Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Nackte Angst

Nackte Angst

Titel: Nackte Angst
Autoren: Hans E. Koedelpeter
Vom Netzwerk:
mehr so eilig. Fast gemächlich hängte sie sich hinter den Wagen ihrer Freundin. Und wäre nicht das große Bangen um die Fahrerin dieses Wagens gewesen, hätte ihr diese unbemerkte
    Verfolgungsfahrt sogar einiges Vergnügen bereitet.
    So aber lag die Sorge um ihre Freundin wie ein eiserner Ring um ihre Brust.
    Immer und immer wieder stellte sie sich die Frage; was sie machen solle, wenn sie Cecil Rheithway bei der Übergabe des Geldes überraschen würde? Noch fürchtete sie sich vor der letzten Konsequenz. — Dann aber ließ sie diese Bedenken fallen und nahm sich vor, gegebenenfalls doch die Polizei zur Hilfe zu rufen . . .
    Noch aber war es nicht soweit. Im zügigen Tempo durchrollten die Fahrzeuge den Raiways Tunnel von St. Pancras und überquerten den Grand=Union=Canal. Keine halbe Meile noch, und Cecil Rheithway brachte unvermittelt die Limousine vor einem hohen Geschäftsgebäude zum Halten.
    Noch bevor sie das Fahrzeug verlassen hatte, erkannte Ann Martiever den Grund dieser Fahrtunterbrechung: Die im roten Schein der Abendsonne glitzernden Auslagen dm Schaufenster eines in diesem Gebäude untergebrachten
    Juweliergeschäftes sprachen für die Absicht Cecil Rheithways.
    Ann Martiever traf mit ihrer Vermutung den Nagel auf den Kopf.
    Ohne nach links oder rechts zu schauen, schritt ihre Freundin auch schon dem Eingang des Juweliergeschäftes zu. Ann Martiever sah ihre Freundin vor dem Eingang noch einen kurzen Augenblick zögern. Dann, als müsse sie sich selbst erst einen Ruck geben, legte sie ihre Hand auf den Türknauf und trat ein.
    Die Minuten schlichen träge dahin. Ann Martiever fühlte eine bisher nie gekannte Erregung in sich hochsteigen. Je länger sie auf das Wiedererscheinen Cecil Rheithways wartete, um so nervöser wurde sie.
    Als Ann Martiever die eben angezündete dritte Zigarette gerade im Ascher zerdrückte, erschien Cecil Rheithway in der Tür des Geschäftes.
    Ihr Gesicht wirkte wie eine helle Maske, es war nur ein ovaler, heller Fleck unter ihrem breitkrempigen Hut. Wie in Trance überquerte sie den Gehweg und zwängte sich hinter das Steuer der blauen Limousine . . .
    Mit dem ersten Glockenschlag der vierten Nachmittagsstunde fuhr der Wagen Cecil Rheithways von der Gehwegkante weg und jagte wenige Augenblicke später im scharfen Tempo der City zu.
    Ann Martiever mußte höllisch achtgeben, daß ihr das Gefährt ihrer Freundin nicht doch noch entwischte. Nicht allzu weit ging die Hetzjagd.
    Dort, wo sich die Verlängerung der Haverstock Hills, die Chalk-Farm-Road mit der Parkway Street kreuzt, hielt Cecil Rheithway erneut die Limousine an. Diesmal steuerte sie aber nicht die äußerste linke Fahrbahnseite an, sondern brachte die Limousine auf dem großen Parkplatz vor der Britania- Post-Office zum Stehen.
    Cecil Rheithway hatte ihr Ziel erreicht . . . Lebhaftes Treiben herrschte zu dieser Stunde in der weitläufigen Halle des Postgebäudes. Kaum ein Mensch befindet sich in diesem Durcheinander von hastenden Menschen, der auf seinen Nebenmann besonders achtet.
    Jeder ist bestrebt, möglichst schnell seine Geschäfte abzuwickeln - und so gehen Hunderte von Menschen aneinander vorbei, die kaum das Bild ihres Gegenübers in sich aufnehmen.
    Diese Mentalität der ewig hastenden und jagenden Menschen - dieses Nichtbeachten dieses gleichgültig aneinander Vorbeigehen hat sich in London eine Anzahl von minderwertigen Menschen zunutzen gemacht - und aus diesem Grunde den Ort zur Abwicklung ihrer sogenannten Geschäfte' ausgewählt.
    Einer von diesen Aasgeiern befindet sich schon seit mehreren Minuten an einem der Schreibpulte, die dem Haupteingang genau gegenüberliegen.
    Während er scheinbar die Formulierung eines Briefes überlegt, beobachten seine kalten Augen den Eingang. Hin und wieder kritzeln seine Finger einige ungelenke Worte auf den vor ihm liegenden Bogen. Aber auch hierbei schweifen seine Blicke keinen Augenblick vom Eingang ab.
    Ein genauer Beobachter würde schon nach wenigen Augenblicken herausgefunden haben, daß dieser Mann keineswegs etwas Schriftliches niederzulegen gedenkt.
    Und so ist es auch!
    Dick Parker denkt nicht im Traum daran, seine meist schmutzigen und niedrigen Gedanken zu Papier zu bringen. Er steht lediglich hier, um bei I einem etwaigen Beobachter den Eindruck zu erwecken, daß er wirklich die Office aufgesucht hat, um irgendeine Postsache zu erledigen.
    In Wirklichkeit wartet Dick Parker. Er wartet auf die Frau, die in diesem Augenblick das Postgebäude betritt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher