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Nazigold

Nazigold

Titel: Nazigold
Autoren: Paul Kohl
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Leiche sehen, jeder fuchtelt mit dem Karabiner herum,
jeder will sehen, was der Nafziger in seinen Schubladen hat. Jeder nimmt dies
und das in die Hand und stellt es irgendwohin zurück oder auch nicht. Was ihnen
gefällt, stecken sie ein. So auch die restlichen dicken Dollarbündel, die der
Zeitungsbote und der Müllfahrer übersehen haben.
    Als Buchner mit Fanny eintrifft, ist der Raum voller Menschen.
»Herrgottsakrafix!«, brüllt er sie an. »Seids ihr denn ganz narrisch?« Buchner
tobt, schäumt vor Wut. »Wie soll man da noch Spuren finden, ihr Idioten!«
    Alle bleiben erschrocken stehen.
    »Raus! Raus!«, brüllt er. »Aber fix!«
    »Mia wolltn doch nua moi schaun«, sagen einige und stellen
irgendwelche Gegenstände irgendwohin zurück.
    »Ihr Sauhamme, ihr blöden!« Buchners Stimme überschlägt sich vor
Zorn.
    Nur langsam verlassen die Leichengaffer und Schubladenwühler einer
nach dem anderen den Raum.
    »Raus mit euch, alle miteinander! Oder soll ich nachhelfen?« Am
liebsten hätte er ihnen einen Tritt in den Arsch versetzt und sie die Treppe
hinabgestoßen.
    Erst als er mit Fanny allein ist, sieht er den kompletten
Schlamassel: Die Leiche liegt auf dem Bauch, der Karabiner auf dem
Schreibtisch, der Boden ist voller blutiger Abdrücke.
    »Warum haben S’ die Leute reingelassen?«, fährt er Fanny wütend an.
»Warum haben S’ das Büro nicht abgesperrt?«
    »Vor lauta Aufgregtsei«, erwidert sie verstört.
    »Lag die Leiche so da, als Sie sie gefunden haben?«
    »Na, de lag aufm Rückn.«
    »Und wer hat sie umgedreht?«
    »Wahrscheins di Leit, wia i zu Eana ganga bin.«
    Buchner kann es nicht fassen. Er muss sich gewaltig zusammennehmen,
um nicht völlig auszurasten. »Und wie soll man jetzt rausfinden, wie der
Nafziger umgebracht worden ist?«
    »In dea Stian is a Loch«, sagt Fanny schüchtern.
    »Woher wissen S’ das?«
    »Des hab i gsehng, wia i eam zerst gsehng hab. Wenn Se’n umdrahn …«
    »Ich rühr den Toten nicht an.«
    Er betrachtet den blutigen Hinterkopf, sieht die klaffende Wunde,
den Austrittspunkt des Projektils, und kratzt sich an seiner dunklen Warze.
    »Und wo lag der Karabiner? Doch nicht da auf dem Tisch.«
    »Na, dea hat auf seim Bauch gleng, und ea hat sei Hand draufghaltn.«
    »Das müssen S’ alles bezeugen, wenn S’ vernommen werden.«
    Fanny ist dem Weinen nah. »Ea wa a so a guater Chef. Mia ham
uns imma so guat vastandn. Ea hat so vüi für mi gtan. Wiad jetz des Hors
gschlossn? Dann hab i koa Arbat meha. Was soll i denn jetz machn?«
    Buchner will das Krankenhaus anrufen, einen Arzt kommen lassen, der
Nafzigers Tod bestätigt und den Totenschein ausstellt. Da macht ihn Fanny
darauf aufmerksam, dass das Kabel abgeschnitten ist. Mit seiner Leica knipst
Buchner ein paar Aufnahmen von der Leiche, von dem Raum und dem Karabiner auf
dem Tisch, obwohl er weiß, dass diese Fotos für die Ermittlung völlig wertlos
sind.
    »Soll i des Gwehr wieda zrucklegn auf den Nafziger?«, fragt sie.
    »Kruzifix, das bleibt, wo’s ist! Wie viele Leut haben das Ding schon
angefasst?«
    »Wahrscheins vüi. I aba net!«
    Buchner schüttelt verzweifelt den Kopf und geht zur Balkontür.
    »De wa offn, wia i reikomma bin«, sagt Fanny.
    »Und wer hat sie geschlossen?«
    »I. Weils so koid war.«
    »Dann sind Ihre Fingerabdrücke auf der Klinke.«
    »Un von den andern a«, wehrt sie ab.
    »Welchen andern?«
    »De a de Tüa auf- und zuagmacht ham.«
    Buchner sagt überhaupt nichts mehr. Um zusätzlich zu den vielen
anderen Fingerabdrücken nicht auch noch seine eigenen zu hinterlassen, zieht er
seine Gummihandschuhe an. Er weiß, dass auch das völlig sinnlos ist, aber er
ist es eben so gewohnt. Vom Balkon schaut er hinunter auf das Garagendach und
sieht auf der Teerpappe die Sohlenabdrücke von vier Paar Schuhen.
    Sie verlassen den Raum, Fanny schließt ab, und Buchner versiegelt die
Tür.
    »Lassen Sie keinen Menschen mehr da rein. Verstanden?«
    Fanny nickt schuldbewusst. Als Buchner weg ist, schenkt sie sich
unten im Lokal drei Gläser randvoll mit Cognac ein, kippt jedes Glas ex,
schluckt und weint.
    Auf dem Revier bestellt Buchner beim Krankenhaus einen Arzt, der den
Totenschein ausstellen soll. Sebastian Senger soll sich darum kümmern, dass der
Arzt Zutritt zum Büro bekommt. Buchner drückt ihm ein neues Siegel in die Hand
und ermahnt ihn: »Wenn du wieder gehst, denk daran, die Tür wieder gut zu
versiegeln, Wastl. Und bring die Kopie vom Totenschein mit. Die brauchen wir
für die
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