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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold
Autoren: Paul Kohl
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Münchner.«
    Dann meldet er den Mord an das staatliche Landeserkennungsamt in
München. Die aber haben in der Stadt so viel zu tun und so wenig Personal, dass
sie erst am nächsten Tag kommen können. Es ist warm Ende Mai, sicher fängt da
der Nafziger schon an zu stinken. Buchner ist das egal. Es wird nach diesem
Mord beim CIC sowieso viel Gestank geben. Jetzt
will er nach seiner Nachtschicht und nach dieser Geschichte endlich nach Hause
und schlafen.
    »Wenn morgen der Erkennungsdienst kommt«, sagt er zu Bergmoser, »um
sechse bin ich wieder da.«
    Auf Anordnung der Amerikaner geht der Amüsierbetrieb im »Crazy
Horse« weiter, während im ersten Stock die Leiche vom Nafziger liegt. Nur die
Bordellzimmer nebenan bleiben vorerst geschlossen. Die rumänische Bardame
Lucretia, die die Ermordung ihres Chefs geschäftsmäßig zur Kenntnis nimmt, wird
von Bergmoser angewiesen, keine Gäste mit ihren »Froileins« nach oben zu
lassen. Die deutschen und amerikanischen Geschäftsfreunde wollen aber dennoch
nach oben. Lucretia muss sie abweisen: »Heute geschlossen.«
    »Warum?«
    »No comment.«
    »Ich zahl das Doppelte.«
    »Nicht heute.«
    »Und morgen?«
    »Weiß nicht.«
    »Übermorgen?«
    »Weiß nicht.«
    Lucretia beschwert sich bei Bergmoser und Senger: »Wie lange noch
dauert? Ich kein Geld.«
    »Wir geben Ihnen Bescheid.«
    »Bullshit.«
    ***
    Am darauffolgenden Morgen, am Donnerstag, den 30. Mai 1946,
Christi Himmelfahrt, erscheint im »Hochland-Boten« unter der Rubrik »Familien-Anzeigen«
folgende Todesanzeige:
    Anton Nafziger
    Oberst u. ehem. Kdr. der Gebirgsjäger-Kaserne
Mittenwald
    Eigentümer u. Betreiber des Lokals »Crazy
Horse«
    geb. 13.9.1910
    durch einen tragischen Unfall gest. am
29.5.1946
    In tiefer Trauer, das Personal.
    Gottesdienst und Beerdigung werden noch
bekannt gegeben.
    Am Vormittag desselben Tages treffen die Männer vom Münchner
Erkennungsdienst zusammen mit einem Leichenwagen in Mittenwald ein. In
Nafzigers Büro packen sie ihre Koffer aus und machen sich an die Arbeit. Sie
fluchen über das Chaos. Eine beweiskräftige Spurensicherung ist unmöglich.
Dennoch: Sie fotografieren, nehmen mit ihren Klebestreifen von Gegenständen
Fingerabdrücke und vom Anzug des Ermordeten Anhaftungen, die zur Beweisführung
dienen könnten, füllen Blutproben in ihre Fläschchen, kratzen das Projektil aus
dem Boden, finden die Messinghülse unter dem Aktenschrank, packen Projektil,
Hülse und die Enzianflasche in Zellophanbeutel. Was ihnen in den Schubladen
wichtig scheint, füllen sie in Säcke und wickeln den Wehrmachtskarabiner in
eine Plastikfolie. Mit Kreide zeichnen sie auf dem Boden die Umrisse des
liegenden Körpers nach und laden ihn in den Leichenwagen. Sie durchsuchen die
fünf Zimmer neben dem Büro, öffnen die Schränke und die Schubladen in den
Nachtkästchen, schauen unter die Betten und schlagen die Bezüge um, wobei Fanny
Jais heftig protestiert, denn sie muss nun alle Betten neu machen.
    Die ED -Männer klettern an der Ecke
Innsbrucker Straße/Dekan-Karl-Platz über eine Leiter auf das Garagendach und
fotografieren die vier Paar Schuhabdrücke in der weichen Teerpappe. Auch da, wo
die Täter hinter der Garage vom Dach gesprungen sind, finden sie im Erdreich
diese vier Paar Sohlenabdrücke. Im Gebüsch daneben entdecken sie ein
blau-weißes Schnupftuch mit dunklen Flecken und zwei Hundert-Dollar-Scheine.
Die Fußspuren führen zu einem hohen Holzzaun an der Innsbrucker Straße. Im Zaun
entdecken sie zwei herausgebrochene Bretter. Das also war ihr Fluchtweg. Auf
der Innsbrucker Straße verliert sich die Spur.
    Am Schluss machen sie noch Aufnahmen von Nafzigers himmelblauem
Buick Super, der vor dem »Crazy Horse« steht, und untersuchen das Innere des
Wagens.
    »Viel wird dabei nicht herauskommen«, sagen sie und bedauern den
Kommissar, der hier ermitteln soll. Dann fahren sie zurück nach München,
gefolgt vom Leichenwagen, der Nafziger zur Medizinischen Fakultät der Münchner
Universität zur Obduktion bringt.
    ***
    »Wie es aussieht: Mord«, sagt der Münchner Kripoleiter einen Tag
später und drückt dem neu angestellten Kommissar Martin Gropper den
Obduktionsbericht und das Protokoll des Erkennungsdienstes in die Hand. »Das
Opfer ist ein gewisser Anton Nafziger.«
    Gropper glaubt, nicht richtig gehört zu haben.
    Der Kripoleiter hält ihm Nafzigers Ausweis hin, den die Erkennungsdienstler
mitgebracht haben. »Sechsunddreißig Jahre. Geschäftsmann.«
    Gropper betrachtet das
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