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Nachts

Nachts

Titel: Nachts
Autoren: Stephen King
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gut. Genug!«
    »Mein Freund!« rief Craig aus. Plötzlich war seine Stimme voll Sonnenschein und Regenbogen. »Vergiß nicht, es sollte nicht länger als dreißig Minuten gehen, plus vielleicht zehn für Fragen. Falls jemand Fragen hat. Und du kannst ja wirklich mit deinem DingDong wedeln, wenn du willst. Ich bezweifle zwar, daß es tatsächlich jemand sehen könnte, aber «

    »Craig«, sagte Sam, »das reicht.«
    »Oh! Entschuldige! Ich Klappe halten.« Craig meckerte beschwingt vor Erleichterung vor sich hin.
    »Hör mal, warum beenden wir das Gespräch nicht?« Sam griff nach der Rolle Tums, die er in der Schreibtischschublade hatte.
    Plötzlich dachte er, daß er in den nächsten achtundzwanzig Stunden eine ganze Menge Tums brauchen würde. »Sieht so aus, als müßte ich eine Rede schreiben.«
    »Du hast es kapiert«, sagte Craig. »Und vergiß nicht Abendessen um sechs, Rede um halb acht. Wie sie in Hawaii FünfNull immer zu sagen pflegen: Sei da! Aloha!«
    »Aloha, Craig«, sagte Sam und legte auf. Er sah das Telefon an. Er spürte, wie langsam heißes Gas durch die Brust in den Hals emporstieg. Er machte den Mund auf und gab ein saures Rülpsen von sich
    Produkt eines Magens, der bis vor fünf Minuten hinreichend ruhig gewesen war.
    Er aß die beiden ersten Tums von wahrlich vielen, die noch kommen sollten.

    3

    Anstatt an diesem Abend zum Bowling zu gehen, wie er vorgehabt hatte, schloß sich Sam Peebles daheim mit einem Block gelben Kanzleipapiers, drei gespitzten Bleistiften, einer Packung Zigaret
    ten Marke Kent und einem Sechserpack Jolt in seinem Arbeitszim
    mer ein. Er zog den Telefonstecker heraus, zündete sich eine Ziga
    rette an und betrachtete den gelben Block. Nachdem er ihn fünf Minuten lang betrachtet hatte, schrieb er in die oberste Zeile des obersten Blattes:
    KLEINSTADTUNTERNEHMERTUM:
    DAS HERZ AMERIKAS
    Er sagte es laut, und ihm gefiel, wie es sich anhörte. Nun, es gefiel ihm vielleicht nicht unbedingt, aber er konnte damit leben. Er sagte es lauter, und da gefiel es ihm noch besser. Ein wenig besser. Eigentlich war es gar nicht so gut; ein anrüchiger Ausdruck für übelriechende braune Ausscheidungen wäre nicht unangemessen gewesen, aber es war immer noch Klassen besser als »Kommunismus: Bedrohung oder Gefahr?« Zudem hatte Craig recht die meisten würden Samstagmorgen so verkatert sein, daß sie sich sowieso nicht mehr daran erinnerten, was sie am Freitagabend gehört hatten.
    Gelinde ermutigt fing Sam an zu schreiben.
    »Als ich 1984 aus der mehr oder weniger blühenden Metropole Ames nach Junction City zog «

    4

    » und darum bin ich heute, wie damals an jenem strahlenden Sommermorgen des Jahres 1984, der festen Überzeugung, daß Kleinunternehmen nicht nur das Herz Amerikas sind, sondern lebenswichtige Bausteine der gesamten westlichen Welt.«
    Sam verstummte, drückte eine Zigarette im Aschenbecher seines Büroschreibtischs aus und sah Naomi Higgins hoffnungsvoll an.
    »Und? Was meinen Sie?«
    Naomi war eine hübsche junge Frau aus Proverbia, einer vier Meilen westlich von Junction City gelegenen Stadt. Sie lebte in einer Ruine von einem Haus am ProverbiaFluß mit der Ruine von einer Mutter. Die meisten Rotarians kannten Naomi, und von Zeit zu Zeit wurden Wetten abgeschlossen, welche Ruine zuerst zusammenfallen würde, Haus oder Mutter. Sam wußte nicht, ob so eine Wette je angenommen worden war, falls ja, war der Ausgang noch unentschieden.
    Naomi hatte ihren Abschluß am Business College von lowa City gemacht und konnte wahrhaftig vollständige lesbare Sätze aus ihrer Kurzschrift herausklauben. Da sie die einzige Frau mit dieser Fähigkeit in Junction City war, war die Nachfrage im kleinen Kreis von Geschäftsleuten der Stadt entsprechend groß. Zudem hatte sie wahnsinnig tolle Beine, was auch nicht schadete. Sie arbeitete an fünf Wochentagen halbtags für vier Männer und eine Frau zwei Anwälte, ein Banker, zwei Makler. Nachmittags kehrte sie in ihre Ruine von einem Haus zurück, und wenn sie sich nicht um ihre Ruine von einer Mutter kümmerte, tippte sie die Diktate ab, die sie aufgenommen hatte.
    Sam Peebles nahm Naomis Dienstleistungen jeden Freitagmorgen von zehn bis zwölf in Anspruch, aber heute hatte er seine Korrespondenz beiseite gelegt obwohl sie teilweise dringendst beantwortet werden müßte und Naomi gefragt, ob sie sich etwas anhören würde.

    »Klar, warum nicht«, hatte Naomi geantwortet. Sie sah ein wenig besorgt drein, als befürchtete sie, Sam mit
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