichzeitig trug. Das Paar wurde getraut, und es ist noch nicht lange her, da hatten sie ihre erste und einzige sexuelle Erfahrung. "Es war absolut phantastisch", erinnert sich Blanche, "allerdings entsinne ich mich, daß Leon versuchte, sich die Pulsadern zu öffnen."
    Blanche sagte zu ihrem soeben Angetrauten, obwohl er als menschliches Versuchskaninchen ganz annehmbar verdiene, wolle sie ihre Stellung in der Schuhabteilung bei Entwhistle behalten. Zu stolz, sich aushaken zu lassen, gab Leon widerstrebend seine Zustimmung, bestand aber darauf, daß sie sich mit fünfundneunzig pensionieren lassen müsse. Nun setzte sich das Paar zum Frühstück nieder. Das bestand für ihn aus Saft, Toast und Kaffee. Für Blanche aus dem Üblichen: einem Glas heißem Wasser, einem Hühnerflügel, süßscharfem Schweinefleisch und Cannelloni. Dann machte sie sich zu Entwhistle auf.
    (Beachte: Blanche sollte beim Herumgehen singen, genauso wie meine Kusine Tina, bloß nicht andauernd die japanische Nationalhymne.) Carmen (Eine psychopathologische Studie, die auf Charaktermerkmale zurückgreift, wie sie bei Fred Simdong, seinem Bruder Lee und ihrem Kater Sparky zu beobachten sind).
    Carmen Pinchuck, untersetzt und glatzköpfig, trat aus der dampfenden Dusche und nahm seine Badekappe ab. Obwohl er vollkommen ohne Haare war, haßte er es, einen nassen Kopf zu bekommen. "Warum auch?" sagte er zu Freunden. "Dann hätten mir meine Feinde etwas voraus."Irgendjemand wandte ein, diese Einstellung könne als seltsam betrachtet werden, aber er lachte, ließ seine Blicke aufmerksam durchs Zimmer schweifen, um zu sehen, ob er beobachtet werde, und küßte dann schnell ein paar Sofakissen. Pinchuck ist ein nervöser Mann, der in seiner Freizeit angelt, aber seit 1923 nichts mehr gefangen hat. "Ich nehme an, es beißt auch keiner", kichert er vergnügt. Aber als ein Bekannter ihn darauf aufmerksam machte, daß er die Angelschnur in einem Topf mit süßer Sahne hängen hatte, wurde er verlegen.
    Pinchuck hat schon viel hinter sich. Er wurde aus der Highschool geworfen, weil er im Unterricht stöhnte, darauf arbeitete er als Schafhirt, Psychotherapeut und Pantomime.
    Gegenwärtig ist er bei der Fisch- und Wildbretgesellschaft beschäftigt, wo er dafür bezahlt wird, daß er Eichhörnchen Spanischunterricht erteilt. Menschen, die ihn lieben, haben Pinchuck als "Strolch, Einsiedler und Psychopathen mit Apfelbäckchen" geschildert. "Er sitzt gern in seinem Zimmer und gibt dem Radio freche Antworten", sagte ein Nachbar. "Er kann sehr anhänglich sein", bemerkte ein anderer. "Als Mrs. Monroe einmal auf dem Eis ausrutschte, rutschte er aus Zuneigung auch auf ein bißchen Eis aus." Politisch ist Pinchuck nach eigenem Eingeständnis unabhängig, und bei der letzten Präsidentenwahl schrieb er auf seinen Stimmzettel den Namen Luis Somoza.
    Pinchuck setzte sich nun seine Chauffeursmütze aus Tweed auf, nahm ein in braunes Papier eingeschlagenes Paket in die Hand und ging aus seiner Pension auf die Straße. Da bemerkte er, daß er abgesehen von seiner Chauffeursmütze aus Tweed nackt war, kehrte um, zog sich an und machte sich zu Entwhistle auf den Weg.
     
    (Beachte: Daran denken, Pinchucks Feindseligkeit seiner Mütze gegenüber genauer auf den Grund zu gehen.)
     
    Das Zusammentreffen (in groben Zügen). Die Türen des Warenhauses öffneten sich Punkt zehn, und obwohl der Montag normalerweise ein flauer Tag war, sorgte ein Sonderangebot an radioaktivem Thunfisch im Nu dafür, daß das unterste Stockwerk verstopft war. Eine Stimmung wie unmittelbar vor dem Weltuntergang lag über der Schuhabteilung wie eine nasse Zeltbahn, als Carmen Pinchuck Blanche Mandelstam sein Paket überreichte und sagte: "Ich möchte diese Hushpuppies zurückgeben, sie sind mir zu klein."
    "Haben Sie den Kassenbon?" entgegnete Blanche, die versuchte, gleichmütig zu bleiben, obgleich sie später gestand, ihre Welt sei plötzlich langsam in Scherben gegangen. ("Ich kann seit meinem Unfall nicht mehr mit Leuten umgehen", erzählte sie Freunden. Vor sechs Monaten hatte sie beim Tennisspielen einen Ball verschluckt. Seither ist ihre Atmung unregelmäßig.)
    "Ah, nein", erwiderte Pinchuck nervös. "Den habe ich verloren. " (Das zentrale Problem seines Lebens ist, daß er ständig Dinge verlegt. Einmal ging er schlafen, und als er aufwachte, war sein Bett nicht da.) Als nun Kunden hinter ihm ungeduldig eine Schlange bildeten, brach ihm der kalte Schweiß aus.
    "Sie
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