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Nebenwirkungen

Nebenwirkungen

Titel: Nebenwirkungen
Autoren: Woody Allen
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wird in einem frühen Akt aufgeklärter Gefangenenbehandlung weggeworfen. Verzweifelt, doch entschlossen, macht Entwhistle sich an die mühevolle Aufgabe, sich einen Tunnel in die Freiheit zu graben. Sorgsam mit einem Löffel buddelnd, gräbt er sich unter den Gefängnismauern durch und bohrt sich dann Löffel für Löffel unter Glasgow weg Richtung London. Er hält inne, um in Liverpool wieder aufzutauchen, stellt aber fest daß ihm der Tunnel lieber ist. Als er in London ist, schmuggelt er sich an Bord eines Frachters, der in die Neue Welt ausläuft, und träumt davon, das Leben nochmal von vorn zu beginnen, diesmal als Frosch.
    Als er nach Boston kommt, lernt er Margaret Figg kennen, eine anmutige neu-englische Schullehrerin, deren Spezialität es ist, Brot zu backen und es sich dann auf den Kopf zu legen. Fasziniert heiratet Entwhistle sie, und die beiden machen einen kleinen Laden auf, wo sie in einem sich ständig steigernden Kreislauf sinnloser Betriebsamkeit Häute und Walfett gegen Elfenbeinschnitzereien tauschen. Der Laden ist sogleich ein Erfolg, und 1850 ist Entwhistle wohlhabend, gebildet und angesehen und betrügt seine Frau mit einer ausgewachsenen Beutelratte. Er hat mit Margaret Figg zwei Söhne - der eine ist normal, der andere einfältig, allerdings ist der Unterschied schwer festzustellen, bevor nicht jemand beiden ein Jo-Jo in die Hand drückt. Seine kleine Handelsniederlassung entwickelt sich weiter und wird zu einem gigantischen modernen Warenhaus, und als er mit fünfundachtzig an den Blattern und einem Tomahawk im Schädel stirbt, ist er glücklich.
     
    (Beachte: Daran denken, Entwhistle liebenswert zu gestalten.)
     
    Schauplätze und Beobachtungen 1976.
    Wenn man die Alton Avenue nach Osten spaziert, kommt man am Lagerhaus der Brüder Costello, Adelmans Tallis Reparaturwerkstatt, dem Beerdigungsinstitut Chones und Higbys Spielhalle vorbei. John Higby, der Besitzer, ist ein stämmiger Mann mit buschigem Haar, der mit neun Jahren von einer Leiter fiel und dem man zwei Tage im voraus Bescheid geben muß, wenn er aufhören soll zu grinsen. Wendet man sich von Higbys Laden aus in Richtung Norden oder Stadtrand (in Wirklichkeit ist es der Stadtkern, und der wirkliche Stadtrand liegt jetzt quer durch die ganze Stadt in entgegengesetzter Richtung), dann kommt man zu einem kleinen grünen Park. Hier spazieren die Bürger umher und plaudern miteinander, und wenn hier auch keine Raubüberfälle und Vergewaltigungen vorkommen, so wird man doch oft von Schnorrern oder Leuten angesprochen, die behaupten, Julius Caesar zu kennen. Jetzt läßt der kalte Herbstwind (hier bekannt als Santana, denn er kommt jedes Jahr zur gleichen Zeit und fegt die meisten älteren Leute aus ihren Schuhen) das letzte Sommerlaub von den Bäumen fallen und weht es zu dürren Haufen zusammen. Es überfällt einen das geradezu existentielle Gefühl von Sinnlosigkeit - besonders seit die Massagesalons zu haben. Es herrscht ausgesprochen das Gefühl metaphysischen "Andersseins", das man nicht erklären kann, außer man sagt, es ist ganz anders, als was sonst so in Pittsburgh passiert. Auf ihre Weise ist die Stadt eine Metapher, aber wofür? Sie ist nicht nur eine Metapher, sie ist ein Gleichnis. Sie ist "wo was los ist". Sie ist "jetzt". Sie ist auch "später". Sie ist jede Stadt in Amerika und wieder auch keine. Das bringt die Briefträger völlig durcheinander. Und das große Kaufhaus heißt Entwhistle.
    Blanche (Meiner Kusine Tina nachgestalten!). Blanche Mandelstam, mädchenhaft, doch kräftig, mit nervösen, knubbeligen Fingern und einer Brille mit dicken Gläsern ("Ich wollte Olympiaschwimmerin werden", sagt sie zu ihrem Arzt, "aber ich hatte Schwierigkeiten mit dem Obenbleiben"), wird von ihrem Radiowecker geweckt.
    Vor Jahren hätte Blanche als hübsch gegolten, allerdings nicht länger zurück als bis zum Pleistozän. Für ihren Mann, Leon, jedoch ist sie "das schönste Geschöpf der Welt, wenn man von Ernest Borgnine absieht". Blanche und Leon lernten sich vor langer Zeit auf einem Highschool-Ball kennen. (Sie ist eine ausgezeichnete Tänzerin, auch wenn sie beim Tango ständig auf einem Schaubild, das sie bei sich trägt, einige Tanzschritte nachsehen muß.) Sie sprachen offen miteinander und fanden, daß sie an vielen Dingen gemeinsam Vergnügen hatten. Zum Beispiel schliefen beide gern auf Speckwürfeln. Blanche war davon beeindruckt, wie Leon sich kleidete, denn sie hatte noch niemanden gesehen, der sein Mäntelchen
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